Rechtsanwalt Sascha-Frank Loubal sieht Kriminelle im Netz technisch im Vorteil
"Im Cybercrime gibt es einen rechtlichen Rückstand gegenüber der Technik", erklärte Rechtsanwalt Sascha-Frank Loubal in seinem Vortrag zum Thema Internetkriminalität.
Von Marek Szabowski
Mit immer raffinierteren Methoden versuchen Betrüger, sich Zugang zu Geld und Konten von nichts ahnenden Nutzern zu verschaffen. Foto: Brian Jackson - Fotolia
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GIESSEN - Darknet, Botnet, Mal- oder Ransomware: Davon gehört haben bereits viele, doch die wenigsten wissen, was sich dahinter verbirgt. Um etwas Licht ins Dunkel des Cybercrimes zu bringen, hat der Verein Criminalium Gießen - gemeinsam mit der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung und der Studierendenorganisation Elsa-Gießen - einen Vortrag zum Thema Internetkriminalität organisiert.
Unter dem Titel "Kriminalität 4.0 - Herausforderung Cybercrime" referierte Rechtsanwalt und Fachmann Sascha-Frank Loubal, "über etwas, was man im Alltag vielleicht nicht so mitbekommt". Dabei sei Internetkriminalität kein neues Delikt, das erst seit Kurzem existiert. "Seitdem die Öffentlichkeit das Internet nutzen kann, gibt es auch rechtliche Probleme", machte Loubal deutlich. Die Schwierigkeit liege darin, dass neuere Entwicklungen in diesem Bereich immer eine gewisse Zeit bräuchten, bis sie in Gesetze umgesetzt werden würden. "Im Cybercrime gibt es einen rechtlichen Rückstand gegenüber der Technik", lautete sein Urteil. Als Beispiel für die manchmal noch sehr altmodischen Rechtstexte nannte er Straftatbestände, die das Telegramm betreffen. "Wer von ihnen hat das denn in letzter Zeit vom Postboten bekommen? Oder überhaupt innerhalb der letzten 20 Jahre?", schmunzelte der Referent. Neuere Messenger-Dienste seien dagegen noch gar nicht erfasst, das sei ein Problem.
Doch nicht nur der Gesetzgeber hat seine Schwierigkeiten, auch die Ermittler können sich nicht um alle Fälle der Internetkriminalität kümmern. "Es werden zwar stetig mehr Stellen geschaffen, allerdings reichen die Kapazitäten nicht aus, sodass häufig nur in laufenden Verfahren ermittelt wird", bedauert Loubal. Zudem sei dieses Thema sehr komplex und man könne relativ schnell den Überblick verlieren. Die Kriminalstatistik der Polizei weise Cybercrime deutlich kleiner aus, als er in Wahrheit wohl sei, meinte der Anwalt. "Die Schwerpunkttaten sind Kredit- und EC-Karten Betrugsfälle. Hacking wird dagegen häufig gar nicht erfasst, entsprechend ist die Dunkelziffer deutlich höher", argumentierte er. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 108 510 Computerstraftaten, davon waren 86 372 Computerbetrug.
Ermittlungen in diesem Bereich seien für die Behörden eine Herausforderung. Denn die Täter können ortsunabhängig arbeiten, sind meist sehr schnell und bewegen sind anonym durch das Internet, nannte Loubal einige Probleme für die Ermittler. "Sie erwarten immer den gefährlichen Hacker aus Russland, dabei kann es auch der nette Versicherungsberater von nebenan sein, der im Darknet Marihuana verkauft", räumte er mit einem Vorurteil auf. Kriminelle müssten heute schlichtweg nicht mehr mit einer Waffe in die Bank, um sie zu überfallen. Ihnen genüge meist ein einfacher Hack, um Geld zu erbeuten. "Unsere Abhängigkeit von der Informationsgesellschaft erleichtert das alles natürlich, denn niemand möchte auf sein Smartphone oder Tablet verzichten", machte der Experte deutlich.
Generell sei die Aufklärungs- und Entdeckungsquote von Cybercrime sehr überschaubar. Oftmals würden die Täter auf simple Abschreckung setzen und damit auch Erfolg haben. "Sie erpressen Menschen, indem sie via Ransomware den PC sperren und man diesen nur freibekommt, wenn eine gewisse Geldmenge in virtueller Währung überwiesen wird. Die meisten gehen aus Sorge um ihre Daten darauf ein", sprach Loubal aus Erfahrung. Ob Datenklau, die Datenveränderung oder das Phishing, meistens gelte für die Täter, wenn sie schnell sind, dann klappt es. "Darum gilt, bleiben sie digital, aber vorsichtig", schloss der Referent seinen Vortrag.