Das Regierungspräsidium Gießen erteilt Genehmigungen für Fahrzeuge, die nicht der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung entsprechen. 2020 wurden 550 Anträge gestellt.
40 Meter lang, 132 Tonnen schwer: Bevor solche Schwertransporter auf die Straße gehen dürfen, wie hier zum Transport eines Windrades, braucht es eine Ausnahmegenehmigung. Symbolfoto: Ochßner
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GIESSEN - Gießen (red). Zu breit, zu lang, zu schwer, zu langsam oder ein eingeschränktes Sichtfeld des Fahrers: Es gibt gute Gründe, warum nicht jedes Fahrzeug einfach so auf Deutschlands Straßen rollen darf. Aber es gibt Ausnahmen, dank derer Zugkombinationen für Großraum-/Schwertransporte, aber zum Beispiel auch Mähdrescher und Autokräne fahren dürfen. Über die entscheiden für den mittelhessischen Raum Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Gießen. "Wenn solche besonderen Fahrzeuge zum Einsatz kommen, sind unsere Experten gefragt, um die Sicherheit auf den Straßen und der Infrastruktur selbst zu gewährleisten", sagt Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich in einer Pressemitteilung seiner Behörde. Vergangenes Jahr wurden 550 solcher Ausnahmegenehmigungen beantragt.
Wer sich mit Sachbearbeiterin Cynthia Thomas unterhält, merkt schnell: Es ist ein komplexes Thema, in dessen Mittelpunkt die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, Gutachten von Sachverständigen und vieles mehr stehen. Und natürlich Zugkombinationen für Großraum-/Schwertransporte, Mähdrescher, Muldenkipper, Holz- erntemaschinen oder Oldtimer. "Grundsätzlich sind Ausnahmegenehmigungen nach Paragraf 70 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung für alle Fahrzeuge erforderlich, die nicht in vollem Umfang den Bau- und Betriebsvorschriften entsprechen", erklärt sie. Doch dann wird es schnell speziell, etwa bei der Frage, wie lange eine solche Ausnahmegenehmigung gilt. Das können nämlich drei Monate oder bis zu zwölf Jahre sein, aber die Erlaubnis kann auch unbefristet sein. Wichtig dabei: Die gesetzlich festgelegten Zeiträume dürfen nicht über-, aber unterschritten werden, wenn die Behörde dies zum Beispiel aus Gründen der Verkehrssicherheit für erforderlich hält. "Fahrzeuge, bei denen die Abweichungen von den Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung keine erheblichen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben, erhalten grundsätzlich eine unbefristete Ausnahmegenehmigung. Darunter fallen beispielsweise amerikanische Fahrzeuge, bei denen die Blinker nicht wie vorgeschrieben mit gelben Leuchten ausgestattet sind oder auch Oldtimer", erklärt sie. "Stapler, die öffentliche Straßen meist nur queren, werden ebenfalls unbefristet genehmigt."
Doch woher weiß beispielsweise eine Privatperson, ob sie für ihren Oldtimer eine Ausnahmegenehmigung braucht? "Das erkennt man spätestens dann, wenn das Fahrzeug zugelassen werden soll. Denn ohne unsere Genehmigung gibt es auch keine Zulassung." Doch egal ob Oldtimer, Schwertransport oder auch Stapler: Liegt eine Ausnahmegenehmigung vor, muss die immer im Original oder in beglaubigter Abschrift im Fahrzeug dabei sein, um sie bei eventuellen Kontrollen vorzeigen zu können. Unterschiede gibt es bei den Gebühren, die fällig werden. "Sie bemessen sich nach der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Je Ausnahmetatbestand muss eine Gebühr zwischen 10,20 und 511 Euro angesetzt werden. Je mehr Abweichungen von den Vorschriften, desto höher die Gebühr", erklärt Cynthia Thomas. Daneben wird der Gültigkeitszeitraum berücksichtigt sowie eine Basisgebühr erhoben. Die Gebühren fallen daher sehr unterschiedlich aus. "Grundlage für die Entscheidung, ob eine Genehmigung erteilt wird oder nicht, sind Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr beziehungsweise eines Unterschriftsberechtigten des Technischen Dienstes. Sofern alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, wird in der Regel in ein bis zwei Wochen entschieden. "Falls es sich um ein außergewöhnliches Fahrzeug handelt, kann die Bearbeitungszeit natürlich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Eventuell müssen dann noch Unterlagen vom Antragsteller nachgereicht werden." Ob ein Antrag positiv bewertet werden kann, ist immer von der Begründung abhängig. Soll zum Beispiel eine sperrige und unteilbare Ladung transportiert werden, führt kein Weg daran vorbei, ein besonderes Vehikel einzusetzen. Das ist unter anderem bei Rotorblättern von Windenergieanlagen der Fall. Es gibt natürlich Anträge, die negativ beschieden werden oder bei denen geraten wird, sie zurückzunehmen, um unnötige Gebühren einzusparen. "Rein wirtschaftliche Interessen sind beispielsweise kein Ausnahmegrund", sagt Cynthia Thomas.