Vorschläge zur Verkehrswende in Gießen mit Straßenbahn und Nulltarif
Aktivisten um Jörg Bergstedt wollen mit spektakulären Vorschlägen eine Verkehrswende in Gießen einleiten. Dazu gehören zwei Straßenbahnlinien, die durch das Stadtgebiet führen.
Von Thorsten Thomas
Die beiden inneren Fahrbahnen des Anlagenrings (links im Bild) sollen nach dem von Jörg Bergstedt vorgestellten Konzept durchgängig zu Fahrradstraßen werden.
(Foto: ee)
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GIESSEN - Zwei als Straßenbahnen durch die Stadt fahrenden RegioTrams sowie Fahrradstraßen, auf denen Autos verbannt sind: Mit spektakulären Vorschlägen wollen Aktivisten um Jörg Bergstedt von der "Projektwerkstatt Saasen" die Verkehrswende in Gießen einleiten. Nun haben sie ihre Vorstellungen präsentiert. Mit einem großen Fest am 20. Oktober soll auch die Bevölkerung für die Ideen gewonnen werden. Das Konzept fußt auf zwei Säulen: Es sieht die Errichtung von Fahrradstraßen sowie den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gleichermaßen vor.
So sollen bisherige Autostraßen in Fahrradstraßen umgewandelt werden. Der Bereich innerhalb des Anlagenrings soll komplett autofrei werden. Die inneren beiden Fahrbahnen des die Innenstadt umgebenden Rings werden für den Autoverkehr gesperrt: Sie können als Zweirichtungsfahrradstraßen künftig nur noch vom Radverkehr genutzt werden. Maximal Anlieger sollen die Möglichkeit haben, die Straßen zu befahren. Dieser Vorschlag ähnelt im Übrigen einem Vorstoß des Vorsitzenden des Vereins "Gießen aktiv", Robert Balser, den dieser bereits vor einigen Jahren unternommen hat. Das Ziel des Einzelhandelsvertreters: Den motorisierten Verkehr im Zentrum deutlich eindämmen. Geworden ist aus derlei Überlegungen bekanntlich nichts.
Für Bergstedt steht fest: "Wenn wir alle Autos aus der Innenstadt verbannen, benötigen wir keinen vierspurigen Anlagenring mehr." Wobei die Fahrradstraßen nicht auf die Innenstadt beschränkt bleiben sollen: Von der City führen sie in die Stadtteile und verästeln sich dort in die Wohngebiete.
Weiterhin sieht das Konzept eine Verlängerung der Fußgängerzone vorbei am E-Klo über die Frankfurter Straße bis zum Bahnhof vor. Entlang der zu renaturierenden Wieseck will Bergstedt eine Flaniermeile schaffen. Gleichbedeutend ist für Bergstedt die Verbesserung der Bahnanbindung. In diesem Zusammenhang favorisieren die Aktivisten die Ergänzung des Schienennetzes durch den Bau von zwei neuen Strecken durch die Innenstadt. Straßenbahnen, die als RegioTrams - wie in Kassel und Karlsruhe - aus dem Wieseck- und dem Lumdatal am Stadtrand auf neuen Straßenbahngleisen in die Innenstadt fahren, um dann wieder auf die Bahnstrecken in Richtung Butzbach und Wetzlar einzukoppeln. "Straßenbahnen sind das mit Abstand leistungsstärkste Verkehrsmittel", begründet Bergstedt den Vorschlag. Darüber hinaus enthalten die Pläne die Errichtung von elf neuen Haltepunkten im Stadtgebiet. Diese sollen entlang der Main-Weser-Bahn im Norden und Süden Gießens sowie in Kleinlinden entstehen. Zusätzliche Haltestellen an der Trasse der Vogelsbergbahn, zum Beispiel in der Ludwigstraße, im Schiffenberger Tal, der Grünberger Straße, der Marshall-Siedlung, ließen diese Linie zu einem der wichtigsten Verbindungselemente quer durch den Landkreis Gießen werden, so Bergstedt.
"Erhebliche Effekte"
Das wichtigste Mittel, um Menschen jedoch tatsächlich zum Umstieg zu bringen, ist nach Bergstedts Überzeugung der Nulltarif: "Orte in anderen Ländern, die eine gute ÖPNV-Infrastruktur mit dem fahrscheinlosen Nahverkehr verbunden haben, zeigen, dass erhebliche Effekte zu erzielen sind." Weitere Auswirkung: Die Zahl der Autos werde deutlich geringer. "Damit entsteht von allein der Platz für eine lebendige Stadt mit umweltfreundlicher und sozial gerechter Mobilität für alle", ist Bergstedt überzeugt. Jetzt hofft der Aktivist auf möglichst viele Mitstreiter. Von der Stadt war am Dienstag noch keine Stellungnahme zu erhalten.