Wissen, das fesselt und unterhält: Jungforscher der JLU Gießen
Fast 200 Promovierende aus 36 Nationen präsentierten an der Universität Gießen ihre Forschungsergebnisse. Dabei gab es reichlich Lob für Graduiertenzentrum (GGL) und Betreuer.
Von Diana Moor
Pariz Ghezellou erläutert zwei interessierten Zuhörerinnen seine Forschungsarbeit über Schlangengifte.
(Foto: Moor)
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GIESSEN - Von Ernährung über Neurowissenschaften bis hin zu Ökologie: Die zehn Sektionen des "International Giessen Graduate Centre for the Life Sciences" (Gießener Graduiertenzentrum für Lebenswissenschaften, GGL) an der Justus-Liebig-Universität (JLU) decken ein breites Spektrum an Fachgebieten ab. Um den Austausch zu ermöglichen und einen Einblick in die Arbeitsbereiche der am GGL angesiedelten Doktoranden zu liefern, fand nun die bereits 11. GGL-Jahrestagung statt.
Die Veranstaltungsstruktur habe sich in den vergangenen Jahren sehr geändert, erläutert Prof. Eveline Baumgart-Vogt, Direktorin des GGL, im Gespräch mit dem Anzeiger. War es früher nur ein halber Tag, erstreckt sich die "Conference on Life Sciences" inzwischen über zwei Tage. Einen großen Teil nehmen dabei Vorträge ein: Jede Sektion des GGL lädt einen renommierten Gastredner für einen Übersichtsvortrag ein. Dieses Jahr sprach beispielsweise Dr. Regien Schoenmaker aus Groningen (Niederlande) über die Verbindung von Herzkrankheiten und depressiven Symptomen sowie Prof. Kostas Mathiopoulos von der Universität Thessalien (Griechenland), der Techniken zur Kontrolle der Fruchtfliegen-Population entwickelt hat. Dies wird pro Sektion ergänzt durch ein bis drei Vorträge der Doktoranden. Dabei wird nicht nur auf den wissenschaftlichen Aspekt Wert gelegt: "Wir suchen Leute, die gut sprechen können", erklärt Baumgart-Vogt, dass die Redner ihre Zuhörer durchaus auch unterhalten sollen.
Die Promovierenden, die dagegen nicht für einen Vortrag ausgewählt wurden, präsentieren ihre Arbeit im Rahmen einer Posterausstellung - sowohl die besten Vorträge als auch die besten Poster werden im Anschluss prämiert (siehe Kasten).
PREISE FÜR FORSCHER-NACHWUCHS
Zum Abschluss der Jahrestagung des Gießener Graduiertenzentrums für Lebenswissenschaften (GGL) wurden Preise für die besten wissenschaftlichen Poster und Vorträge verliehen.
Preisträger Poster:
1. Roswitha Aumann arbeitet daran, das Genom der Mittelmeerfruchtfliege zu verändern, um die Vermehrung dieses Schädlings durch die Freisetzung steriler Insekten zu verhindern.
2. Wiebke Hansen entwickelt Strategien, um die Artenvielfalt von Bergwiesen nach der Besiedlung durch eine invasive Lupinenart wiederherzustellen.
3. Beatrix Stadler erforscht die biologischen Grundlagen der gutartigen Prostatavergrößerung mit dem Ziel, neue Behandlungsstrategien für diese Erkrankung zu finden.
Preisträger Vorträge:
1. Stephan Leisengang untersucht, wie sich Entzündungen auf das Nervensystem und insbesondere das Schmerzempfinden auswirken.
2. Serena Stadler erforscht die Rolle eines speziellen Proteins, das bei Krebserkrankungen des Lymphatischen Systems gebildet wird, und die Möglichkeit, basierend darauf eine Immuntherapie zu entwickeln.
3. Patrick Kadesch analysiert die biochemische Zusammensetzung von Lipiden und Stoffwechselprodukten in Schistosomen, Parasiten, die eine Tropenkrankheit hervorrufen. Er trägt damit zu Ansätzen für die Entwicklung neuer Medikamente bei.
(dmo)
Die verpflichtende Teilnahme an der Tagung gehört zum "Doctoral Development Program" ("Doktoranden-Entwicklungsprogramm"), so Baumgart-Vogt weiter. Durch das erhaltene Feedback können sich die Promovierenden auf Konferenzen und Vorträge vorbereiten. Das Trainieren außerfachlicher Kompetenzen ist wichtiger Teil des Doktorandenprogramms am GGL, während die einzelnen Sektionen für die fachliche Seite zuständig sind.
Dass sich die Ausbildung am GGL in den elf Jahren seines Bestehens stark verändert hat, kann Ervice Pouokam feststellen, der zum ersten Jahrgang am 2007 gegründeten Graduiertenzentrum gehörte. "Die Strukturierung und Organisation ist immer besser geworden", erinnert er sich daran, dass es anfänglich für die Promovierenden häufig kompliziert war, die erforderlichen "Credit Points" für Veranstaltungen zu sammeln. Die Tagung selbst gebe ihm die Möglichkeit, "immer wieder Neues zu erfahren" und auch neue Kontakte zu knüpfen. Wenn es ihm zeitlich möglich sei, besuche er sie jedes Jahr: "Es ist inzwischen ein Muss geworden."
Am Anfang seiner wissenschaftlichen Karriere hingegen steht Parviz Ghezellou. Der Doktorand im ersten Jahr - das Programm des GGL läuft über drei Jahre - findet, dass das Graduiertenzentrum "mir hilft, mich zu verbessern". An der Sektion für Immunologie forscht der Chemiker zu Schlangengift, dessen einzelne Komponenten er identifizieren möchte, um sowohl Gegengifte zu verbessern als auch neue Medikamente zu entwickeln. Die enge, fachübergreifende Verzahnung des GGL hat ihn mit Pharmazeutiker Vannuruswamy Garikapati zusammengeführt, der im Bereich der Medizinischen Biochemie zum Stoffwechsel forscht und wie sein Kollege das bildgebende Verfahren der Massenspektrometrie nutzt. Garikapati schwärmt geradezu vom Angebot des GGL: "Ich habe nichts Negatives zu sagen", sieht er die Tagung als ein gutes Training für internationale Konferenzen. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei das Netzwerken. Immerhin kommen hier 160 bis 200 Promovierende mit einem hohen internationalen Anteil zusammen, stammt etwas weniger als die Hälfte aus 36 Ländern. Das trainiert auch die interkulturellen Kompetenzen, zusätzlich zu neuen Techniken, die man von den Kollegen lernen könne.
Auch Veterinärmediziner Niklas Grebbe schätzt an der Jahrestagung, dass man dort Kollegen treffe und sich mit Themen beschäftige, denen man sonst eher nicht begegne. Außerdem helfe das Angebot Doktoranden, die in die Wissenschaft gehen möchten, enorm weiter. Im Rahmen der Tagung wurde allerdings auch ein neues Alumni-Mentoring-Programm vorgestellt, das im Oktober an den Start geht und diejenigen Promovierenden, die eine Berufskarriere in der Industrie anstreben, unterstützen soll. Foto: Moor