Vor 50 Jahren wurde der Aero-Club Lützellinden gegründet. Zum Jubiläum gibt es am 12. August viele Attraktionen zu Lande und zu Luft.
Von Klaus-Dieter Jung
Der Tower des Fluggeländes Lützellinden vor herrlichem Abendhimmel. Am Himmel gibt es zum Flugtag wieder einige Attraktionen zu sehen. Fotos: Jung
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LÜTZELLINDEN - "Ein Flugzeug zu erfinden ist nichts. Ein Flugzeug zu bauen ist etwas. Es zu fliegen ist alles". Diese Worte von Otto Lilienthal, der erste Mensch, der einen Flugapparat zur Serienreife entwickelte und verkaufte, hat sich der Aero-Club Lützellinden (ACL) auf die Fahne geschrieben. Und verkündet sie stolz auf seiner neu gestalteten Homepage. Die Faszination Fliegen am Flugplatz in Gießen-Lützellinden gibt es schon seit 50 Jahren. Jetzt feiert der ACL seinen runden Geburtstag, blickt stolz auf 53 000 Landungen und 50 000 Flugstunden sowie 50 Jahre Erfahrung zurück. Über 600 Piloten sind auf dem Fluggelände am westlichen Stadtrand ausgebildet worden.
Alles begann so: 23 flugsportbegeisterte Damen und Herren aus dem mittelhessischen Raum trafen sich am 18. März 1968 auf Initiative des Lützellindener Unternehmers Erich Allendörfer und berieten über die Gründung eines Motorflugvereins. Schnell herrschte Einigkeit: Ein solcher Sportverein würde die ohnehin durch Sportvielfalt sehr geprägte Region zusätzlich bereichern, und der Standort - in der Mitte von Gießen und Wetzlar gelegen - wäre für beide Städte obendrein ein verkehrstechnisch nicht zu unterschätzender Gewinn, wenn es um die Versorgung besonders eiliger Medikamente für beide Kliniken oder gar um eine schnelle Einlieferung von Patienten geht.
Die Gründungsversammlung folgte am 27. März, einstimmig hoben die Anwesenden den ACL aus der Taufe. 1. Vorsitzender wurde Erich Allendörfer. Der Flugbazillus erfasste die Mitglieder schnell und sie organisierten im darauffolgenden September den ersten Flugtag. Das erste Schulflugzeug, eine Cessna 150, wurde getauft und der genehmigte Sonderlandeplatz, eine 480 Meter lange Grasbahn, eröffnet. Schnell verdoppelte sich die Mitgliederzahl, ihre Lust zu fliegen erwies sich als "unbändig", wie in der Chronik beschrieben wird. Und so musste eine zweite Maschine her: Eine Bölkow-Junior. Höhepunkt im Jahr 1969 war der Flugtag, der viele Besucher begeisterte. Das Gelände nahm allmählich Gestalt an, 1970 herrschten Bauarbeiten vor: Der vereinseigene Turm mit Club- und Geräteraum sowie die Flugzeughalle wurden fertig. Doch trotz der vielen Arbeit kam die Geselligkeit nie zu kurz. Kleinere Veranstaltungen, der Fliegerball und das Sommerfest erwiesen sich als die internen geselligen Höhepunkte. Fliegerische Ansprüche erforderten die erstmals durchgeführten Vereinsmeisterschaften mit Dreiecksflug, Ziellandung, Zeitwertung und Fragen aus dem Luftrecht. Viel bestaunt wurde beim zweiten Flugtag 1970 der Überflug einer Heinkel HE 111, ein zweimotoriger ehemaliger Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg. 1972 wurde ein Rekordjahr: Der ACL begrüßte sein 100. Mitglied. Eine Steigerung ergab sich auch bei den vielen fliegerischen Aktivitäten. Die Folge: Zwei neue Flugzeuge kaufte der Verein, eine Jodel DR 300 und eine Cessna 150. 1973 legte der 50. Pilot nach erfolgreicher Ausbildung seine Prüfung ab. Inzwischen waren im ACL drei Fluglehrer für die Ausbildung von Piloten verantwortlich. Das Organisationstalent des ACL wurde im Juni 1975 mit der Durchführung des Hessensternfluges belohnt. Zu diesem Wettbewerb wurde Lützellinden von 54 Flugzeugen angeflogen. Die Abschlussveranstaltung der Motorflug-Landesliga des HLB fand in Lützellinden statt. Auch Vereinsmitglieder gingen groß on tour: Flugplätze in Luxemburg, Österreich, Spanien, Frankreich, Skandinavien, England und Nordafrika sind den Bordbüchern zu entnehmen. Den Flugzeugpark verstärkte 1976 eine Cessna 172 als fünfte vereinseigene Maschine.
AUF EINEN BLICK
Verein
Aero-Club Lützellinden
Gründung
27. März 1968
Mitglieder
140
Vereinsgelände
Rheinfelser Stra. 81- 85
Kontakt
06403/ 9033-0 (Büro), Gerd Klose (Vorsitzender)
E-Mail
info@aeroclub-luetzellinden.de
Internet
www.aeroclub-luetzellinden.de
Einen Höhepunkt in der Vereinsgeschichte markierte der Flugtag 1986. Mit den "Red Arrows" überflog die beste Kunstflugstaffel der Welt das Gelände auf dem Höhenrücken. 30 000 Menschen staunten über die Vorführungen der waghalsigen Männer in ihren auffälligen Flugmaschinen. Dem jahrelangen Programmmacher der Flugtage, Robert Schuchmann, gelang es nach vielen Versuchen, die Maschinen nach Lützellinden zu holen. Das war auch das Ende von Flugtagen dieser Art, dem das große Unglück beim Flugtag in Ramstein zwei Jahre später folgte. Diese Art Kunstflüge wurde zunächst verboten und später mit strengen Auflagen wieder erlaubt.
Zu einem Geschwaderbesuch in Memmingen waren die ACL-Flieger 1989 eingeladen. Mit zehn Flugzeugen landeten 26 Teilnehmer auf der Luftwaffenbasis. Im gleichen Jahr fand auch noch ein Vereinsflug nach Avignon statt, der wiederum starke Resonanz fand, denn 30 Teilnehmer gingen mit elf Flugzeugen auf die Strecke. Bei der 1200-Jahr-Feier in Lützellinden beteiligte sich der Verein mit einem Motivwagen zum Thema "Reisen einst und jetzt". Der Hessische Luftsportbund ehrte das Mitglied Dr. Hamann für seine Leistung, mit einem einmotorigen Sportflugzeug in fünf Monaten die Erde zu umrunden.
Zahlreiche Schulklassen und Gruppen besuchen jährlich die Ferienpassaktionen beim ACL. 1992 flogen die Mitglieder zum ersten Mal nach Dresden., "Aus-Flüge" veranstaltet der Verein nunmehr jedes Jahr.
Als die Lufthansa Piloten 2014 streikten, nutzten das die Flieger: Sie starteten zu einem Formationsflug zum Frankfurt International Airport. Der Pilotenstreik machte den Luftraum dort frei. Und so konnten die ACL Piloten eine nördliche und eine südliche Platzrunde fliegen und drei tiefe Überflüge über die 4000 Meter langen Pisten unternehmen: "Es war ein tolles Ereignis".
In den fünf Jahrzehnten blieb der Verein von Flugunfällen verschont, freut sich der 1. Vorsitzende Gerd Klose im Gespräch. "Wir haben bislang kein Heftpflaster gebraucht und darauf sind wir stolz im Verein". Alle Ereignisse betrafen Piloten, die nicht zum Verein gehören. Sechs Fluglehrer bilden derzeit künftige Piloten aus. Klose freut sich: "Die Flugschule boomt." Überwiegend junge Leute sind es, die sich der Privatpilotenausbildung beim Aero-Club unterziehen. Jetzt haben auch drei Frauen begonnen, den theoretischen und praktischen Teil bei ACL zu absolvieren.