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Politisch, humorvoll, nachdenklich

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Eine »Sternstunde« als Open-Air-Gottesdienst an der Treiser Grillhütte. Foto: Heller © Heller

Staufenberg (voh). Der Treiser Verein Doku Dienstag hatte am Samstag auf dem Gelände der hoch über dem Lumdatal gelegenen Grillhütte ein Bergfest organisiert. Es gab vor allem ein Kinderprogramm: Schminken, Disco und den Auftritt des Kinderchors der evangelischen Kirchengemeinde unter der Leitung von Daniela Werner. Abends begrüßte Pfarrer Andreas Lenz eine größere Menschenmenge zum Open-Air-Gottesdienst.

Zuletzt hatte es eine »Sternstunde« am 29. August 2020 vor der Treiser Michaelskirche gegeben. Bei der musikalischen Ausgestaltung gefiel die Staufenberger Band »Fogel F«. Deren Mitglieder wohnten mittlerweile fast alle in Treis, so Lenz. »Fogel F« singen politische, humorvolle Lieder auf Deutsch. Jedenfalls selber ausgedacht als Mut machendes Gegengewicht zu gesellschaftlichem Hass.

Außergewöhnliche Instrumentierung

Die außergewöhnliche Instrumentierung vermochte die Stimmung inmitten friedvoller Natur zusätzlich zu verschönern, wären da nicht total gegensätzlich wirkende Texte gewesen. »Wenn jemand lieben kann, warum sollte er dann Panzer fahr’n", hörte man etwa. Ups, natürlich dachte jeder an die Ukraine gleichwohl das Lied »Panzerfahren« lange vor dem russischen Angriffskrieg entstanden war, also zeitlos wäre. »Fogel F« sind Emily Peach (Geige), Rafael de la Vega (Saxofon), Markus Wach (Kontrabass), Jan Biedenkopf (Klarinette) und Constantin Pukownick (Akustikgitarre). Auf der improvisierten Bühne steht ein Altar mit Holzkreuz. Einige Kerzen schimmern. Die Abendsonne ist hinter dunklen Wolken versteckt oder strahlt die Besucher direkt an. Das Sternstundenthema »Es ist so einfach, sagt die Liebe, und umarmt die Angst«, gestaltet das Gottesdienstteam mannigfaltig aus. Aussagen berühmter Persönlichkeiten ergänzen eigene Gedanken dazu. Pfarrer Dietrich Bonhoeffer betrachtete den Optimismus als Willen zur Zukunft. Philosoph Friedrich Nietzsche nutzte den Begriff des »letzten Mensch« (in »Also sprach Zarathustra«), um degenerative Charaktereigenschaften zu illustrieren. Lenz fragte sich: »Ist der glücklich?« Für den dänischen Philosophen Søren Kierkegaard war Glaube kein schlichtes Ding, sondern eine Existenzweise. Daubringens Pfarrer Traugott Stein hatte »Luke« Wendwosen mitgebracht. Der Äthiopier ist seit zehn Jahren unterwegs. Er floh wegen politischer Agitation nach Schweden, ist mittlerweile zweifacher Vater, lebt mit seiner Familie in Daubringen. Asylanträge wurden mehrfach abgelehnt.

Petition eingereicht

Pfarrer Stein bewunderte seinen Lebensmut trotz jahrelanger Unsicherheit. Die Familie ist von Abschiebung bedroht. Kirchengemeinde und Bürgermeister haben eine Petition nach Wiesbaden geschickt. »Falls die Petition nicht hilft, gehen wir noch weiter«, so Stein. Wendwosen verwies auf den Glauben. »Das Vertrauen auf Gott bleibt immer«.

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