DARMSTADT - Der von den TU-Studierenden Johannes Czech, Moritz Willig und Alena Beyer entwickelte Bot "CrazyAra" hat den australischen Schachprofi Justin Tan in einem Online-Match der Schach-Variante "Crazyhouse" mit 4:1 geschlagen. Dies teilte die TU Darmstadt mit. Gelernt hat der Bot mittels Deep Learning, was ihm erlaubt, vorausschauend Entscheidungen zu treffen, heißt es in der Mitteilung. Damit hätten die Studenten einen Erfolg auf einem Feld feiern können, das sonst von Giganten wie Google dominiert wird.
"Seit dem ,Schachtürken' im Jahr 1770 versuchten immer wieder findige Geister, neue und bessere Schachautomaten zu bauen", erläutert Kristian Kersting, Professor für Maschinelles Lernen an der TU Darmstadt und einer der Leiter des studentischen Semesterprojekts. Seit der Erfindung des digitalen Computers in den 1950er Jahren hätten Schachprogrammierer immer ausgefeiltere Algorithmen fürs Schach spielen entwickelt. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Schachprogrammen wie Rybka, Houdini, Stockfish oder Komodo, die dem Menschen haushoch überlegen sind, lerne CrazyAra, Schach zu spielen. Genauer gesagt: Das Programm lernt die Schachvariante Crazyhouse. Schlägt ein Spieler eine Figur seines Gegners, wird ihm die entsprechende Figur in seiner eigenen Farbe ausgehändigt, die er nach den gleichen Regeln wie beim Tandemschach einsetzen darf.
Dazu folgten Johannes Czech, Moritz Willig und Alena Beyer dem Beispiel von DeepMinds AlphaGo, das 2016 Furore machte, weil es einen der weltbesten Profispieler im Brettspiel Go schlug.
"CrazyAra erhielt etwa 570 000 heruntergeladene Crazyhouse-Partien und versuchte damit, das demonstrierte Verhalten zu imitieren", sagt Kristian Kersting, Daher stamme auch der Name: "Die Aras, eine Papageienart, sind für ihre Imitationsgabe bekannt."
Der Anspruch der drei Studierenden habe aber nicht nur darin gelegen, ein Programm zu entwickeln, das das menschliche Spielverhalten imitiert, es sollte auch außerhalb des Trainingsbereichs funktionieren und vorausschauend Entscheidungen treffen können. Dazu lernt CrazyAra eine Nutzenfunktion, die beschreibt, welche Aussicht auf den Sieg eine Spielsituation oder ein Schachzug hat.
"Leider gibt es beim Schach wahrscheinlich mehr Möglichkeiten für Spielzüge, als es Atome im Weltall gibt", stellt der TU-Professor fest. Daher greife CrazyAra auf einen Suchalgorithmus zum Finden der vielversprechendsten nächsten Züge zurück.
Motiviert durch das menschliche Gehirn benutze CrazyAra zur Bewertung künstliche neuronale Netzwerke mit mehreren Schichten. Die Schichten seien nacheinander so verschaltet und initialisiert, dass sie immer komplexere Merkmale der Bewertungsdaten automatisch lernten und erfassten.
Der australische Schachprofi zeigte sich laut TU jedenfalls beeindruckt von den Fähigkeiten des Darmstädter Bots und teilte nach den Spielen mit, er sei vom Spielverhalten sehr überrascht, da er das Gefühl gehabt habe, "gegen einen Menschen und nicht gegen eine Maschine angetreten" zu sein.