Stichwahl nach den US-Midterms: Wahlkrimi in Georgia bahnt sich an

Am Dienstag stimmen die Menschen im US-Bundesstaat Georgia über ihren neuen Senator ab. Das Rennen zwischen Warnock und Walker verspricht eng zu werden.
Atlanta/Washington – Einige Wochen nach den eigentlichen US-Zwischenwahlen müssen sich die beiden erfolgreichsten Bewerber um den Senatssitz des südlichen US-Bundesstaats Georgia erneut einer Stichwahl stellen. Doch ob Amtsinhaber Raphael Warnock von den Demokraten sich am Dienstag (6. Dezember) tatsächlich gegen seinen republikanischen Herausforderer Herschel Walker durchsetzen wird, lässt sich derzeit noch nicht sicher prognostizieren.
So haben beide Bewerber noch einmal verstärkt in ihren Wahlkampf investiert und die Wochen zwischen Midterms und der vorzeitigen Öffnung der Wahllokale vergangene Woche genutzt, um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler doch noch zu gewinnen. Amtsinhaber Warnock, der 2021 ebenfalls bei einer Stichwahl mit rund 93.000 Stimmen Vorsprung als erster schwarzer Senator in der Geschichte des Bundesstaats ins Amt gewählt wurde, holte bei den Midterms 49,4 Prozent der Stimmen. Sein Herausforderer Herschel Walker landete mit knapp 40.000 Rückstand bei rund 48,5 Prozent. Umfragen prognostizieren für Dienstag bereits ein knappes Rennen.
Stichwahl in Georgia: Herschel Walker kommt bei Zielgruppe nicht überall an
Traditionell wählten die Menschen in Georgia in den vergangenen Jahrzehnten eher republikanisch: mit den Ausnahmen der Wahlen 1976 und 1980, bei denen Jimmy Carter klar vorne lag, 1992, als Bill Clinton die Mehrheit holte und 2020, als eine knappe Mehrheit womöglich mehr gegen Donald Trump als für Joe Biden stimmte. Bereits Trumps Wahlsieg in Georgia 2016 war mit 50,8 Prozent der Stimmen vergleichsweise knapp gewesen.
So interpretierten viele Fachleute und Medien das überraschend schlechte Abschneiden des Ex-Football-Profis Herschel Walker, der als einer der von Trump besonders geförderten Amtsanwärter galt, ebenfalls als eine Entscheidung der Menschen in Georgia gegen den abgewählten Präsidenten. Laut New York Times zeige sich das etwa daran, dass in vielen Wahlbezirken, in denen Walker bei der Senatswahl hinten lag, die Gouverneurswahl für den Republikaner Brian Kemp ausfiel.
Stichwahl um Senatssitz in US-Staat Georgia: Demokraten haben Senatsmehrheit
Sollte sich dies auch in der Stichwahl bestätigen und Warnock gewinnen, hätten die US-Demokraten mit 51 Sitzen im Senat sogar eine bessere Position als zuvor, als beim Gleichstand von 50 Sitzen für beide Parteien Vize-US-Präsidentin und damit auch Senatspräsidentin Kamala Harris die entscheidende Stimme abgeben durfte. Die bisherigen 50 Sitze für die Demokraten sind bereits seit der endgültigen Auszählung der Zwischenwahlen erreicht.
Was Walkers Chancen der Einschätzung von Beobachterinnen und Beobachtern nach verschlechtern könnte, sind zahlreiche Negativ-Schlagzeilen, die Walkers Wahlkampf begleitet haben. Dieser war laut eines Berichts der Nachrichtenagentur AFP etwa dabei erwischt worden, seinen Lebenslauf geschönt zu haben. Hinzu kamen Vorwürfe der häuslichen Gewalt von seiner Ex-Frau sowie gleich zwei Frauen, die den bekennenden Abtreibungsgegner Walker beschuldigt hatten, sie in der Vergangenheit zu Abtreibungen gedrängt zu haben. Ob das in den politisch gespaltenen USA einer Mehrheit jedoch genügt, stattdessen demokratisch zu wählen, bleibt abzuwarten.
Was bereits festzustehen scheint, ist jedoch, dass immer noch viele Menschen in Georgia motiviert sind, wählen zu gehen. So nahmen laut einem CNN-Bericht vergangene Woche bereits täglich 300.000 Menschen in Georgia die Möglichkeit wahr, ihre Stimme vorzeitig abzugeben und übertrafen damit täglich den bisherigen Rekord an vorzeitigen Stimmabgaben innerhalb eines Tages. (ska mit AFP)