Ärger über Schiedsrichter

Pleite gegen Karlsruhe hat aber auch Gründe, die 46ers bei sich suchen müssen
Gießen. Am Ende hatten sie - zurückhaltend formuliert - Gesprächsbedarf! Erst baute sich Branislav Ignjatovic mit seinen für ihn typischen ausgestreckten Armen und den nach außen geklappten Handinnenflächen fragend vor dem Gespann auf, dann knöpfte sich sein Assistent Nikola Stanic mit hochrotem Kopf Hauptschiedsrichter Nicolai Bohn vor. Was natürlich rein gar nichts an der 90:104 (39:45)-Niederlage ihrer 46ers gegen die PS Karlsruhe Lions änderte. Im Kampf um einen Playoff-Platz in der 2. Basketball-Bundesliga hatte Gießen am Samstagabend vor 2353 Zuschauern schlicht und ergreifend einen Rückschlag nach zuvor fünf Siegen in Serie hinnehmen müssen.
Gießen 46ers - PS Karlsruhe Lions 90:104
Unmittelbar nach dem Match überdeckte der Ärger über die nicht zum ersten Mal in dieser Runde schwachen Refs jedoch den Unmut über die siebte Saisonniederlage. »So eine Vorstellung der Unparteiischen würde ich mir mal wünschen, wenn wir auswärts antreten«, fühlte sich »Frenki« Ignjatovic vom Gespann um den Mannheimer Bohn echt benachteiligt. »Dass ein Heimteam am Ende sieben Fouls mehr aufgebrummt bekommt als die Gastmannschaft, die sogar 20 Freiwürfe mehr ausführen darf, das ist schon ungewöhnlich«, polterte der 46ers-Coach und erhielt Unterstützung von Gästetrainer Aleksandar Scepanovic. »Was die Referees auf beiden Seiten gepfiffen haben, war schon komisch. Ich jedenfalls verstehe die Regeln von Woche zu Woche immer weniger«, war der Kroate zwar glücklich über den Erfolg in der Osthalle, jedoch fassungslos über das, was sich die Schiris in den zwei Stunden zuvor so alles geleistet hatten.
»Maurice Pluskota konnte sich sehr viel erlauben, ohne dafür bestraft zu werden«, hatte auch Gießens Geschäftsführer Jonathan Kollmar nach dem Match die Nase gestrichen voll. »Er hat ausgeteilt und ununterbrochen provoziert, am Ende aber stehen für ihn nur zwei Fouls zu Buche«, schüttelte der 30-Jährige ungläubig den Kopf.
Wohl wissend, dass beispielsweise Igor Cvorovic und Justin Martin längst mit fünf Fouls zum Zuschauen verdonnert worden waren, ein Cut an der Schläfe von Stefan Fundic geklammert werden musste und ein Ellenbogenhieb gegen den starken Karlo Miksic völlig ungeahndet geblieben war. Kollmar: »Ich möchte den verdienten Karlsruher Sieg nicht schmälern. Was die Schiedsrichter aber heute hier abgezogen haben, geht gar nicht.«
Bei allem Frust über die Unparteiischen, die diese Bezeichnung am Samstag kaum verdient hatten, vergaßen die Hausherren aber auch nicht, die eigenen Unzulänglichkeiten klar zu benennen. Big Man Stefan Fundic, ausnahmsweise einmal nicht mit einem Double-Double, kritisierte: »Wir hatten im Angriff schlicht nicht genug Energie und haben hinten oft vogelwild verteidigt.« Auch Center-Kollege Enosch Wolf, dessen Heimdebüt offensiv bei keinem einzigen Zähler in fast 18 Minuten Spielzeit, defensiv aber mit stattlichen neun Rebounds Höhen und Tiefen verriet, sprach davon, dass »wir uns viele dumme Fouls geleistet haben.« Und »Frenki« Ignjatovic grantelte: »Wer zu Hause 104 Gegenpunkte kassiert, hat den Sieg nicht verdient. Wenn wir so weiter verteidigen, können wir uns die Playoffs abschminken.«
Schon zur Pause und bei einem Sechs-Punkte-Rückstand hatte der Serbe die Probleme in der Defense lautstark angesprochen, was seine Jungs verstanden zu haben schienen. Mit einem 12:0-Lauf kamen sie aus der Kabine, lagen plötzlich mit 51:45 vorne und hatten die Partie auch noch im Griff, als Pointguard Jordan Barnes auf 60:53 stellte, Luca Finn Kahl einen Dreier zum 70:63 versenkte und Nico Brauner mit zwei Freiwürfen das 77:72 (32.) gelang. Als Igor Cvorovic sechs Minuten vor Schluss und Justin Martin drei Minuten vor dem Ende jedoch mit je fünf Fouls gehen mussten, Jordan Barnes per Airball den Spott von den Stehrängen zu hören und Karlo Miksic ein unsportliches Foul aufgebrummt bekam, weil er sich über die nicht geahndete Tätlichkeit von Maurice Pluskota lauthals beschwerte, war es um die Gießener Herrlichkeit geschehen.
Mit 32:13 gewannen die Badener die letzten sieben Minuten und fügten den 46ers damit die zweite Heimniederlage zu, die auch Gründe hatte, die die 46ers nicht den extrem schwachen Refs aufladen konnten. Denn: Ein versenkter Dreier bei 13 Versuchen war für die US-Boys Jordan Barnes und Justin Martin unterirdisch, generell zeugte die Quote von 26 Prozent jenseits des Perimeters von Unsicherheit. 19 Ballverluste gegenüber deren zehn auf Seiten der Badener zogen immer wieder allen Gießener Bemühungen den Stecker. Und die zuletzt starken Luis Figge und Roland Nyama standen hinten wie vorne völlig neben sich, so dass Fundic den Nagel auf den Kopf traf: »Dresden wird nächsten Samstag zu spüren bekommen, dass wir auch anders können.« Vorausgesetzt, die Schiedsrichter spielen mit.
Gießen: Barnes (18), Brauner (22), Döntgens (n.e.), Wolf, Fundic (17), Figge (2), Kahl (3), Cvorovic (7), Martin (7), Strangmeyer, Nyama (3), Miksic (11).
Karlsruhe: Omojola (3), Koné (7), Cabbil (23), Shungu (4), Karacic (10), von Waaden, Cugini (8), Bajo (12), Albus (9), Pluskota (28).