Auf dem Weg zurück in die Zukunft

Gießen . Zurück in die Zukunft lautet der Titel einer Science-Fiction-Trilogie von Mitte/Ende der 1980er-Jahre. Und »Zurück in die Zukunft« wäre auch ein passender Titel für den Weg, den Fußball-A-Ligist FSG Bessingen/Ettingshausen/Langsdorf beschreiten wird. Ralph Theiss hat sich mit seinen Mitstreitern bei der derzeit abstiegsbedrohten Spielgemeinschaft viele Gedanken gemacht, es hört sich nach einem wohl durchdachten Konzept an.
Theiss hat sogar einen Lehrgang zur Vereinsmanagerlizenz absolviert - Titel der Abschlussarbeit: »Zukunftsfähige Fußballspielgemeinschaft«. Er werde in Zukunft als »Sportlicher Leiter« agieren, schreibt Theiss und ergänzt das, was die gesamte Breite der Neuausrichtung erst verdeutlicht: »Die Abteilungsleiter Oliver Heil (Ober-Bessingen) und Thomas Pröhl (TV Langsdorf) wollten sich nach über 20 Jahren (Wahnsinn!) im Amt auch mal Zeit für andere Dinge gönnen und Platz machen für junge Leute.« Neuausrichtung und Verjüngung ist also ein Ziel, das in Zukunft greifen soll. Und so ergänzen Felix Balser (32 Jahre, Ober-Bessingen) und Florian Neumann (32, TV Langsdorf) seit Sommer letzten Jahres Sebastian Geißler (41, bereits seit fünf Jahren beim SV Ettingshausen) als Abteilungsleiter der Vereine das Funktionsteam.
Pokalgeschichte geschrieben
Dass es aber auch wortwörtlich zurück in die Zukunft geht, hat mit dem Mann zu tun, der die FSG Bessingen/Ettingshausen/Langsdorf ab der kommenden Saison trainieren wird: Oliver Bopp. Denn der heute 44-Jährige war bereits nach Gründung der Spielgemeinschaft 2011 für vier Jahre Übungsleiter bei der Dreier-FSG. Und da lohnt sich, nicht nur für Fußball-Nostalgiker, der Blick in die Vergangenheit. Denn in den Jahren der Boppschen Regentschaft erwarben sich die Bessinger einen einzigartigen Ruf - als Pokalschreck. So ging es nicht nur in der Kreisliga A tabellarisch bergauf, sondern vor allem im SWG-Pokal auch richtig ab. Als Kreispokalsieger räumten die Bessinger eine ganze Batterie von höherklassigen Teams aus dem Weg. Hätte man bei einem Wettanbieter den SWG-Pokal tippen können, hätte die Gewinn-Summe locker für drei Kunstrasenplätze in jedem Ort der FSG gereicht.
Ralph Theiss listet die Reihe der herauskatapultierten Gegner genüsslich nochmals auf: FSG Grünberg/Lehnheim/Stangenrod (Kreisoberliga), TuBa Pohlheim (Gruppenliga), TSG Leihgestern (Kreisoberliga), TSV Klein-Linden (Kreisoberliga) und schließlich sogar Verbandsligist VfB 1900 Gießen wurden zu Opfern des Pokal-Schrecks, der auf seinen Plätzen die Favoriten alt aussehen ließ und die Zuschauer auf seiner Seite hatte, ehe im Finale vor über 1000 Zuschauern auch Gruppenligist FC Großen-Buseck das Nachsehen bekam. Schließlich ging es im Jahr darauf sogar bis ins Regionalpokalfinale in Braunfels, wobei auf dem Weg dorthin sogar Hessenligist SC Waldgirmes geschreddert wurde. 400 Bessinger Anhänger reisten schließlich mit Bussen nach Braunfels, wo vor insgesamt 600 Zuschauern der Verbandsligist Langenaubach zwar Endstation bedeutete, aber der A-Ligist, von Pauken und Trompeten begleitet, mächtig gefeiert wurde. Dass, ganz nebenbei, noch der Aufstieg in die Kreisoberliga gelang, mit dem Bayern München-trächtigen Wert von saisonübergreifend 38 Spielen ohne Niederlage, dürfte auch in Zukunft noch an den Lagerfeuern in Bessingen und Co erzählt werden.
So kommt der Mann ins Spiel, der, wenn es nach der FSG geht, in Zukunft ein kleines Deja-Vu erzeugen soll. »Ja«, sagt Oliver Bopp, »wenn du mich vor zwei Wochen gefragt hättest, hätte ich gesagt: Ich mache nichts mehr als Trainer«, erläutert der in Lindenstruth mit seiner Familie wohnende Übungsleiter. »Irgendwie hatte sich das erledigt.«
Fast drei Jahre Pause und eine Lebensplanung, die im wahrsten Sinne weiter reichte als bis zum nächsten Heimspiel, waren der Grund. »Ich habe mir ein Wohnmobil gekauft und im Sommer auch mal eine dreimonatige Auszeit gegönnt«, sagt Bopp, der mit seinem familären Dasein und dem Aufbruch zu neuen Ufern sehr glücklich und aufgeräumt wirkt. »Das ist keine Koketterie, aber ich wusste nicht mal, dass die FSG auf einem Abstiegsplatz steht«, erklärt der Fußballtrainer, der diese Leidenschaft von seinem Vater Helmut übernommen hat, zudem selbst beim ersten Engagement noch als Spielertrainer aktiv war. Jetzt aber mit der Pause gut zurechtkam. Und dann ließ er sich »von meinem guten Freund Ralph« doch locken, denn, so weiß Bopp, »das war schon die schönste Zeit in meinem Fußballer-Leben, damals bei der FSG.« Dabei ist er grundehrlich, wenn er bekennt, dass »ich selbst gespannt bin, wie ich mich pushe, wenn ich mich wieder darauf einlasse.« Denn eins ist klar: Oliver Bopp macht es richtig oder gar nicht.
Römer bat um Nachfolge-Lösung
Genau das ist der Satz, den auch Silja Römer sagt, wenn es um ihr Engagement bei der FSG geht. Sie hat die Fußballspielgemeinschaft im Sommer seit dann eineinhalb Jahren unter ihren Fittichen, ist aber von sich aus auf die Verantwortlichen zugegangen, dass diese sich doch ggf. nach einer adäquaten Nachfolge-Lösung umschauen sollen. »Es macht mir total viel Spaß und es ist genauso, wie ich es mir gewünscht habe. Aber da ich ehrenamtlich im Kreisfußballausschuss, im Alpenverein, aber auch mit der Regionalauswahl der Mädchen unheimlich viel zu tun habe, will ich kürzer treten.« Silja Römer steht auch als Beispiel für den Mut der FSG-Verantwortlichen, neue Wege zu gehen, ist sie doch hessenweit die erste Frau, die eine Männermannschaft trainiert. Dass in diesem Fall das »beiderseitige Einvernehmen« tatsächlich zutrifft, beweist auch die Tatsache, dass »ich mit Oli schon telefoniert habe, da ich für absolute Transparenz bin« - und Römer angeboten hat, wenn Bopp mal nicht kann, trotzdem Traningseinheiten oder gar ein Spiel zu übernehmen.
So ist der Griff in die Bessinger Vergangenheit ein Zurück in die Zukunft einer Spielgemeinschaft, die strukturiert nach vorne blickt. Mit einem Spielausschuss, der neben Albrecht Jox, Oliver Heil und Thorsten Marx um Dennis Weber, Jan Palmer, Robert Theiss und Tobias Packmohr erweitert wurde. Mit einem Trainerteam, das neben Bopp aus Zweitmannschafts-Coach Falco Höfeld, wohl auch Torwarttrainer Markus Sajonz sowie der Physiotherapeutin Doro Bender besteht.
Dass Jugendarbeit ein gewichtiger Baustein ist, die Ideen auch langfristig wirken zu lassen, ist Theiss klar. Eine Herkulesaufgabe, bei der der SV Ettingshausen derzeit (ohne A- und B-Jugend) in der JSG Wirberg aufgeht, der TV Langsdorf beim TSV Hungen involviert ist und die FV Fortuna Ober-Bessingen seit zwei Jahren zudem eine Jugendabteilung neu gegründet hat.
Wert legt Ralph Theiss darauf, dass es »in den zwölf Jahren des Bestehens der FSG keine mir bekannten Streitigkeiten gab, Diskussionen sind normal, aber wir achten auf eine faire Aufteilung und Behandlung aller drei Vereinsteile.« Mit dem Ziel, zunächst die A-Liga zu halten, dann möglicherweise die Kreisoberliga anzustreben. Und vielleicht wird es ja auch noch einmal etwas mit dem Pokal-Coup. Unter dem Motto: Zurück in die Zukunft. Mit Oliver Bopp.

