Auf einmal gelingt alles

Hüttenberg. Als Niklas Theiß am späten Samstagabend im Hüttenberger Sportzentrum den Rückweg in die eigene Hälfte antrat, trug er ein verlegenes Lächeln im Gesicht und zuckte fast schon entschuldigend mit den Schultern. Elf Minuten waren zu diesem Zeitpunkt in der Handball-Zweitliga-Partie zwischen dem TV Hüttenberg und dem TV Großwallstadt noch zu spielen, doch die Partie war längst mehr als entschieden.
TV Hüttenberg - TV Großwallstadt 37:26
Theiß‹ Treffer, ein an sich eher verunglückter Dreher, den Großwallstadts Torhüter Julian Ohm letztlich unglücklich selbst ins Tor befördert hatte, war das 31:19 für den TV Hüttenberg, dem in dieser Phase schlicht und ergreifend alles gelang. Am Ende leuchtete ein 37:26 (18:14)-Endstand von der Anzeigetafel. Es war im drittletzten Heimspiel der Runde, so befanden TVH-Trainer Johannes Wohlrab und Rückraum-Linkshänder David Kuntscher hinterher unisono, vermutlich »unsere beste Saisonleistung«.
Insbesondere im zweiten Abschnitt fegten die Gastgeber am Ende einer englischen Woche derart leichtfüßig und beschwingt über das Parkett, dass die 1130 Zuschauer den Eindruck hätten gewinnen können, der TVH bestreite ein lockeres Trainingsspielchen. »In der zweiten Hälfte hat einfach alles funktioniert. Das war eine fantastische Reaktion auf unsere Niederlagen in Hagen und Dormagen. Ein Riesenlob an die gesamte Mannschaft«, so Wohlrab, während Michael Spatz, Großwallstädter Kultspieler, langjähriger Rechtsaußen und aktuell Geschäftsführer des Traditionsclubs, hinterher zu Protokoll gab, »zum ersten Mal maßlos enttäuscht und sprachlos aufgrund unserer Leistung« zu sein.
Zu Beginn hatte der einstige Serienmeister die Partie jedoch noch offen gestalten können. Der TVG, ebenso wie der TVH in einer 6:0-Deckung agierend, war aufmerksam, führte nach elf Minuten durch einen Gegenstoßtreffer von Maxim Schalles mit 6:4 und war giftig - mitunter über die Grenze des Erlaubten hinaus. Insbesondere Tristan Kirschner war Empfänger der Großwallstädter Nickligkeiten. Der Hüttenberger Rechtsaußen obsiegte im direkten Duell seinen gegen Widersacher, TVG-Linksaußen Florian Eisenträger, was diesem immer wieder Anlass zu dem letztlich erfolglosen Versuch bot, Kirschner mit überhartem Zweikampfverhalten aus der Fassung zu bringen.
Eine erste Tendenz in Richtung eines Hüttenberger Heimsieges war ab der Schlussphase der ersten Hälfte zu erkennen. Linksaußen Philipp Schwarz baute den Vorsprung der Hausherren gewohnt nervenstark aus spitzem Winkel erstmals auf drei Treffer aus (17:14), ehe Dominik Plaue im Anschluss einen Siebenmeter gegen Florian Bandlow parierte.
So richtig startete die Wohlrab-Truppe dann jedoch nach der Pause durch. Es waren insbesondere drei Akteure, die an diesem Abend den letztlich deutlichen Unterschied ausmachten. Da war zum einen Leonard Grazioli im Tor, der bei den gegnerischen Strafwürfen stets für Plaue Platz machte, am Ende allerdings dennoch 17 Paraden vorweisen konnte. Und da waren zum anderen Timm Schneider und Niklas Theiß. Während Letzterer mit neun zum Teil spektakulären Treffern bei elf Würfen der statistisch beste TVH-Akteur war, avancierte Schneider einmal mehr zum Turm in der Schlacht. Der 34-Jährige, der im Sommer von der Platte an den Schreibtisch des TVH-Geschäftsführers wechseln wird, stand während der gesamten Spielzeit der zweiten Hälfte auf dem Spielfeld, bildete gemeinsam mit Moritz Zörb im TVH-Innenblock ein nur schwer überwindbares Duo und strahlte im Angriff nicht zuletzt aufgrund seiner sechs Treffer jede Menge Souveränität aus. »Timm hat vorne wie hinten das vorgelebt, was den TVH ausmacht. Die anderen Spieler konnten sich an ihn anlehnen und durch ihn wachsen«, so Wohlrabs Sonderlob an den Routinier.
Schneider ist neben Plaue, Rechtsaußen Ryuga Fujita und dem dauerverletzten Rückraum-Allrounder Joel Ribeiro einer von vier Hüttenbergern, die in der kommenden Saison nicht mehr zum TVH-Kader gehören werden. Insbesondere der Abgang von Schneider wird schwer zu kompensieren sein. »Wir beobachten den Transfermarkt und halten die Augen offen. Wenn alles passt, werden wir sicherlich noch einmal zuschlagen«, hofft Wohlrab auf eine adäquate Verstärkung.
Hüttenberg: Grazioli, Plaue - Schwarz (5), Kirschner (2), Theiß (9), Fujita, Weber (6/1), Zörb (1), Reichl (5), Schneider (6), Hofmann, Klein (2), Kompenhans, Jockel, Kuntscher (1).
Großwallstadt: Boukovinas, Ohm - Babarskas, Eisenträger, Bandlow (6), Schauer (3), Strakeljahn (1), Redkyn, Wullenweber (5), Zhun, Corak (3), Stark, Munzinger (2), Kammlodt (3), Rink, Schalles (3).
Schiedsrichter: Manuel Lier/Jan Lier (Korntal-Münchingen) - Zuschauer: 1130 - Zeitstrafen: Hüttenberg eine (Reichl), Großwallstadt drei (Rink, Kammlodt, Eisenträger) - verworfene Siebenmeter: Eisenträger und Bandlow (beide Großwallstadt) scheitern an Plaue (7., 26.), Weber (Hüttenberg) wirft an den Pfosten.