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»Berg- und Talfahrt«

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So einiges lief unrund: Auch Simon Brown (links) vermochte es nicht, den RSV auf Kurs zu halten. Foto: Diekmann © Diekmann

Gießen. Da ist es wieder, das berühmte Glas. War es beim RSV Lahn-Dill nun halbvoll oder halbleer im Rückblick auf die mit dem Champions Cup in Nimwegen beendete Saison? »Rein sportlich können wir nicht zufrieden sein«, gibt Andreas Joneck als Manager des heimischen Aushängeschilds in Sachen Rollstuhlbasketball unumwunden zu. Denn die hochdekorierten Mittelhessen mit gleich 14 nationalen Meisterschaften seit 1998 blieben diesmal ganz ohne Titel.

Was bei der eingangs gestellten Frage das Glas doch ziemlich leer macht. Auf der anderen Seite gibt es aber auch einige Entwicklungen und Auftritte, die das Gefäß wieder auffüllen. »Wir hatten viele Hochs und Tiefs«, formuliert es Cheftrainerin Janet Zeltinger, während ihr Assistent Günter Mayer von einer »Berg- und Talfahrt« spricht.

Schauen wir erst einmal auf die Bilanz der Saison 2022/23. In der Bundesliga-Hauptrunde musste sich der Titelverteidiger auf dem zweiten Platz hinter dem Erzrivalen RSB Thuringia Bulls einreihen. Genauso wie in der Playoff-Runde, in der die Mannschaft von der Lahn aber immerhin mit einem Sieg in Elxleben eine dritte Partie erkämpfte. Eine nationale Pokalrunde gab es nach zwei Jahren Pause wegen der Corona-Pandemie diesmal aus Termingründen nicht. Im internationalen Wettbewerb, dem Champions Cup, qualifizierte sich das Team um die Kapitäne Thomas Böhme und Simon Brown für die Endrunde im niederländischen Nimwegen, musste sich dort allerdings mit zwei Niederlagen als Vierter und Letzter auf die Heimreise machen.

»Wir haben alles gegeben. Das war wirklich schade«, blickt Janet Zeltinger vor allem auf das letzte, mit 71:73 verlorene Spiel gegen Ilunion Madrid. Deshalb sei sie stolz auf ihre Mannschaft, bekundet die Cheftrainerin. Der es auch in fast allen Begegnungen dieser Spielzeit nicht am Einsatz und der kämpferischen Entwicklung fehlte. Doch die spielerischen Highlights waren gerade in der zweiten Rundenhälfte dünn gesät. Dabei hatten die Lahn-Diller mit einer fulminanten Vorrunde aufgewartet und schienen das Zehnerfeld nach Belieben zu dominieren. Davon war aber im neuen Jahr nichts mehr zu spüren. »Wir haben da auch einige schlechte Spiele gezeigt«, will Manager Joneck nichts beschönigen. Vor allem eine schwache Wurfausbeute zog sich durch die restlichen Begegnungen.

Dazu gibt es drei Erklärungsansätze. Für Andreas Joneck »war uns das Glück einfach nicht hold«, weist er beispielhaft auf die siebenwöchige Verletzung von »Tommy« Böhme zum Ende vergangenen Jahres. Für Co-Trainer Mayer war der imponierende 70:66-Vorrundenerfolg bei den Thüringern ein Auslöser. »Da ist irgendwas mit uns passiert. Danach hat uns die Leichtigkeit gefehlt«, sagt der Allgäuer. Erst im zweiten, mit 67:63 in Elxleben gewonnenen, Playoff-Finale sei der Knoten wieder geplatzt. »Darauf habe ich lange gewartet.« Janet Zeltinger hingegen sieht auch die Qualitäten der Kontrahenten als Ursache. Bei größeren Akteuren auf gegnerischer Seite hätten ihrem Team zu oft das Tempo im Passspiel und der nötige Abstand zur Defensive gefehlt. Daran wolle man im Blick auf die nächste Saison arbeiten. »Die Spieler wollen ja nicht schlecht werfen.«Ein zusätzliches Handicap war die vorzeitige Trennung vom britischen Weltmeister Ghazain Choudhry vor wenigen Wochen. »Wir machen ihm da gar keinen Vorwurf. Es hat einfach nicht funktioniert«, blickt Manager Joneck ohne böse Worte zurück. »Jetzt müssen wir uns zur neuen Saison gut ergänzen und verstärken.« Und vielleicht auch den bislang zwölften Platz im Kader besetzen, der aus wirtschaftlichen Gründen zuletzt frei geblieben war.

Optimistisch macht die RSV-Verantwortlichen auch, dass etliche Team-Mitglieder eine sehr positive Entwicklung genommen haben. Allen voran der junge, vor dieser Saison verpflichtete Nationalmannschaftscenter Matthias Güntner. Seine 27 Punkte im letzten Spiel in Nimwegen gegen Madrid unterstreichen dies. Aber auch Quinten Zantinge hat sich in seinem zweiten Jahr bei Lahn-Dill deutlich verbessert. »Er hat eine sehr starke Verteidigung gespielt«, bescheinigt Janet Zeltinger dem jungen Holländer. Was auch für Catharina Weiß gilt, die nun schon seit drei Spielzeiten das Trikot der Mittelhessen trägt und zur Leistungsträgerin avanciert ist.

Die Cheftrainerin nimmt zudem Thomas Böhme in Schutz, der trotz seiner meist freundlich-stoischen Miene des Öfteren mit seiner persönlichen Wurfausbeute stark gehadert haben dürfte. »Er hat schwere Phasen gehabt. Aber er spielt immer eine starke Verteidigung und ist für uns in vielen Bereichen wichtig«, beschwichtigt Zeltinger.

Die Personalgespräche laufen derzeit beim RSV, erste Ergebnisse sollen in den nächsten Tagen bekannt gegeben werden. Fest steht schon, wann es weitergeht. Da die Europameisterschaften in Rotterdam erst am 20. August enden, wird auch erst Ende September wieder das Training beim RSV Lahn-Dill aufgenommen. Dann soll das Glas wieder ordentlich gefüllt werden.

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