Das kleine Wunder von Krofdorf

Gießen (cnf). Nach Rang drei und zwei in den beiden vorausgegangenen Spielzeiten sicherten sich die Korbjägerinnen des TSV Krofdorf-Gleiberg vorletztes Wochenende die Meisterschaft in der Basketball-Oberliga. Und das sogar zwei Spieltage vor Ablauf der Saison. Ein waschechter Coup der Wettenbergerinnen, die an einen möglichen Regionalliga-Aufstieg zu Beginn der Runde nicht einmal gedacht hatten - ganz im Gegenteil.
Mitte August, verrät Aufstiegscoach Ralf Neumann, habe man innerhalb des Teams ganz andere Sorgen gehabt. »Wir wollten schon zurückziehen, weil wir nur sechs Leute hatten«, berichtet der Trainer rückblickend. Der Spielerin Lena Riedel war es zu verdanken, dass es anders kam: Via Instagram startete die aktuelle Topscorerin (16,3 PpS) einen Aufruf und machte dadurch Eva van Bonn, die auch prompt anheuerte, auf den Club aufmerksam. »Dann waren wir immerhin schon mal sieben Spielerinnen«, so Neumann, der in Anbetracht des damals schmalen Kaders den Trainingseifer und die Trainingsintensität seiner Spielerinnen lobt: »Die haben wirklich hart trainiert, selbst wenn wir nur mal drei, vier Personen im Training waren. Sie haben sich auch individuell weiterentwickelt. Das sieht man heute auch an den Statistiken: In den Top-Elf beim Scoring in der Liga stammen vier Spielerinnen von uns.«
Der Kader füllt sich nach und nach
Von weiterem Verletzungspech blieb der TSV in der Folge erstmal verschont, stattdessen kehrte Anna-Lena Erb im Oktober und nach überstandener Kreuzbandrissverletzung ins Aufgebot zurück, ebenso die von einem Kanada-Trip heimgekehrte Louisa Bauer. Dennoch kam es auch mal vor, etwa gegen den BC Wiesbaden, dass nur fünf Spielerinnen verfügbar waren. Erwähnenswert: Auch solche Spiele entschieden die Krofdorferinnen durchaus für sich.
Im Januar verstärkten sich die Wettenbergerinnen noch einmal: Vom Zweitligisten Bender Baskets Grünberg schloss sich Linn Villwock der Truppe an. »Sie war das letzte Puzzleteil, nur leider hat sie sich dann das Kreuzband gerissen«, sagt Ralf Neumann. Dass sein Team indes kein Sorgenkind mehr sei, weit entfernt war von einem Rückzug oder gar den Abstieg, sei allen erst nach und nach bewusst geworden. Mit dem 84:67-Erfolg beim TV Babenhausen, dem letzten Pflichtspiel vor der Weihnachtspause, katapultierten sich die Krofdorferinnen im Klassement nach ganz. »Dann haben wir gesehen: Wir stehen auf dem ersten Platz. Keiner wusste wie, aber den wollten wir nicht mehr abgeben«, erinnert sich Neumann. Das gelang auch. Die anschließenden fünf Spiele entschied der TSV allesamt für sich - die Krönung erfolgte Mitte Februar, am 16. Spieltag, mit einem 59:56-Erfolg gegen Wiesbaden.
»Ich freue mich riesig für die Mädchen«, betont Ralf Neumann, der vor vier Jahren zu seinem Heimatverein zurückgekehrt war. Damals hatte er die Krofdorfer Landesliga-Mannschaft übernommen, hatte mit dieser den Aufstieg gewuppt, parallel wäre die erste Garde in der Oberliga eigentlich in die Landesliga abgestiegen. Dank der Landesliga-Meisterschaft musste der TSV aber nicht den Gang nach unten antreten. In den drei anschließenden Spielzeiten saß Neumann auf der Krofdorfer Oberliga-Trainerbank - die weitere Entwicklung ist nun Geschichte. »Vom Absteiger zum Tabellenersten«, freut sich der Übungsleiter.
Ungeklärte Aufstiegsfrage
Ein Schlüssel zum Erfolg? »Wir haben eine Teamchemie, die unfassbar gut ist. Die Mädels machen auch untereinander immer mal wieder was zusammen«, berichtet Neumann, der ferner große Lobe für die Arbeit der TSV-Teammanagerin Anna Wagner sowie für seinen Co-Trainer Tim Arabin ausspricht. Auch für sich persönlich freut sich Neumann, dass er seinem Verein, dem er seit seinem jungen Erwachsenenalter angehört, etwas zurückgeben kann. »Ich habe in Krofdorf tolle Freunde gefunden und es ist schön, dass ich etwas zurückgeben darf. Krofdorf ist mein Heimatverein, hier habe ich angefangen, Basketball zu spielen, und hier will ich auch aufhören.«
Einzig etwas bedauerlich, kommentiert der in Dorlar lebende Trainer, sei, dass »vom Vorstand noch nichts kam«, nachdem der Titelgewinn in Stein gemeißelt war. Entsprechend habe man intern auch noch nicht über die Eventualitäten und Meinungen eines Regionalliga-Aufstiegs gesprochen. Ralf Neumann möchte sich hinsichtlich seiner persönlichen Tendenz noch bedeckt halten, erklärt aber auch: »Am Ende entscheidet das natürlich die Mannschaft.«
Erst einmal werde sich der TSV aber auf die letzten beiden Pflichtspiele der Saison konzentrieren: »Die nehmen wir natürlich auch ernst.« Ebenso ernstgenommen werden beim Überraschungsmeister aus Wettenberg aber freilich auch die weiteren Aufstiegsfeierlichkeiten. »Wir haben eine ganz große Feier geplant, die wird es noch geben - aber die Mädels feiern natürlich auch jetzt schon.«