»Das Maximale herausholen«
Wetzlar (tis). Markus Schwarz und Martin Weber leben die Kooperation im Jugend-Handball zwischen dem TV Hüttenberg und der HSG Dutenhofen/Münchholzhausen vor wie kaum einer sonst in ihren Vereinen. Dabei haben sie immer wieder, sei es intern oder extern, auch mit Widerständen zu kämpfen. Diese Zeitung hat den Jugendwart Schwarz (TVH) und das Vorstandsmitglied Weber (HSG) mit fünf Thesen konfrontiert.
Das Duo gab bereitwillig Auskunft.
These 1: Durch die Fusion bleiben Kinder der drei Stammvereine auf der Strecke.
Markus Schwarz: Nein. Denn wir bieten nicht nur Leistungs-, sondern auch Breitensport an. Wer also in unteren Klassen auf Bezirksebene spielen möchte, kann das bei uns tun. Im Übrigen ist es doch so: Wenn wir nicht versuchen würden, leistungsbezogenen Handball anzubieten, würden wir jene Talente, die genau das wollen, verlieren, und die Kinder und Jugendliche, die bei uns bleiben, würden auch dann in Ligen spielen, in denen sie jetzt zu Hause sind. Für sie ändert sich also nichts.
Martin Weber: Wir bieten bewusst Leistungssport an, aber wir müssen und werden weiterhin auch ein Angebot für den Breitensport haben. Ich möchte eine Gegenthese aufstellen: Schaffen wir es, bei den Kindern samt Eltern für Enthusiasmus zu sorgen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie den Vereinen die Treue halten. Das gilt auch für die Spitzentalente, die dann hier in der Region bleiben und nicht zwangsläufig auf ein Internat wechseln müssen, um später Bundesliga- und vielleicht auch Nationalspieler zu werden.
These 2: Die Fusion ist die einzige Chance, um nach wie vor Bundesliga-Handball in der Jugend und bei den Männern erleben zu können.
Weber: Das sehe ich so, ja. Zuerst kommt das grundsätzliche Interesse und der Spaß am Handball, danach können Spitzensportler aus der Region für die beim Zuschauer und den Sponsoren notwendige Identifikation mit einer Mannschaft sorgen, unabhängig von der Spielklasse. Wir müssen es schaffen, dass wir für unsere heimischen Talente während ihrer Jugendzeit, aber auch im Aktivenbereich, attraktiv bleiben. Wir sind eine Handball-Region und sollten es auch bleiben.
Schwarz: Diese These würde ich bejahen. Ansonsten geht es uns wie bei den Frauen. Hier konnten die ständig steigenden Anforderungen an den Leistungshandball - aus welchen Gründen auch immer - leider nicht mehr gestemmt werden. Talente wandern deshalb in die Leistungszentren ab oder haben es schon getan. Eine Folge daraus ist, dass dass wir schon lange keinen Erst- oder Zweitligisten und durch den Abstieg von Kleenheim nun auch - mit Ausnahme von der HSG Gedern/Nidda - keinen Drittligisten mehr haben.
These 3: Die Fusion ist nur eine Zweckehe, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Weber: Die Kooperation der beteiligten Stammvereine ist eine wohlüberlegte Entscheidung. Wir denken weitsichtig und nicht von Saison zu Saison. Ich würde daher definitiv nicht von einer Zweckehe sprechen, sondern von einer strategischen Partnerschaft. Dabei entstehen auch manchmal Reibungspunkte, die uns aber nicht davon abhalten, in der Sache zusammenzustehen.
These 4: Die nächsten logischen Schritte sind weitere Verbesserungen der Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel das Jugendzertifikat oder eine weitere Halle.
Schwarz: Eine weitere Halle wäre natürlich ein Traum, aber das ist unrealistisch. Das Jugendzertifikat ist nicht unser Anspruch. Das sollen die Bundesligisten erwerben, wir haben ein anderes Konzept. Wir wollen mit unserem Angebot das Maximale herausholen. Das Team hinter dem Team ist sehr gut aufgestellt. Wir haben die nötigen Kräfte dafür.
Ein weiterer Schritt muss es sein, mit der Industrie und der Wirtschaft zusammenzuarbeiten, um einen Spieler auch eine Perspektive hier auf dem Arbeitsmarkt zu geben, damit er eben nicht die Region verlässt. Auf der anderen Seite bekäme das heimische Unternehmen eine gut ausgebildete Fachkraft. Es wäre eine Win-Win-Situation für beide Seiten.
Weber: Es ist kein Geheimnis, dass wir im finanziellen Bereich gerne stärker aufgestellt wären. Daher muss es unser Ziel sein, die Marke »Mittelhessen Youngsters« nachhaltig zu etablieren. Das Jugendzertifikat der Handball-Bundesliga spielt dabei gegenwärtig in unseren Bestrebungen keine Rolle.
These 5: Durch die Fusion sparen die Vereine Kosten bei der Nachwuchsarbeit.
Schwarz: Genau das ist nicht der Fall. Im Gegenteil: Wir haben den finanziellen Aufwand, gerade im personellen Bereich, noch einmal erhöht. Es wird kein einziger Cent gespart. Ein Beispiel: Für eine Auswärtsfahrt nach Aue brauchen die Vereine nur noch einen Bus mieten statt zwei. Doch das Geld, das wir dadurch sparen, investieren wir sofort wieder.
Ich stelle daher eine Gegenthese auf: Wären unsere Kosten weniger geworden, könnten wir auch keinen Leistungssport mehr anbieten.