Der Sturm ist nun komplett

Frankfurt. Der nächste Neue kommt: Lucas Alario (29) wird einen Drei-Jahres-Vertrag bei Fußball-Bundesligist Eintracht Frankfurt unterschreiben. Zum obligatorischen Medizintest war er am Freitag nach Frankfurt gekommen. Die Ablösesumme mit Bayer Leverkusen ist ausgehandelt. Demnach müssen die Frankfurter zunächst fünf Millionen Euro als Sockelbetrag an den »Werksklub« überweisen, weitere Zahlungen sind an Einsatzzeiten des argentinischen Nationalspielers gekoppelt.
Nach Randal Kolo Muani (FC Nantes) und Faride Alidou (Hamburger SV) ist Alario der nächste Stürmer, den die Eintracht sich leistet. Insgesamt hat Sportvorstand Markus Krösche nun schon acht Neuzugänge verpflichtet.
Im Angriff ist die Eintracht nun außergewöhnlich gut besetzt. Mit Muani und Alario werden dem Europacup-Helden Rafael Borré zwei weitere Klassespieler zur Seite gestellt. Mit Vorlagen gefüttert werden soll das Trio in erster Linie von Mario Götze. Aber auch Daichi Kamada steht ja noch unter Vertrag, natürlich auch die Außenspieler Filip Kostic und Ansgar Knauff sowie Senkrechtstarter Jesper Lindström, der sowohl in der Spitze als auch im offensiven Mittelfeld eingesetzt werden kann. Genau wie sein Kollege Jens-Petter Hauge. Nicht viele Bundesliga-Clubs haben so viele gute Offensivspieler wie die Eintracht in ihren Reihen.
»Hinti« hinterlässt große Lücke
Aber was passiert im defensiven Bereich? Auf der Sechserposition sucht die Eintracht nach Verstärkung. Und in der Abwehrkette muss sie suchen, nachdem Martin Hinteregger seine Karriere beendet hatte. Bei all dem Getöse rund um Hintereggers Rücktritt sind die sportlichen Belange genauso in den Hintergrund getreten wie die menschlichen. Dass die Eintracht mit »Hinti« einen der wichtigsten Spieler der vergangenen Jahre verloren hat, ist vielen wohl erst nach dem abschließenden Gespräch zwischen Spieler und Verein aufgefallen. Die Lücke, die er reißt, wird nur schwer zu schließen sein. Und sollte Evan Ndicka wie geplant noch verkauft werden, haben sich die Frankfurter in diesem Mannschaftsteil jetzt deutlich verschlechtert, denn Neuzugänge wie Jerome Onguéné und Hrvoje Smolcic sind zunächst eher Ergänzungen als Verstärkungen. Krösche wird also ähnlich wie für die angreifende auch für die abwehrende Abteilung einen Spieler aus dem oberen Regal holen müssen.
Fehler liegen auch bei der Eintracht
Die Causa Hinteregger sollte den Club - der seit Wochen auf einer Euphoriewelle surft, die ihresgleichen sucht - auch zum Nachdenken zwingen. Denn nicht nur Hinteregger hat zuletzt Fehler an Fehler aneinandergereiht, die in aller Ausführlichkeit in der Öffentlichkeit beschrieben wurden. Auch die Eintracht ist nicht frei von Schuld. Wer das Abschiedsinterview des Publikumslieblings auf dem vereinseigenen Kanal gesehen hat, muss sich Sorgen um den 29-jährigen Fußballer machen. Da wirkte einer zum einen überfordert von all dem, was er selbst angerichtet hat und was auf ihn eingestürzt war, zum anderen aber auch erleichtert, dass er alles hinter sich hat.
Deutlich wurde, dass Hinteregger Hilfe braucht. Und schon länger gebraucht hätte. Das haben alle schon lange gewusst. Aber weder beim Club, noch bei seinem Berater, und auch nicht beim österreichischen Fußball-Bund hat er diese offenbar gefunden. So hat die Eintracht, die rund um die Mannschaft bald zwei Dutzend Mitarbeiter beschäftigt, von Trainern über Betreuer und medizinisches Personal bis hin zu einem »Potential-Coach«, es nicht geschafft, in den letzten Wochen mit Hinteregger persönlich ins Gespräch zu kommen. Selbst wenn der das eher nicht wollte, wäre es die Pflicht des Arbeitgebers gewesen, sich zu kümmern - vielleicht mit einem Besuch in seiner Heimat. Jetzt ist ein vorläufiger Schlussstrich gezogen. Schmerzhaft für alle.