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Der Tabellenführer kommt

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Von: Alexander Fischer

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Zu Gast in der Osthalle: Ty Harrleson mit seinen Mannen von Rasta Vechta. Foto: Imago © Imago

Gießen. »Training? Vorbereitung auf den nächsten Gegner? Konzentration?« Branislav Ignjatovic muss schmunzeln, wenn er die letzten Tage Revue passieren lässt. »Ich habe bald mehr Fragen zu unserer wirtschaftlichen Situation als zu unserem Hauptrundenabschluss beantworten müssen«, weiß der 56-Jährige, dass die in dieser Zeitung exklusiv veröffentlichen Aussagen eines Basketball-Insiders zu den finanziellen Sorgen der Gießen 46ers für viel Wirbel gesorgt haben.

Gießen 46ers - Rasta Vechta (Samstag, 19.30 Uhr)

»Ich hoffe, dass alle Betroffenen die richtigen Schlüsse aus dieser Geschichte ziehen. Wir jedenfalls wollen für den Verein weiter alles geben. Was sich hinter den Kulissen tut, können wir sowieso nicht beeinflussen«, versucht der Cheftrainer den Fokus seiner Jungs ganz auf den Samstag (19.30 Uhr) und das letzte Duell der regulären Saison gegen Tabellenführer Rasta Vechta zu lenken.

Was auch nötig sein wird, denn mit den Niedersachsen kommt nicht nur das laut Ignjatovic »einzige Team der ProA, das wahrscheinlich sportlich und wirtschaftlich überhaupt in der Lage ist, in die Basketball-Bundesliga aufzusteigen«, sondern auch der aktuelle Tabellenführer der ProA in die Sporthalle Ost.

Mit 54 Punkten hat sich der Ex-Erstligist, der zwischen 2014 und 2021 insgesamt fünf Spielzeiten in der Beletage verbrachte, vor den Tigers Tübingen (50) den allerdings wertlosen Hauptrunden-Titel gesichert. Zu Hause blieb Vechta in allen 17 Partien ungeschlagen, so auch am 11. Dezember beim allerdings erst am Ende klaren 96:89 gegen die 46ers. In der Fremde feierten die »Rasta-Zöpfe« zehn Siege bei sechs Niederlagen, woraus »Frenki« Ignjatovic Hoffnung schöpft. »Die Liga ist ausgeglichen. Jeder kann jeden schlagen.«

Das letzte Hauptrundenspiel kommt für die Truppe von der Lahn dabei einem kleinen Finale gleich. Dieses hätte Ignjatovic seiner Mannschaft gerne erspart, aber die letzte 82:97-Pleite bei den Kirchheim Knights hat die 46ers unnötigerweise wieder unter Druck gesetzt. Mit einem Heimsieg über Vechta müssten die 46ers nicht auf andere Schauplätze blicken und könnten den vierten Rang wie auch das dazugehörige Heimrecht im Playoff-Viertelfinale eintüten.

Sollte Gießen verlieren, sind verschiedene Szenarien möglich: Bei einer Niederlage von »Frenkis« Mannen bei gleichzeitigem Sieg der Artland Dragons (gegen die noch in Richtung Platz acht schielenden Sparkassenstars Bochum) und der Dresden Titans (bei den bereits geretteten WWU Baskets Münster) wären die Sachsen aufgrund des besseren Dreiervergleichs die lachenden Dritten.

Sollten nur die »Drachen« erfolgreich sein, hätten lediglich die Niedersachsen das Heimrecht ergattert, weil sie aktuell gegenüber den 46ers die bessere Korbdifferenz aufweisen. Wären die Dresden Titans die einzig siegreiche Mannschaft, blieben dennoch die 46ers aufgrund des direkten Vergleichs auf dem vierten Platz.

Die Rechenspiele außer Acht gelassen, kommt für die 46ers im Duell mit dem Spitzenreiter erschwerend hinzu, dass sie auf Center Enosch Wolf verzichten müssen. Der Big Man wechselte während im Winter aus Vechta kommend an die Lahn. Rund um den Transfer einigten sich beide Clubs darauf, dass in direkten Begegnungen ein Einsatz des 2,15-Meter-Hünen nicht gestattet ist. »Er hat seinen Job erledigt und mitgeholfen, uns in die Playoffs zu führen«, weiß »Frenki« Ignjatovic, dass die 46ers ihr Saisonziel längst erreicht haben.

So sind Stefan Fundic und Igor Cvorovic die beiden einzigen verfügbaren Korbbeschützer im Gießen Team. Das Duo bekommt es mit einem äußerst dominant auftretenden Frontcourt-Akteur zu tun. US-Power Forward Tajuan Agee bringt ein starkes Gesamtpaket aus im Schnitt 16 Punkten, acht Rebounds und drei Assists mit in die Osthalle. Neben ihm ist Joel-Sadu Aminu mit ebenfalls 16 Zählern ein weiterer Topscorer. Der tiefbesetzte Kader weist mit 49,3 Prozent die beste Trefferquote aus dem Feld auf. Auch aus der Mitteldistanz (58 Prozent) oder vom Perimeter (37 Prozent) wissen die Niedersachsen zu überzeugen. Selbst in der Verteidigung packen sie für gewöhnlich kräftig zu. 277 Balleroberungen und 1220 Rebounds stehen für sie zu Buche. Beides sind Topwerte in der ProA.

Die bereits erwähnte Kadertiefe des Teams von US-Headcoach Ty Harrelson, der nicht nur sechs US-Importe, Julius Wolf, den Bruder von 46ers-Center Enosch Wolf, sowie den einst meist für die Gießen Rackelos aktiven Leon Okpara in seinen Reihen weiß, untermauern Akteure wie Small Forward Ryan Schwieger (15 Zähler) oder Shooting Guard Andrew Jones (10). Aber auch die deutschen Spots sind mit Joschka Ferner (8) oder Julius Wolf (6) qualitativ hochwertig besetzt.

Ob alle Rasta-Stars in der Osthalle auflaufen werden, ist indes noch mit einem großen Fragezeichen versehen. »Vielleicht deckt mein Kollege im Hinblick auf ein mögliches Playoff-Halbfinale gegen uns nicht alle Karten auf, vielleicht schont er auch den einen oder anderen seiner Spieler«, ist sich »Frenki« Ignjatovic unsicher, betont aber auch: »Wir müssen auf uns schauen und wollen die Fans wie fast immer in der Osthalle begeistern.« Wenngleich ihn die Offenlegung finanzieller Probleme wenig erfreut hat …

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