»Die Stimmung war der Hammer«

Heuchelheim. Eine Stimmung, wie man sie seit über zehn Jahren nicht mehr in der Sporthalle Heuchelheim erlebt hat. Die Landesliga-Handballer der Turn- und Sportfreunde machten am Sonntagnachmittag am letzten Spieltag den Klassenerhalt perfekt und brachten 300 Zuschauer zum Jubeln. Erheblichen Anteil daran hatte Linksaußen Felix Brühl, der starke neun Treffer dazu beisteurte.
Das Alles-oder-nichts-Spiel sah in der ersten Halbzeit noch so aus, als würde es bis in die letzte Minute spannend bleiben. Heuchelheim fand wenig Mittel gegen die massive Defensive der Gäste, der HSG Hochheim/Wicker, der man im Hinspiel deutlich mit 31:38 unterlegen war. So kam es, dass die TSF am Sonntag in Minute 14 erst den vierten Treffer erzielten. Brühl war es, der zum 4:7 verkürzte. Im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit kam lediglich ein weiterer Treffer auf sein persönliches Konto hinzu, sein Team immerhin aber auf ein Tor heran.
»In der Halbzeitpause haben wir uns klar gemacht, dass weitere 30 Minuten dieser Art bedeuten, dass wir absteigen. Das wollten wir unbedingt vermeiden. Und das war Motivation genug«, so der 27-Jährige. Sieben weitere Treffer gelangen ihm, seine Mannschaft gewann den zweiten Durchgang mit 20:14 und machte den Klassenerhalt perfekt.
»Sportlich gesehen einer der schönsten Erfolge«, schwärmt Brühl rückblickend. Ein Erfolg, den er mit einem weiteren gleichstellt: Acht Jahre lang trainierte er bei seinem Jugendverein TSG Münster die Junioren, unter anderem auch seinen kleinen Bruder Filip. Dieser spielt nun bei der HSG Rodgau Nieder-Roden in der 3. Liga. Seinen Teil dazu beigetragen zu haben, erfüllt Felix Brühl mit Stolz.
Er selbst spielte von der D- bis zur A-Jugend beim südhessischen Club, danach auch bei den Aktiven, dann zog es ihn nach Oberursel. Zwei Jahre spielte er dort in der Landesliga, es folgte ein Angebot der TSG Offenbach-Bürgel. Somit steht auch ein Jahr Oberliga in der Vita Brühls. Doch: »Dann habe ich mir das Sprunggelenk ausgerenkt und fiel neun Monate aus«. Punkt. Verletzungen, wie schwerwiegend und langwierig sie auch sein mögen, gehören leider zum Sport dazu. Doch es folgte etwas Außergewöhnliches: Corona. Die Pandemie ließ alle Sportveranstaltungen über anderthalb Jahre ruhen.
Brühl aber nutzte die Pause, zog 2020 nach Marburg und meldete sich bei den TSF an. Mittlerweile baut er in der Universitätsstadt zusammen mit seiner Verlobten ein Haus, im Juli wird geheiratet.
»In Heuchelheim habe ich einen Verein gefunden, bei dem ich glücklich bin. Zum ersten Mal habe ich so richtig Spaß am Handball«, beschreibt der großgewachsene Linksaußen die Mannschaft, in der er auch seinen Trauzeugen kennenlernte. Rückraumspieler Niko Hoffmann wird in wenigen Wochen die Aufgabe haben, dass am Hochzeitstag alles glatt läuft.
Weniger glatt lief die Rückrunde der Turn- und Sportfreunde dieser Saison. Nach einer ordentlichen Hinrunde sah es nicht danach aus, als hätte man Abstiegssorgen. Aufgrund von zwei schwerwiegenden Verletzungen im Rückraum geriet das Team jedoch in eine Abwärtsspirale. Griedel und Goldstein/Schwanheim konnte man zuhause noch besiegen, dann folgten acht Spiele ohne Sieg. Plötzlich erwachte das Abstiegsgespenst doch noch einmal. Die Fans aber glaubten an die Mannschaft und trommelten sie zum Sieg im Entscheidungsspiel vergangenen Sonntag.
Zweitbester Schütze seines Teams
»Die Stimmung war der Hammer! Gerne wieder«, freute sich Brühl nach dem Spiel über die Fans. Mit 95 Saisontoren in 23 Spielen, lediglich drei verpasste die Nummer 15 diese Runde, steht er Mannschaftsintern auf dem zweiten Platz und wird nur von seinem Trauzeugen übertroffen (123).
Aber eine Frage bleibt noch aus. Wieso hat Brühl nur neun Treffer erzielt? Jeder weiß doch, dass ab zehn Toren in einer Partie eine Kiste Bier für die Mannschaft fällig wird. Doch einer Antwort bleibt er schuldig, stattdessen lacht er nur. Ist auch nicht weiter schlimm. Der wichtigste Sieg der Saison wurde am Sonntag auch ohne seine Kiste gebührend gefeiert. Von der Mannschaft. Und von den Fans. Von so vielen, wie seit über zehn Jahren nicht mehr.
Felix Brühl (TSF Heuchelheim)