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Ein Auf und Ab

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Von: Christian Németh

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Im stetigen Wechsel wird auf dem Rasen des 1. SC Sachsenhausen in der Gießener Weststadt mal A- und mal B-Liga gespielt. Foto: PeB © PeB

Gießen (cnf). Der 1. SC Gießen-Sachsenhausen überwintert in der Fußball-Kreisliga B 1 auf dem siebten Tabellenplatz. 15 von 33 möglichen Zählern hat das Team um Trainer Steffen Tafferner bislang geholt. Die Aufstiegsränge sind bereits ein Stückchen in die Ferne gerückt, ganz oben thronen die beiden städtischen Kontrahenten Hellas sowie der FC Besa.

In die Restrunde steigt der 1. SC am 5. März ein, dann wartet auswärts die SG Kinzenbach II. Was die Saison noch bringen kann und wird, wird sich dann nach und nach, Wochenende für Wochenende, herauskristallisieren.

Geht es nach Claus Opfermann (79), dem aktuell zweiten Vorsitzenden, Schriftführer sowie waschechten Urgestein des Klubs, dann ist die Marschroute für die kommenden Wochen klar: »Ich hoffe natürlich, dass uns die Rückrunde noch etwas nach vorne bringen wird.«

Mittelfristig hofft Opfermann, der den SC seit der Geburtsstunde des Vereins kennt und begleitet, dass Sachsenhausen in die Gießener A-Liga zurückkehren kann. Vielleicht sogar schon in der kommenden Runde: »Wenn ich so auf unseren rein fußballerischen Bereich blicke, dann sind wir eigentlich schon guter Hoffnung, dass, sofern es reibungslos weiterläuft, wir den Aufstieg spätestens in der nächsten Saison hinbekommen können. Die A-Liga ist das, was wir momentan auf Dauer anstreben, da sehen wir uns eigentlich zuhause.«

Claus Opfermann, der auch noch mit fast 80 Lenzen für seinen Klub brennt, hat schon so manchen SC-Aufstieg miterlebt. Freilich war er auch bei der Gründung der Seniorenfußballabteilung der Gießener dabei - 1979 war das. Nur zehn Jahre zuvor hatte der Verein selbst das Licht der Welt erblickt, hervorgegangen war dieser allerdings aus dem Sportangebot der Bürgervereinigung Sachsenhausen.

Neben dem Aushängeschild des SC, die Damen-Gymnastik-Gruppe, kümmerte man sich bereits frühzeitig um eine vor allem anfänglich recht erfolgreiche fußballerische Jugendarbeit. Diese leitete zu diesem Zeitpunkt vor allem Opfermann, der 1977 sogar für seinen Klub und dessen Fußball-Jugend den Europapreis der einstigen Stadt Lahn vom damals amtierenden Bezirksvorsteher Volker Bouffier entgegennehmen durfte.

Für ein Jahr Gruppenligist

Noch heute merkt man Opfermanns Herzblut für die SC-Jugend - die Gießener E-Junioren holten übrigens 1973 den ersten Vereinstitel überhaupt - an. Rückblickend erklärt er: »Die Jugendarbeit, das waren für mich immer die schönsten Momente. Über 20 Jahre lang war ich Trainer in dem Bereich - und wenn ich die Kinder von damals heute als über 50-Jährige wiedersehe, dann ist das einfach immer eine schöne Sache. Die Jugendarbeit, das war halt mein Hobby - als die Senioren aktiv wurden, dann habe ich mir das immer gerne angeschaut, aber so ganz war es nicht mein Ding. Dafür hatten wir dann eben andere Leute, die das auch perfekt gemacht haben.«

Die SC-Senioren feierten ebenfalls so manchen Erfolg, etwa 1989 den Aufstieg in die A-Liga zum 20-jährigen Vereinsjubiläum. Es folgte die Beförderung bis in die damals neu gegründete Bezirksliga Alsfeld (1990/91), berichtet Opfermann, für dessen Klub ferner der Aufstieg in die Gruppenliga Gießen/Marburg im Jahr 2011 noch einmal ein ganz besonderes Highlight gewesen sei. »Da fehlte dann aber auch einfach das Geld«, berichtet der SC-Macher rückblickend. Nach nur einem Jahr musste sich Sachsenhausen schon wieder aus der Gruppenliga verabschieden und pendelte in den nachfolgenden Jahren, bis heute, meist zwischen der A- und B-Klasse hin und her.

Auch heute noch verfügt der 1. SC über eine zweite Garde, die in der Reserve-Liga aktiv ist, hier aber bislang erst auf einen Sieg bei fünf Niederlagen in der laufenden Runde kommt. »Unsere Reservemannschaft bewundere ich, dass sie trotz ihrer Misserfolge immer wieder weiterspielen. Das macht Hoffnung«, bekundet Opfermann, der sehr froh über den langjährigen SC-Cheftrainer Steffen Tafferner ist, wie er sagt: »Er ist einfach ein Glücksfall für den Verein. Man muss heute ja überhaupt erstmal einen finden, der unter den ganzen Voraussetzungen arbeitet - und das über Jahre.«

Was Claus Opfermann mit den schwierigen Voraussetzungen meint? Generell, so beobachtet er, sei es immer schwerer Leute für den Verein, die Vereinsarbeit oder den Fußball zu motivieren. Die Pandemie habe diesen Umstand nicht einfacher gemacht. »Das sieht man aber natürlich auch bei vielen anderen Vereinen«, erklärt der langjährige SC-Funktionär, der sich persönlich vor allem zwei Dinge wünscht: »Dass sich einfach wieder ein paar mehr Leute finden, die mitarbeiten - und dass außerdem die Jugendarbeit die Entwicklung nimmt, die wir uns erhoffen.« Schön wäre es, so Opfermann, wenn man im kommenden Jahr wieder durchgehend durch alle Altersklassen eine Jugendmannschaft stellen könnte. Derzeit fehle etwa noch eine A-Jugend.

Ansprechende Mitgliederzahlen

Ein paar Probleme, fährt Claus Opfermann fort, habe man ferner bei der Nutzung der Sportanlage Gießen West im Gleiberger Weg. »Offiziell ist das eine Schulsportanlage und vor 18 Uhr ist kein Sport auf der Anlage möglich unter der Woche«, weiß der zweite Vorsitzende, der aber im Gegenzug auch betont: »Zum Glück pflegen wir einen guten Kontakt zum Sportamt, daher funktioniert das dann doch relativ reibungslos.«

Froh ist Opfermann derweil, dass man bis heute als Verein seine Eigenständigkeit bewahren konnte und etwa im Fußball noch nicht den Gang in eine Spielgemeinschaft antreten musste. Derzeit verfügt der 1. SC Sachsenhausen über 280 bis 300 Mitglieder. Eine Anzahl, die natürlich weit von den rund 800 Mitgliedern zu den Hochzeiten des Klubs entfernt ist, mit der Claus Opfermann Stand heute aber dennoch nicht ganz unzufrieden wirkt: »Das waren früher eben wirklich ganz andere Zeiten.«

Bei allem historischen Rückblick: Ob Opfermann ansonsten den 1. SC Sachsenhausen-Gießen als »Kiezklub« in der Weststadt betrachtet? Etwas nachdenklich erklärt er: »Wir hatten vielleicht das Pech, dass wir in unserem Stadtteil immer zwei, später sogar drei fußballtreibende Vereine hatten. Der ASV war ja auch schon vor uns aktiv. Allerdings hatten wir unser Potenzial immer bei vielen Neubürgern, die zu uns gekommen sind - und zu unseren besten Zeiten hatten wir natürlich auch deutlich mehr Zuschauer als jetzt. In der Anfangszeit haben bei uns auch noch viel mehr Eigengewächse gespielt, da war das Interesse folglich auch nochmal größer.«

Und ob Claus Opfermann mit seiner Erfahrung sagen würde, dass heute alles schwieriger, komplizierter oder gar schlechter sei im Fußball? Der sympathische SC-Mann antwortet erfrischend versöhnlich, sogar etwas optimistisch: »Ich betrachte das seit über 50 Jahren mit dem Fußball. Es ist eine Wellenbewegung, immer ein auf und ab. Ich denke eher, dass es etwas höher, nach oben gehen wird.«

Ob Durchgangsstation, Betriebsunfall oder mit der Klasse längst verheiratet: Obwohl die B-Liga den tiefsten Punkt des Fußballkreises Gießen darstellt, ist sie längst kein sportlicher Tiefpunkt. Ob Blau-Weiß, Schwarz-Weiß, die Freie TSG, der ACE oder sogar Sachsenhausen und der TSV Rödgen: Bei all den Traditionsvereinen, die in der Saison 2022/23 klamm und heimlich gen A-Liga schielen, schnalzt so manch Alteingesessesener mit der Zunge. Auch Vereine wie der FC Besa, Hellas oder (Rückkehrer und Neu-Starter) Grüningen sind längst keine Unbekannten mehr. Grund genug, den Klubs, die mit ihrer ersten Senioren-Mannschaft an den Start gehen, in dieser Serie eine größere Bühne zu geben.

(dhn)

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