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Ein erster Schritt

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Stuttgart/Wetzlar. Erst ganz zum Schluss, als die Messe quasi schon gelesen war, schlotterten noch einmal kurz die Knie. Doch als Egon Hanusz den letzten Wurf des Spiels über den Kasten gesetzt hatte, entlud sich bei der HSG Wetzlar die ganze Anspannung der vergangenen punktlosen Monate. Die Spieler tanzten samt Betreuer »Migge« Rühl freudetrunken im Kreis, der Trainerstab ballte unisono die Faust und oben auf der Tribüne ließen auch die Fans der Gäste ihren Glücksgefühlen freiem Lauf.

Der 30:28 (18:11)-Erfolg beim TVB Stuttgart war »der erste Schritt für uns«, sagte Erik Schmidt wenige Minuten nach getaner Tat. »Wir müssen aber weitere machen. Nächsten Samstag gegen Minden gibt es für uns nur eins: zwei Punkte«, wusste der Kreisläufer, dass der Kampf um den Klassenerhalt in der Handball-Bundesliga noch nicht vorbei ist für ihn und die Mannschaft von Hrvoje Horvat. »Am Ende zeigt sich, wie schwer es ist, den Sack zuzumachen. Aber ich bin unheimlich froh, diese Punkte hier sind doppelt viel wert«, fiel dem Kroaten nach dessen erstem Punktspiel-Erfolg als Verantwortlicher auf der Bank der Mittelhessen mehr als ein Stein vom Herzen.

TVB Stuttgart - HSG Wetzlar 28:30

Dabei ließ der erste Blick auf die Aufstellung der Gäste nichts Gutes vermuten. Till Klimpke fehlte, stattdessen erschien Leonard Grazioli als zweiter Torhüter auf dem Bogen. Der Kapitän wiederum hütete zu Hause das Bett. »Gestern Fieber und stark erkältet«, klärte Björn Seipp von der Porsche-Arena aus schnell auf, warum der 24-Jährige den Weg in die Schwaben-Metropole nicht mit angetreten hatte. Was Klimpke dann via TV-Sender Sky und die mitgereisten Fans der Grün-Weißen in der mit 5141 Zuschauern gefüllten Halle zu sehen bekamen, kam jedoch einem fortschreitenden Heilungsprozess des »Patienten« HSG und für eine schnelle Gesundung des Keepers nahe.

Magnus Fredriksen kurbelte das Angriffsspiel an, Stefan Cavor nagelte entweder den Ball selbst in die gegnerischen Maschen oder packte sein lang vermisstes Assist-Händchen aus. Erik Schmidt schlug Lücken am Kreis, Emil Mellegard fand nach zwei frühen Fahrkarten auch den Weg zurück aufs Erfolgsgleis. Und über all diesen positiven Eindrücken thronte Domen Novak. Der Slowene ging vorne wie hinten mit seinen unermüdlichen Kampfgeist voran, ließ von der Siebenmeterlinie keinen Versuch aus und netzte in den ersten 30 Minuten insgesamt sechs Mal ein.

Da auch die gesamte Abwehr der Wetzlarer inklusive Anadin Suljakovic zwischen den Pfosten von Minute zu Minute mehr Selbstvertrauen tankte und Zugriff auf die Stuttgarter Rückraumreihe um Adam Lönn fand, lief es ab dem 5:5 (15.) wie am Schnürchen für den Tabellen-16. - daran änderte auch eine doppelte Zeitstrafe gegen den meckernden Filip Kuzmanovski kurz vor dem Seitenwechsel nichts.

Als die Spieler in die Kabine schritten, leuchtete ein 18:11-Vorsprung für die HSG von der Anzeigetafel. Und an dieser Führung sollte sich auch über nahezu die gesamte zweite Hälfte nicht viel ändern. Dem kleinen Tief, ausgelöst durch Paraden des nun im Stuttgarter Gehäuse stehenden Silvio Heinevetter, zum 24:20 (46.) folge postwendend wieder ein Hoch der Wetzlarer, die beim 30:23 (57.) endgültig den Fluch der vergangenen neun Partien ohne Zählbares vertrieben hatten. »Wir konntem dem Kampf der HSG nichts entgegensetzen. Gegen die Wetzlarer 5:1-Deckung haben wir zu wenig Druck aufgebaut«, wusste TVB-Trainer Michael Schweikardt.

Alleine die Art und Weise, wie die Vorderleute des glänznend aufgelegten Sujlakovic die Höhe des Erfolges wegwarfen, dürfte keinem in Reihen der HSG gefallen haben. »Jungs, wir haben gewonnen. Konzentriert euch, denn es geht um jedes Tor«, appellierte Horvat in seiner letzten Auszeit zwei Minuten vor Schluss an seine Spieler. »Irgendwie hatten wir Angst vorm Gewinnen«, sprach Erik Schmidt den Mitspielern aus der Seele. Alles in allem ging der Sieg der Grün-Weißen aber absolut in Ordnung, die Intensivstation in der Bundesliga ist erstmal verlassen.

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