»Eine völlig neue Erfahrung«

Wetzlar. Analyse von Vergangenem, aussichtsreiche Gespräche, neue Ideen, handfeste Vereinbarungen und Visionen, die auf Dauer keine Träumereien bleiben sollen: Beim FSV Hessen Wetzlar tut sich einiges! Auf dem Rasen, inzwischen aber auch hinter den Kulissen.
»Gerade im operativen Geschäft ist bei uns in den letzten Jahren viel liegengeblieben. Wir haben unseren Verein am Laufen gehalten, wir hatten aber für eine Weiterentwicklung schlicht und ergreifend keine Zeit und auch keine personellen Ressourcen«, gibt die 2. Vorsitzende Michaele Schäfer unumwunden zu und gewährt einen Einblick ins Innenleben des Frauenfußball-Regionalligisten, der sich künftig neu aufstellen möchte. Und als ersten Schritt mit Tino Wächter einen Mann präsentiert, der zwar kein offizielles Amt bekleidet und damit auch keinen Titel inne hat, der aber schon seit einigen Wochen tatkräftig für die Domstädterinnen aktiv ist.
»Ich kenne die beiden U16-Trainer Said Rahmani und Silvio Cistriani schon lange. Irgendwann haben sie mich angesprochen und gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, beim Frauenfußball einzusteigen«, redet der 55-Jährige von »einer völlig neuen Erfahrung. Wobei ich von Anfang an gesagt habe, dass ich niemandem etwas streitig machen und nichts an mich reißen möchte, dass ich aber gerne helfe, wenn es gewünscht ist.« Der zweifache Familienvater, der in Pohlheim wohnt und in Neuberg bei Hanau einen Heizungsbaubetrieb leitet, ist im mittelhessischen Fußball kein Unbekannter, auch wenn es einige Zeit still um ihn geworden war.
Bei den Watzenborner Teutonen war der gebürtige Jenaer schon 2. Vorsitzender, beim VfB 1900 Gießen fungierte er als Sportlicher Leiter. Beim FSV Hessen Wetzlar soll sich Tino Wächter, der noch nie ein Spiel seiner neuen Truppe live gesehen hat, nun verstärkt ums Marketing und ums Sponsoring kümmern, soll Werbepartner gewinnen und bestehende Partnerschaften pflegen.
»Wir suchen auch einen Sportlichen Leiter, da bin ich eng in die personelle Auswahl eingebunden«, berichtet der Mann, der schon einige Wochen lang seine Kontakte hat spielen lassen, ein Trainingslager für die U16 im April in Italien, dank seiner guten Beziehungen zu RB eines für die Regionalliga-Truppe Mitte August in Leipzig und im darauffolgenden Winter in England organisieren konnte sowie einen Thüringen-Aufenthalt für den Nachwuchs ins Auge gefasst hat.
Personalmangel
»Wir sind froh, dass sich Tino reinhängt. Einen Verein mit so wenigen Leuten ordentlich zu führen, hätten wir auf Dauer nicht mehr stemmen können«, weiß Michaele Schäfer, dass der langjährige Clubchef Tufan Yener aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden und auch Vorstandsmitglied Uli Schäfer nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Mitte Juli sind Vorstandswahlen beim FSV, »vielleicht«, so Michaele Schäfer, »ziehen wir die aber auch vor.«
In jedem Fall wird es am Montag, 8. Mai, eine Veranstaltung geben, bei der die Club-Granden einen Drei-Jahres-Fahrplan präsentieren wollen. Mit der Vorstellung neuer Trainer und mit einer Gesprächsrunde, an der auch die in Wetzlar lebende Weltmeisterin von 2003, Nia Künzer, teilnehmen wird. »Es wird noch mehr personelle Überraschungen geben, über die kann ich jedoch noch nicht sprechen«, so Tino Wächter.
Sprechen möchte er aber über die FSV-Zukunft, die er in der 2. Bundesliga sieht. »Wir haben ein tolles Stadion, das hochklassigen Fußball verdient hat.« Die momentanen Trainingsbedingungen möchte er verbessern, denn: »Dass ein Team auf so vielen verschiedenen Plätzen trainiert, das ist wohl einmalig. Ich jedenfalls habe so etwas noch nie erlebt.«
Mit Wendelin Müller und Sven Lehne vom Sportamt der Stadt Wetzlar, so erzählt Michaele Schäfer, habe es gute Gespräche gegeben. »Wir können künftig nicht nur den Rasenplatz an der Goetheschule, sondern auch die Umkleiden und Duschen in der benachbarten Sporthalle benutzen. Das ist ein großer Erfolg für uns.« Eine richtige Geschäftsstelle haben die FSV-Frauen noch immer nicht. »Meine Adresse ist auch die Postadresse des Vereins«, so die 2. Vorsitzende. Doch auch zu diesem Thema hat Tino Wächter bereits seine Fühler ausgestreckt. »Angedacht ist es, dass wir die neuen Räumlichkeiten dann auch zweimal pro Woche vielleicht zwei oder drei Stunden geöffnet haben.«
Insgesamt sind Michaele Schäfer und Tino Wächter bemüht, weitere Ehrenamtliche für den Wetzlarer Frauenfußball zu begeistern. Schließlich gibt es nicht nur die aktiven Mannschaften, sondern auch je zwei Vertretungen in den Altersklassen U16, U14, U12 und U10, also bei den Minis. »Dieser ganze Betrieb muss erst einmal organisiert werden«, so die FSV-Vize.
Mit einer zusätzlichen Hilfe durch Tino Wächter, der seinen Beitrag dazu leisten möchte, dass Visionen keine Träumereien bleiben.