Ex-Trainer als Tribünengast
Wetzlar. »Petko« ist wieder da! Nein, nicht auf der Bank des Handball-Bundesligisten, aber wenigstens auf der Tribüne in der Buderus-Arena. Um zusammen mit seinem Freund, dem früheren Aßlarer Bürgermeister Werner Schaefer, die 28:35-Pleite der Grün-Weißen gegen den HC Erlangen miterleben zu müssen.
Velimir Petkovic, seit drei Jahren Nationaltrainer von Russland, seit dem Angriffskrieg von Putins Schergen auf die Ukraine seit Februar 2022 aber praktisch arbeitslos, weilte einige Tage in Deutschland, besser gesagt bei seiner Frau Nada in Berlin, mit der er zusammen auch das Match seines Ex-Clubs Füchse Berlin gegen die MT Melsungen (35:25) in der Max-Schmeling-Halle beobachtete.
In Moskau, wo er in 180 Tagen im Jahr Anwesenheitspflicht hat, besitzt der 66-Jährige noch einen Vertrag bis Sommer 2024, aus dem die Russen ihn auch nicht herauslassen wollen. Engagements bei der HSG Wetzlar, bei der MT Melsungen und beim DHfK Leipzig, die Interesse an einer Verpflichtung des gebürtigen Bosniers hatten, kamen deshalb auch nicht zustande.
Dass er trotz des weltweiten Ausschlusses seiner Handballer weiter zu ihnen steht, hat Velimir Petkovic in den letzten Monaten oft erklärt, wiederholt seine Argumente bei einem Treffen mit »Frenki« Ignjatovic, dem Coach des Basketball-Zweitligisten Gießen 46ers, aber gerne: »Ich bin Trainer von Handballern, nicht von einem Regime. Ich arbeite eng mit meinen Jungs zusammen. Meine Aufgabe und die des Vorstandes ist es, den russischen Handball am Leben zu halten.«
Derzeit bemüht sich »Petko«, der als Spieler 1976 mit Borac Banja Luka den Europapokal der Landesmeister errang und dort 1991 als Trainer mit dem Gewinn des IHF-Pokals seinen ersten europäischen Titel feierte, ehe er für die HSG Wetzlar, Frisch Auf Göppingen, den ThSV Eisenach und die Füchse Berlin arbeitete, um Testspielgegner. »Im April werden wir die ersten internationalen Matches seit Beginn des Krieges absolvieren. Wir wurden eingeladen, lasst euch überraschen«, schmunzelte er bei einem Latte Macchiato in Richtung von Branislav Ignjatovic, den er kennt, seit der Serbe bei den Kirchheim Knights und »Petko« wenige Kilometer entfernt in Göppingen auf der Bank saß. Die Völkerverständigung funktioniert unter Ex-Jugoslawen. Warum soll Petkovic also die Hoffnung aufgeben, dass auch Russland irgendwann zur Besinnung kommt? Alexander Fischer