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Fünf bestens investierte Euro

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Harter Pokalfight: Der Wetzlarer Lenny Rubin Auge in Auge mit dem Flensburger Magnus Röd (links). Foto: Imago © Imago

Flensburg/Wetzlar. Als um 19.54 Uhr der Vorhang fiel, konnten alle, die dieses besondere Handball-Spiel live verfolgt haben, mit Fug und Recht behaupten: Jeder Cent dafür hat sich gelohnt. Die fünf Euro, die nach solch einem Standardsatz normalerweise ins Phrasenschwein wandern, waren für die Zuschauer zu Hause vor dem Bildschirm gut in den Stream von Sportdeutschland.

tv investiert. Denn was die SG Flensburg-Handewitt und die HSG Wetzlar am Samstagabend an Spannung, Dramatik, Kampf und Energie über 60 Minuten plus Verlängerung demonstrierten, war aller Ehren wert.

SG Flensburg-H. - HSG Wetzlar 29:28

»Jeder, der diese Partie gesehen hat, durfte hinterher stolz auf die Jungs sein. Das gilt natürlich vor allem für unsere Fans, die den weiten Weg in den Norden mitangetreten hatten«, sagte Björn Seipp am Morgen nach der knappen und unglücklichen 28:29 (25:25, 13:16)-Niederlage der Wetzlarer im DHB-Pokal-Viertelfinale an der Förde. »Es ist komisch, traurig zu sein, wenn du so ein gutes Spiel abgeliefert hast«, hatte Hrvoje Horvat bereits in der Pressekonferenz direkt nach dem geplatzten Traum vom Ticket für das lukrative Final Four in Köln (15./16. April) festgestellt. Sowohl dem Geschäftsführer als auch dem neuen Cheftrainer der HSG war aber bei allem Frust über das Endresultat auch jene Aufbruchstimmung anzumerken, die Kapitän Adam Nyfjäll und Co. über 70 Minuten im K.o.-Duell in der mit 4887 Anhängern besetzten Flens-Arena ausgelöst hatten.

Unabhängig von der spürbaren Müdigkeit der zahlreichen WM-Teilnehmer des großen Favoriten Flensburg. Abgesehen von der achtminütigen Schwächephase Ende der ersten Halbzeit, als die bis dahin forsch auftretenden Gäste eine eigene 12:10-Führung aufgrund von Fehlwürfen und Ballverlusten zu einem 12:16-Rückstand werden ließen. Und letztlich auch ungeachtet der Roten Karte für Comebacker Stefan Cavor (der machte es in seinen kurzen Einsatzphasen aber hinten wie vorne gut) in der Crunchtime der regulären Spielzeit: Die Grün-Weißen zeigten endlich einmal wieder, zu welch tollen Leistungen sie fähig sind.

»Es ist ein kleines Wunder, wir hätten auch ausscheiden können«, lobte Nationalmannschaftskapitän und SG-Kreisläufer Johannes Golla indirekt den Gegner von der Lahn. Maik Machulla wurde deutlicher: »Wetzlar macht das gut, stellt in den entscheidenden Phasen die Räume zu, bringt uns nicht in die Situation, die wir haben wollen. Es war ein harter Kampf und ich bin jetzt erstmal super glücklich, ins Final Four eingezogen zu sein«, so der Trainer des Siegerteams.

In der Tat hing der Erfolg der ohne ihren »Kopf« Jim Gottfridsson angetretenen und bereits in der Anfangsphase auf den umgeknickten Mads Mensah verzichtenden Hausherren am seidenen Faden. Denn als aus dem solide anmutenden Flensburger 23:19-Vorsprung (51.) dank Lenny Rubins »Beinschuss« gegen SG-Zerberus Benjamin Buric in der 60. Minute ein 25:25-Gleichstand geworden war, schienen die Cup-Sensation und die vierte Endrunden-Teilnahme der HSG zum Greifen nahe.

Erst recht, als Anadin Suljakovic den folgenden Wurf von Emil Jacobsen parierte und das Harzleder in die Hände von Jonas Schelker beförderte. Acht Sekunden waren übrig, der unermüdlich antreibende Schweizer trieb den Ball nach vorne und sah Erik Schmidt völlig blank am Kreis. Alleine der Pass zur Riesenchance auf den Sieg kam nicht an. Golla hatte den Braten gerochen, fing den Ball ab und befördete ihn mit letzter Kraft Richtung Wetzlarer Gehäuse. Suljakovic aber war erneut zur Stelle, die Verlängerung musste entscheiden. »Da war es dann reine Kopfsache und die größere Erfahrung von Flensburg«, blickte Hrvoje Horvat zurück auf die zehn Extraminuten und das Ausscheiden seines neuen Clubs.

»Es war trotz der Niederlage eine Leistung wie aus einem Guss«, stellte Jasmin Camdzic, der Sportliche Leiter der HSG, am Sonntag fest. »Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Auf der einen Seite bin ich tief enttäuscht, dass sich die Mannschaft für diese tolle Vorstellung nicht belohnt hat. Es wäre ein Ausrufezeichen für uns alle gewesen und ein tolles Erlebnis für die Fans in Köln. Aber diese Leistung beruhigt mich, weil das Ganze Struktur bekommt. Die Strategie geht mehr und mehr auf, allen voran in der Defensive«, ergänzte Björn Seipp. Ob nach dem Abgang von Vladan Lipovina nach Magdeburg schon in den Tagen vor dem Bundesliga-Re-Start am Donnerstag gegen Hannover der angedachte Neuzugang in Wetzlar anheuert, bleibt offen. Die Wechselfrist endet am 15. Februar. »Der Spieler muss uns sofort weiterbringen und helfen können. Also einer, der die Bundesliga kennt«, verriet der Geschäftsführer. Und was dachte Hrvoje Horvat zu allem? »Wir sind auf der Mission Klassenerhalt. Die Richtung ist die richtige. Und nächstes Jahr kommen wir in einer gemütlicheren Lage dann ins Final Four.«

Flensburg-Handewitt: Buric, Möller (bei einem Siebenmeter) - Golla (4), Hald, Kirschberger, Einarsson, Mensah (2), Sögard (4), Hansen (7/3), Pedersen, Jakobsen (4), Semper, Mensing (1), Lindskog, Röd (7).

Wetzlar: Till Klimpke, Suljakovic (ab 50.) - Nyfjäll (2), Schmidt (3), Ole Klimpke, Nikolic (1), Becher, Schelker (3), Wagner (3), Mellegard (4), Cepic, Rubin (6), Novak (4/3), Cavor (2).

Schiedsrichter: Blümel/Loppaschewski (Berlin) - Zuschauer: 4887 - Zeitstrafen: Flensburg-Handewitt eine (Semper), Wetzlar drei (Wagner, Schmidt, Nikolic) - Rote Karte: Cavor (53., Wetzlar) - verworfene Siebenmeter: Jakobsen (Flensburg-Handewitt) scheitert zwei Mal an Till Klimpke (14., 17.).

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