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»Ich erwarte eine Reaktion«

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Von: Alexander Fischer

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Gut, dass ein Tag Pause war nach der Niederlage in Hagen, sonst hätte sich Branislav Ignjatovic offensichtlich den Mund verbrannt. Foto: Schepp © Schepp

Gießen . Auch zwei Tage nach der exakt 3,7 Sekunden vor Schluss zustande gekommenen 81:84 (47:35)-Niederlage bei Phoenix Hagen war »Frenki« Ignjatovic noch mächtig angefressen. »Meine Jungs haben ihre Energie für Trashtalk verwendet, statt sie in ihre Aktionen zu investieren«, schimpfte der Cheftrainer der Gießen 46ers bei einem ihm normalerweise zur Ruhe gereichenden Kamillentee wie ein Rohrspatz.

»Gut, dass wir einen Tag Pause hatten, sonst wäre ich explodiert. So aber können wir die Geschehnisse sachlich aufarbeiten«, kündigte der Serbe am Freitagmittag eine Aussprache für die Einheit am Abend an.

Gladiators Trier - Gießen 46ers (So., 17 Uhr)

»Sie müssen begreifen, dass Undiszipliniertheiten in den seltensten Fällen zum Erfolg führen. Ich möchte die Playoffs aber erreichen. Für die Jungs, die damit ihr Ansehen, ihren Marktwert steigern. Für die Sponsoren, die viel investieren. Und für die Menschen in der Stadt, die den Basketballsport so sehr lieben.«

Der Auftritt am Mittwochabend im südlichen Westfalen aber hatte den 56-Jährigen nachdenklich zurückgelassen. »Habe ich das Team überhaupt unter Kontrolle?« stellte Ignjatovic schon Minuten nach dem tödlichen Buzzerbeater durch JJ Mann seine eigene Person in Frage. Um sogleich nachzulegen: »Solche Vorkommnisse werde ich nicht mehr durchgehen lassen.«

Ihren Coach aus der Fassung gebracht hatten vor allem völlig unnötige Fouls sowie ständige Diskussionen mit Hagener Spielern, in die besonders Nico Brauner und Justin Martin verwickelt waren. Als sich dann auch noch Assistent Nikola Stanic nach durchaus berechtigtem, aber viel zu wild artikuliertem Frust in Richtung der Kölner Hauptschiedsrichterin Kerstin Kammann ein Technisches Foul eingehandelt hatte, platzte Ignjatovic nicht nur für die 1837 Fans in der recht spärlich besetzten Ischeland-Halle, sondern auch für die Zuschauer am Livestream deutlich sichtbar der Kragen. »In diesem Moment habe ich kommen sehen, dass sich die Partie drehen wird.«

Gießen lag 58:46 in Front und hatte die Hausherren im Griff, von einer Sekunde zur anderen jedoch verloren die Gäste den Faden. Innerhalb von nur neun Minuten drehten die »Feuervögel« einen Zwölf-Punkte-Rückstand in eine Fünf-Punkte-Führung, die bei den 46ers deutliche Spuren hinterließ. Jordan Barnes zitterten an der Freiwurflinie plötzlich die Hände wie Espenlaub, Stefan Fundic vergab einen leichten Korbleger und Justin Martin traute sich nicht mehr zu werfen.

»Diese Niederlage war die bitterste, die ich in dieser Saison bisher erleben musste«, so Branislav Ignjatovic. Trotz des 60:98 zum Saisonstart in Bremerhaven? »Ja, dort haben wir spielerisch versagt, das kann passieren. In Hagen aber haben wir emotional versagt, das darf es nicht geben.« Weshalb der erfahrene Übungsleiter am Freitagabend im Training forderte: »In Trier will ich eine Reaktion sehen!«

Ob der baumlange Neuzugang Enosch Wolf am Sonntag (17 Uhr) dabei mitwirken kann, wird sich zeigen, denn der Center hatte bereits die Fahrt an die Volme wegen Corona absagen müssen. Die Gießener Säulen Jordan Barnes (zuletzt 25 Zähler) und Stefan Fundic (20 Punkte, elf Rebounds) sollen an ihre Hinspiel-Performance anknüpfen. Beim 109:97-Highscore-Sieg über den kommenden Gegner verbuchten beide mit 28 Punkten und elf Assists beziehungsweise 22 Zählern sowie 15 Rebounds ein Double-Double, was letztendlich das rasante und weitgehend auf Augenhöhe ausgetragene Match entschied.

Die Gladiatoren von der Mosel lauern aktuell auf dem neunten Platz und haben zehn Siege auf dem Konto. Ihre Heimbilanz liest sich mit fünf Erfolgen bei fünf Niederlagen ausgeglichen. Beim letzten Trierer Heimspiel Ende Januar stahlen überraschend die WWU Baskets Münster beim 81:79 wertvolle Punkte aus der Arena. Auch am Mittwoch hatten die Männer von Headcoach Pascal Heinrichs beim Gastspiel in Leverkusen nichts zu bestellen und unterlagen mit 80:97.

Der erfahrene Spielmacher Jordan Johnson, am Rhein mit 17 Punkten einer der wenigen Formstarken, leitet bei Trier gemeinsam mit Garai Zeeb die Geschicke im Aufbau. Das Duo unterstrich bereits vor vier Wochen in der Osthalle mit zusammen 31 Punkten und elf Vorlagen seine Qualitäten. Aufpassen müssen die 46ers auch auf Distanzschütze Parker van Dyke, der im Schnitt 15 Punkte bei einer Wurfquote von 46 Prozent produziert. In Gießen glänzte der US-Boy sogar mit 26 Zählern.

Nach den 46ers haben die Männer von der Porta Nigra mit einer 38-prozentigen Trefferquote auch die zweitbeste Dreierbilanz der gesamten Liga zu bieten. Ihre Offensivpower verdeutlichen auch die durchschnittlich 89 Zähler, die den zweitbesten Wert nach Spitzenreiter Rasta Vechta bedeuten. Gießen hält mit 87 Punkten den dritten Platz in diesem Ranking, so dass an der Mosel am Super-Bowl-Sonntag wahrscheinlich ein Offensivspektakel auf die Besucher wartet. Eines, das »Frenki« Ignjatovic nicht schon wieder die Laune verhageln soll …

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