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»Ich gehe gerne voran«

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Von: Nico Hartung

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Denker und Lenker im Hüttenberger Spiel: der erst 22-jährige Ian Weber. Foto: Röczey © Röczey

Hüttenberg. Als Ian Weber am Samstagabend wenige Sekunden vor dem Ende der Handball-Zweitliga-Partie zwischen dem TV Hüttenberg und dem ThSV Eisenach zurück in die eigene Hälfte geeilt war, zog sich die Hüttenberger Nummer 13 das Trikot über das Gesicht und verharrte kurz in dieser Position.

Weber war der Verzweiflung nahe, das war ihm anzumerken. Wenige Augenblicke zuvor hatte ausgerechnet er, trotz seiner erst 22 Jahre fast schon wie immer einer der besten Hüttenberger, eine halbe Minute vor dem Ende der Partie beim Stand von 30:29 einen Siebenmeter verworfen. Hätte Weber getroffen, wäre die Partie beendet gewesen. Umso größer die Erleichterung beim Talent, dass der Sieg doch noch perfekt gemacht wurde. Vor dem Hüttenberger Auswärtsspiel bei der HSG Konstanz heute Abend (19.30 Uhr) stellte sich Weber den Fragen unserer Zeitung.

Gegen Eisenach verwerfen Sie in der Schlussphase einen womöglich entscheidenden Siebenmeter, kurz danach nimmt Trainer Wohlrab Sie während der letzten Auszeit in den Arm und redet auf Sie ein. Was hat er Ihnen gesagt?

Ehrlich gesagt weiß ich es nicht mehr. In so einem Moment nimmst Du nicht mehr so viel wahr, ich bin da kurz in meine eigene Welt abgetaucht. In solch eine Situation kannst Du aber nur kommen, wenn Du vorangehst und Verantwortung übernimmst. Und ich gehe gerne voran. Gegen Rostock habe ich den entscheidenden Siebenmeter beispielsweise verwandelt. Am letzten Samstag war die Situation aber ohnehin eine besondere.

Inwiefern?

Johannes Jepsen (Torhüter der Eisenacher, der den Wurf pariert hat; Anm. d. Red.) und ich kennen uns noch von früher aus der Jugend-Nationalmannschaft. Wir treffen uns auch heute immer gerne, wenn wir Zeit dazu finden. Er wusste natürlich, was mein Lieblingswurf in einer solchen Situation ist, in der es um alles geht.

In den letzten Sekunden des Spiels und auch in den ersten Augenblicken nach dem Schlusspfiff ging es auf der Platte hoch her. Wie haben Sie das Treiben um sich herum wahrgenommen?

Also zur strittigen Szene rund um den letzten Wurf von Eisenach kann ich nur sagen, dass die Schlusssirene deutlich vor dem Zeitpunkt ertönt ist, als der Ball die Linie überquert hat. Das war in meinen Augen also die absolut richtige Entscheidung vom Schiedsrichter, das Tor nicht zählen zu lassen. Zu den Tumulten danach kann ich wenig sagen, mir sind eher die Momente vor dem letzten Wurf in Erinnerung geblieben. Nachdem Timm (Schneider, d. Red.) mit zwei Minuten vom Feld musste, habe ich mich ein bisschen mit Eisenachs Kreisläufer Peter Walz angelegt und Hahnenkampf gespielt. Wir verstehen uns nicht so gut (lacht).

Am Ende einer kräftezehrenden englischen Woche und ohne die erkrankten Hendrik Schreiber, Johannes Klein sowie die verletzten Joel Ribeiro und Jannik Hofmann liefert der TVH noch einmal einen derartigen Kampf. Woher hat Ihr Team die Kraft genommen?

Man hat im Vergleich zum Mittwoch gemerkt, dass wir dieses Mal emotional und kämpferisch mehr dabei waren. Das ist essenziell für den Hüttenberger Handball, über diese Attribute kommen wir ins Spiel. Dann kommt natürlich diese geile Kulisse mit 1250 Fans dazu, die uns einen richtigen Hexenkessel bereitet haben. Zudem liegt uns Eisenach irgendwie. Wir haben sie in dieser Saison zwei Mal geschlagen, dazu auswärts dort noch einen Punkt geholt.

Vor vier Wochen der Dessau, jetzt Eisenach: Zwei Spitzenteam, die der TVH in der Rückrunde zuhause bezwingt. Das war in der Hinrunde noch anders…

Das muss man meiner Meinung nach etwas differenzierter sehen. Dass es in der Hinrunde zuhause nicht so gut lief, haben wir uns selbst ein Stück weit eingeredet. Man muss einfach sehen, dass wir in den ersten Heimspielen mit Nordhorn, Balingen und dem TuS N-Lübbecke nur richtige Kracher hatten. Gegen die gewinnen wir weder auswärts noch zuhause, so ehrlich muss man sein. Und dann haben wir uns als junges Team eben Druck gemacht und auch von außen machen lassen.

Das Hinspiel gegen Konstanz wurde vor heimischem Publikum überraschend mit 26:28 verloren. Was erwartet Ihr Team am Freitagabend?

Diese Heimniederlage war ganz klar unser schwächstes Saisonspiel. Dass wir da so brutal schlecht waren, war der eben angesprochenen Verunsicherung geschuldet. Trotz der Tabellensituation fahren wir da keinesfalls als Favorit hin. Konstanz hat die letzten drei Heimspiele nicht verloren, fast alle ihre Punkte holen sie in der Schänzle-Halle, da ist immer gut was los. Es wird für uns richtig schwer werden, da etwas mitzunehmen zu holen.

Der TV Hüttenberg steht derzeit auf Platz neun, sowohl zu den Aufstiegsregionen als auch zum Tabellenkeller besteht Abstand. Muss sich der TVH neue Saisonziele setzen oder ist dieses »Niemandsland« schon das Ende der Fahnenstange?

Natürlich erreichst Du die letzten Prozentpunkte nicht immer, wenn Du nicht jede Woche um den Aufstieg oder gegen den Abstieg spielst, so ehrlich muss man sein. Aber wir sind alle Leistungssportler und wollen jedes Spiel gewinnen. Trotzdem denke ich, dass jetzt vielleicht der Moment gekommen ist, um als Einzelspieler und Mannschaft den nächsten Schritt zu machen. Wir sollten unseren Erfolg weniger an den Ergebnissen messen, sondern an unserer Entwicklung. Wir müssen als Team dahinkommen, dass wir uns nicht so viele Ausrutscher und einfache Fehler leisten. Als junge Mannschaft kommt es für uns darauf an, immer konstanter zu werden, gerade in Stresssituationen.

Wenn der TV Hüttenberg am Freitagabend (Anwurf: 20 Uhr) bei der HSG Konstanz gastiert, dann geht es für die Schützlinge von Trainer Johannes Wohlrab auch um Wiedergutmachung. Das Hinspiel im vergangenen November verlor der TVH mit 26:28 »Das war die bislang bitterste Niederlage in dieser Saison«, weiß Wohlrab, der der neben den Langzeitverletzten Joel Ribeiro und Jannik Hofmann dieses Mal auch auf Timm Schneider verzichten muss, der an einer Bauchmuskelzerrung laboriert. (niha)

mit Ian Weber

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