Kleiner Vorteil HSG
Wetzlar. Der Countdown läuft unerbittlich, am Samstagabend kommt es zum großen Showdown. Nein, wir meinen an dieser Stelle mal nicht den deutschen »Clasico« zwischen dem FC Bayern und dem BVB in der Fußball-Bundesliga. Es geht um kleinere Brötchen, die zeitgleich um 18.30 Uhr in der Buderus-Arena an der Lahn gebacken werden. HSG Wetzlar gegen GWD Minden, Abstiegskampf pur in der Beletage des nationalen Handballsports.
HSG Wetzlar - GWD Minden (Samstag, 18.30 Uhr)
Viel ist im Vorfeld über diese Partie geschrieben und geredet worden. Seit Wochen heißt es, dass die Grün-Weißen von der Lahn in diesen 60 Minuten an jenem 1. April gegen die Grün-Weißen aus Ostwestfalen einiges klar rücken könnten in Sachen Polster auf die beiden Tabellenplätze, die am Saisonende den bitteren Gang in die Zweitklassigkeit bedeuten.
Der Sieg in Stuttgart nach zuvor neun Pleiten am Stück hat die Lage der Wetzlarer natürlich verbessert. Aus vier könnten mit einem Erfolg gegen Minden sechs Zähler Vorsprung auf den früheren Europacupsieger werden. »Die Grundlage ist gelegt«, sagt Jasmin Camdzic, der Sportliche Leiter der HSG. »Wer stabiler im Kopf ist, wird diese Partie gewinnen«, ergänzt Hrvoje Horvat, der Trainer der Mittelhessen. »Ich sehe es mehr als Riesenchance denn als Risiko für uns. Das muss allen hier bewusst sein«, gibt Björn Seipp, der Geschäftsführer des Tabellen-16. den Druck an den kommenden Gegner ab. Die Redaktion versucht im Folgenden mit einem Teamcheck, vorab die Chancen hüben wie drüben genauer auszuloten.
Torhüter
Anadin Suljakovic musste in Stuttgart zum ersten Mal seit langer Zeit von Anfang ran im HSG-Kasten, steigerte sich von Minute zu Minute und war am Ende ein Wetzlarer Erfolgsgarant. Die noch bessere Nachricht für Samstag aber: »Till Klimpke hat am Mittwoch wieder individuell trainiert und steigt nun auch ins Mannschaftstraining ein«, berichtete Hrvoje Horvat am Donnerstag. Der Kapitän kehrt nach seiner fiebrigen Erkältung also zurück aufs Feld. Was allerdings nichts daran ändert, dass Konkurrent GWD mit Malte Semisch aktuell auf dieser Position die Nase knapp vorne hat. - Punkt für Minden.
Rückraum
15 der insgesamt 27 eigenen Treffer beim Unentschieden gegen Göppingen vor Wochenfrist gingen bei den Mindener aufs Konto der Rückraumreihen. Allen voran Philipp Ahouansou, im November vergangenen Jahres erst von den Rhein-Neckar Löwen zum Team von Trainer Frank Carstens gewechselt, glänzte mit neun erfolgreichen Abschlüssen. Auf Wetzlarer Seite hält in den vergangenen Partien nicht nur Lenny Rubin als drittbester Feldtorschütze der Beletage die Fahne hoch. Zum Glück für die HSG kommen auch die lange verletzten Magnus Fredriksen und Stefan Cavor auf Touren. »Das macht es für alle einfacher«, sagt Jasmin Camdzic. - Punkt für Wetzlar.
Außen
Da gibt es eigentlich kein Vertun: Die HSG besitzt deutlich stärkere Flügelflitzer als der Kontrahent aus der 82 000 Einwohner zählenden Kreisstadt nördlich der Porta Westfalica. Linksaußen Emil Mellegard scheint sich im Angriff langsam zu berappeln, spielt in den Überlegungen seines Trainers aber vor allem als »Vorgezogener« in der 5:1-Deckung eine Hauptrolle. Da kann auch ein solider Mats Korte für Minden nicht mithalten. Auf Rechtsaußen läuft derweil Domen Novak zur absoluten Höchstform auf. Der Slowene sprüht vor Energie, ist auch vom Siebenmeterstrich eine Bank und lässt im Vergleich sowohl Max Staar als auch Tomas Urban bei GWD keine Schnitte. - Punkt für Wetzlar.
Kreis
Bis vor wenigen Wochen, eigentlich sogar bis zur Partie in Stuttgart hätte das Pendel auf dieser Position eigentlich gegen die HSG ausgeschlagen. Zum einen, weil auf Mindener Seite der im Winter verpflichtete Isländer Sveinn Johannsson einen richtig guten Eindruck macht. Und zum anderen, weil der inzwischen als HSG-Kapitän entthronte Adam Nyfjäll seiner Bestform meilenweit hinterher hinkt sowie Erik Schmidt bislang kein echter Offensivfaktor war. Doch der Europameister von 2016 glänzte zuletzt nicht nur als Abwehrorganisator, sondern auch als Vollstrecker und Lückenreißer im Angriff. - Punkt für Wetzlar.
Trainer
Hrvoje Horvat kam, sah - und verlor erstmal neun Bundesliga-Spiele in Serie mit seiner neuen Mannschaft. Doch der Kroate vermittelt bei allen knallharten Worten weiterhin - zumindest hat das als Außenstehender den Anschein - die nötige Ruhe, um das Wort »Panik« gar nicht erst an sein Team heranzulassen. Und der Erfolg in Stuttgart gibt ihm endlich Recht. Sein Kollege Frank Carstens allerdings kann Abstiegskampf. Der 51-jährige Ex-Bundestrainer aus Rotenburg an der Wümme ist seit mehr als acht Jahren nicht mehr in Minden wegzudenken. Carstens geht zwar am Rundenende, aber er wird vorher alles investieren, um GWD vor dem Abstieg zu retten. - Punkt für Minden.
Summa summarum also ein kleiner Vorteil für Wetzlar. Doch genug der Worte, am Samstagabend zählt es auf der Platte. Bis Donnerstagmittag waren 3800 Tickets für das mit Spannung erwartete Duell abgesetzt, Björn Seipp rechnet mit einer Zuschauerzahl über 4000.