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Langes historische Leistung

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Der Gewinner der Saison: Trainer Harry Lange vom EC Bad Nauheim. Foto: chuc © chuc

Bad Nauheim. Stolz oder Enttäuschung? In der ersten Zeit nach der 3:7-Niederlage im fünften Playoff-Finalspiel bei den Ravensburger Towerstars und dem damit verbundenen Verpassen des Titelgewinns in der Deutschen Eishockey-Liga 2 war EC-Headcoach Harry Lange mit seiner Gefühlswelt noch nicht im Reinen. »Ich bin aktuell schon noch ein bisschen enttäuscht, dass wir das ganz große Ziel nicht erreicht haben, aber ich denke, dass irgendwann der Stolz überwiegen wird«, glaubt der Deutsch-Österreicher, der beim EC Bad Nauheim in der abgelaufenen Saison wahrlich Historisches geleistet hat.

24 Jahre nachdem Bad Nauheim 1999 gegen Essen in einem Zweitliga-Meisterschaftsfinale gestanden hatte, sorgten die Roten Teufel wieder für bundesweite Eishockey-Schlagzeilen. Erst den ESV Kaufbeuren mit einer 4:0-Serie überrannt, dann die schier übermächtigen Kassel Huskies aus dem laufenden Playoff-Wettbewerb herauskatapultiert und schließlich noch fünf Endspiele gegen die Ravensburger Towerstars. Auch wenn am Ende der ganz große Traum nicht in Erfüllung ging, so war die mittelhessische Region mehr als drei Wochen lang vom Eishockey-Fieber förmlich gepackt.

Dass die Heimspiele des EC zuletzt mit 4450 Zuschauern innerhalb von nur gut einer halben Stunde ausverkauft waren und man gegen Kassel im entscheidenden dritten Spiel eine Ticket-Nachfrage sogar in fünfstelliger Höhe hatte, sind in diesem Eishockey-Boom nur die nackten Zahlen, die Stimmung und Begeisterung der Bad Nauheimer Fans mit ihren Gesängen und Choreografien während der Begegnungen hinterließen selbst bei den EC-Gegnern nachhaltigen Eindruck.

Zu den Symbolfiguren des Erfolgs in diesen Playoffs wurden Headcoach Harry Lange und Torwart Felix Bick. Während Lange das feine Gespür entwickelte, sein Team auch während der größten Emotionalität immer sicher zu steuern und gerade in den Duellen gegen Kassel auch noch das letzte Quäntchen an Einsatz und Kampfgeist aus seinen Spielern heraus kitzelte, wurde Keeper Felix Bick zum Mann mit den »tausend Händen«. Er war zuletzt in der »Form seines Lebens« und gab alles für seine Mannschaft, obwohl er sich bereits im Winter zu einem Wechsel zum DEL2-Konkurrenten Krefeld entschieden hatte.

Eine solche herausragende Playoff-Zeit war eigentlich im Vorfeld nicht zu erwarten, denn die Meisterschaftsrunde lief für den EC Bad Nauheim eher ohne große Highlights ab. »Uns fehlt die notwendige Konstanz«, war während der Saison ein häufig geäußerter Kritikpunkt von Trainer Harry Lange, der bei der Berg- und Talfahrt seines Teams allerdings auch mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen hatte.

Da gab es schon im Sommer personelle Querelen (Stefan Reiter wechselte trotz Vertrag nach Rosenheim, Tristan Keck und Co-Trainer Hugo Boisvert zog es nach Kassel) und eine unterirdische Vorbereitungszeit, überlagert von vielen Reisen, da in Bad Nauheim erst eine Woche vor Saisonbeginn überhaupt Eis zur Verfügung stand. Prompt wurden auch die ersten vier Saisonspiele in den Sand gesetzt.

Als sich der EC offensichtlich gefangen hatte, waren es die zahlreichen Verletzungen (u.a. Kevin Schmidt, Tobias Wörle oder Marc El-Sayed), die Trainer Harry Lange ständig zu schaffen machten. »Im Februar mussten wir sogar noch einmal ernsthaft mit unserem Mannschaftsrat reden«, erinnert Lange daran, dass in dieser Zeit die direkte Playoff-Qualifikation kurzfristig auf der Kippe stand. Als es dann in der Playoff-Runde allerdings richtig ernst wurde, waren die Roten Teufel zur Stelle und verzückten eine ganze Region mit ihren Erfolgen.

Verzückt war natürlich auch der »Kassierer« des EC Bad Nauheim. Die Zusatzeinnahmen aus den Playoffs brachten richtig Geld in die Kasse, auch wenn EC-Chef Andreas Ortwein zu optimistische Aussagen schnell bremst. »Wir hatten natürlich auch zusätzliche Kosten, so dass ich davon ausgehe, dass wir einen schönen sechsstelligen Betrag als Gewinn verbuchen können, wenn die Abrechnung fertig ist«, meint Ortwein.

Während nach der langen strapaziösen Saison sich die EC-Truppe jetzt erst einmal in den wohlverdienten Urlaub verabschiedet hat, geht der Stress für Harry Lange weiter. Er ist inzwischen nach Österreich gereist, um als Teil des Staff-Teams der österreichischen Eishockey-Nationalmannschaft die Vorbereitung auf die anstehende Weltmeisterschaft mit zu planen. »Nach der WM freue mich dann allerdings auch auf eine längere Ruhephase, da unser Team und auch das Vorbereitungsprogramm für die neue Saison bereits feststehen«, erklärt der Deutsch-Österreicher.

Dabei stehen natürlich auch personelle Veränderungen an. Bereits im Rahmen der Saisonabschlussfeier wurden gleich neun Akteure mit einem großen Dankeschön verabschiedet. Der gravierendste Abgang ist dabei Torhüter Felix Bick, der zum Ligakonkurrenten Krefeld wechselt. Auch David Cerny wird mit den Krefeldern in Verbindung gebracht. Mit Mick Köhler (Augsburg) und Michael Bartuli (Berlin) werden zwei Akteure künftig in der DEL auflaufen.

Torhüter Rihards Babulis wird sich dem ESV Kaufbeuren anschließen und Philipp Wachter sieht seine Zukunft beim EHC Freiburg. Grayson Pawlenchuk hat als überzähliger Kontingentspieler auch kein neues Vertragsangebot von den EC-Verantwortlichen erhalten. Mit Tobias Wörle und Publikumsliebling Andreas Pauli beenden zwei Spieler ihre Eishockey-Karriere. Noch offen ist die Situation bei Huba Sekesi, der möglicherweise als Standby-Spieler für die kommende Punktspielrunde agiert.

Über Neuverpflichtungen hat der EC Bad Nauheim bislang noch nichts veröffentlicht, gleichwohl kursieren bereits Namen im Vereinsumfeld. Als neue Torhüter sind Niklas Lunemann, derzeit dritter Keeper beim Bad Nauheimer Kooperationspartner Kölner Haie, sowie Alexander Meier (ESV Kaufbeuren) im Gespräch. Auf den Verteidiger-Positionen will sich der EC mit Alexander Dersch (Landshut) und Christopher Fischer (Heilbronn) verstärken.

Auch die neuen Stürmer kommen von DEL2-Konkurrenten. Den mit Heilbronn abgestiegenen Julian Lautenschlager zieht es ebenso nach Bad Nauheim wie Markus Lillich (Kaufbeuren) und Kevin Orendorz (Freiburg). Die vier Kontingentstürmer Taylor Vause, Tim Coffman, Jordan Hickmott und Jerry Pollastrone sollen ausnahmslos in Bad Nauheim für eine weitere Spielzeit bleiben.

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