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Obenauf: Filip Kuzmanovski trägt seinen Teil dazu bei, dass die HSG Wetzlar in Göppingen ein Ausrufezeichen im Abstiegskampf setzt. Foto: Imago

Lebenszeichen

Göppingen/Wetzlar. 46. Minute, Auszeit HSG Wetzlar, es steht 18:20 aus Sicht der Grün-Weißen im Handball-Bundesliga-Spiel bei Frisch Auf Göppingen. Die Schwaben sind drauf und dran, mit Tempospiel und Gegenstoßtreffern davonzueilen, da sagt Hendrik Wagner mit dem Brustton der Überzeugung: »Hey, Jungs, das war in der ersten Halbzeit auch schon mal so.

Wir rocken das Ding jetzt.«

Der junge Rückraumspieler, im Sommer 2022 als einer der Hoffnungsträger an die Lahn gewechselt, seitdem aber mehr mit sich und seiner Nervosität beschäftigt, entpuppt sich als Wahrsager. In der Tat rocken die Wetzlarer das Ding in der mit 3700 Zuschauer besetzten EWS-Arena. Sie liegen zwar noch zwei Mal mit drei Treffern im Hintertreffen (18:21, 19:22). Dann aber übernimmt Lenny Rubin die Verantwortung und führt den Tabellen-16. zum 28:26 (11:10)-Erfolg in Göppingen.

Frisch Auf Göppingen - HSG Wetzlar 26:28

Der Schweizer, den das HSG-Interims-Trainerduo Jasmin Camdzic/Filip Mirkulovski aus der Start-Sieben herausgelassen und dafür Filip Kuzmanovski an die Seite von Magnus Fredriksen gestellt hat, macht in der Schlussphase alles richtig. Vier Tore gelingen Rubin in der Crunchtime, dazu läuft Wagner nicht nur hinten in der kompakter wirkenden 6:0-Deckung, sondern auch in der zweiten Angriffswelle zur Höchstform auf. Dazu zeigt sich Domen Novak beim Abschluss unbeeindruckt von den beiden Siebenmeter-Fahrkarten in Hälfte eins. Dazu ersetzt Lukas Becher den Slowenen am Strich und trifft eiskalt zwei Mal. Und dazu pariert der eingewechselte Till Klimpke noch ein paar Würfe der Gastgeber, die speziell vor der Pause im überragenden Anadin Suljakovic reihenweise ihren Meister gefunden haben.

Nein zu »Petko«

All das reicht, um eine »geniale Antwort auf das Minden-Spiel zu geben«, sagt Björn Seipp am Karfreitag. »All« ist ein gutes Sinnbild, denn nur mit allen Kräften werden die Wetzlarer den Karren in dieser Saison aus dem Dreck ziehen können »Die Jungs sind stabil geblieben und nicht weggebrochen. Dieses Ergebnis war für diesen Club das Beste, was passieren konnte«, fallen auch dem Geschäftsführer am Ende einer turbulenten Woche einige Steine vom Herzen.

Wenige Minuten später ist Jasmin Camdzic am anderen Ende des Apparats und spricht von »vielen Emotionen bei uns gerade. Der Motor hat in der ersten Halbzeit wegen einer nicht so guten 5:1-Abwehr, unseres schlechten Überzahlspiels und durch die verworfenen Siebenmeter gestottert. Und nach dem Wechsel gab es eine kritische Phase. Aber die Energie der Mannschaft hat uns stabil gemacht. Sie haben so viel investiert und sind belohnt worden. Dafür haben sie über die Osterfeiertage auch freibekommen«, sagt »Jasko« nach dem zweiten Premierenerfolg als »Chefcoach« infolge einer Trainerentlassung bei der HSG. »Aber es war nur ein Spiel, wir sind noch lange nicht durch«, wirft der Bosnier in seiner Funktion als Sportlicher Leiter bereits den Blick voraus. Muss er.

Weiter mit »Jasko«?

Warum müssen, wenn viele vielleicht wollen, dass es Camdzic und Mirkulovski bis zum Rundenende weiter als Gespann auf der Bank probieren? »Wir werden das alles in den kommenden Tagen besprechen, vor allem mit der Mannschaft. Wir werden den Jungs nichts überstülpen, was sie bremst oder überfährt. Das Team muss komplett dahinterstehen«, sagt Björn Seipp - und schließt einen Namen schon vor dem Fest aus. »Wir haben mit dem russischen Verband gesprochen, weil die Überlegung da war, Velimir Petkovic zurückzuholen. Aber die Russen haben sofort ,Njet‹ gesagt. Damit war Thema so schnell erledigt, ehe es überhaupt aufgemacht wurde.«

»Dieser Sieg gibt uns ein perfektes Gefühl vor der Spielpause«, sagt Hendrik Wagner nach dem Sieg bei Frisch Auf. Wer ihn und die HSG bis Juni coachen wird, das weiß aber auch der Wahrsager von Göppingen nicht. Noch nicht!

Göppingen: Rebmann (ab 45.), Sego - Kneule, Brito Duarte, Lindenchrone Andersen (4), Heymann, Sarac (3), Ellebaek, Schiller (9/6), Goller (3), Gulliksen, Hermann (2), Kozina (2), Malus (1), David Schmidt (2).

Wetzlar: Suljakovic, Klimpke (ab 48.) - Nyfjäll (2), Kuzmanovski, Erik Schmidt (2), Nikolic (1), Becher (2/2), Weissgerber, Schelker, Fredriksen (2), Pliuto, Wagner (4), Mellegard, Rubin (6), Novak (6/1), Cavor (3).

Schiedsrichter: Kern/Kuschel (Bellheim/Kandel) - Zuschauer: 3700 - Zeitstrafen: Göppingen fünf (Ellebaek, Blagotinsek. Goller, Kozina, David Schmidt), Wetzlar zwei (Novak, Nyfjäll) - verworfene Siebenmeter: Novak (Wetzlar) scheitert an Sego (6., 22.), Schiller (Göppingen) scheitert an Suljakovic (6.), Kuzmanovski (Wetzlar) scheitert an Sego (24.).