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Mit dem eisernen Willen

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Sie gibt die Richtung vor: Laurina Graff, hier im Derby gegen die SG Reiskirchen/Saasen, glänzt gegen die SG Angelburg mit einem eisernen Willen. Foto: Bär © Bär

Gießen. Beim FC Gießen läuft es im Frauenfußball aktuell nicht rund. Nach der Winterpause ist der Titelaspirant in der Gruppenliga mit zwei Niederlagen gestartet. Auch in der dritten Rückrundenpartie gegen den Tabellenletzten Angelburg sah es nicht gut aus: 0:2 stand es nach einer knappen Stunde. »Zu dem Zeitpunkt hätte ich für meine Mannschaft keinen Pfifferling mehr gegeben«, sagt Trainer Andreas Schmid.

Und dann kam Laurina Graff. Vor Wochenfrist war sie übel gefoult worden. Der Verdacht auf Schienbeinbruch bestätigte sich glücklicherweise nicht, aber das rechte Schienbein der Rechtsfüßerin war blitzeblau. Bis Freitagabend lief sie auf Krücken durch die Gegend. Derart lädiert denken die meisten Spielerinnen nicht einmal an einen Einsatz. Doch Graff setzte sich auf die Ersatzbank.

Als sie angesichts des Rückstands eingewechselt werden wollte, trat Schmid zunächst auf die Bremse. »Laurina, wir brauchen dich noch im Rest der Saison. Die Gefahr, dass du dich noch schwerer verletzt, ist mir zu groß«, sagte der Coach. Doch die 19-Jährige, die derzeit eine schulische Ausbildung zur Erziehrein absolviert, blieb hartnäckig. »Die Mannschaft braucht mich«, beharrte sie. Schmid gab nach. Das sollte sich als goldrichtig herausstellen. Denn Laurina Graff brachte frischen Wind in die Mannschaft, die - kurz vorher war der Anschlusstreffer gefallen - urplötzlich ein ganz anderes Gesicht zeigte und den Gegner an die Wand spielte. Graff führte den FC zu einem 5:2-Sieg und krönte ihren eisernen Willen mit zwei Toren. Unglaublich, was eine einzige Spielerin bewirken kann.

Der Trainer beorderte die gelernte Innenverteidigerin in den Sturm, denn da sah er das größte Manko in seiner Truppe. Normalerweise hat Laurina Graff, die mit einer guten Technik und einem strammen Schuss ausgestattet ist, »das Spiel gerne vor sich. Aber wir standen mit dem Rücken zur Wand. Da mussten wir etwas riskieren«, erklärt Schmid seine Entscheidung. Außerdem wollte er seine Spielerin schützen, denn in der Innenverteidigung hätte sie - anders als in der Offensive - keinem Zweikampf ausweichen können.

2014: Wechsel zum FFC Pohlheim

Verständlicherweise ist Schmid voll des Lobs über Laurina Graff. »Von Spielerinnen ihres Kalibers, bei denen zur spielerischen Klasse noch eine unbeugsame Mentalität hinzukommt, kann man als Trainer nicht genug haben«, schwärmt der Übungsleiter.

Zum ersten Mal die Fußballschuhe geschnürt, hat Graff im Alter von fünf Jahren. Damals kickte sie zusammen mit den Jungs in der Jugendspielgemeinschaft Klein-Seelheim/Groß-Seelheim/Niederwald in der Nähe von Marburg. 2014 wechselte sie zum 1. FFC Pohlheim, wo sie die U14 und die U16 durchlaufen hatte, bevor sie bei den Frauen einstieg. Nach einer Saison bei Eintracht Lollar läuft sie nun für den FC Gießen auf. Die Eltern sind ihre größten Fans. Sie schauen bei jedem Spiel zu.

Nach ihrer Motivation für die Einwechslung gefragt, antwortet Graff: »Von draußen meiner eigenen Mannschaft zuzugucken, fällt mir extrem schwer.« Gegen die Schmerzen hatte sie Tabletten geschluckt. »Man sieht schon gut, wo der Stollen meiner Gegenspielerin langgerutscht ist«, beschreibt die 19-Jährige die Verletzung. »Aber zum Glück befinden sich das Zentrum der Prellung und die Wunde an einer Stelle, wo der Schienbeinschoner nicht zu sehr drückt.«

Unter der Woche ist für Laurina Graff erstmal Regeneration angesagt. »Für einen wie auch immer gearteten Einsatz am Samstag gegen Roßdorf sieht es gut aus«, meint sie. Dann wird sie wieder die Zähne zusammenbeißen.

Laurina Graff (FC Gießen)

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