Mit Geleitschutz in Heimniederlage

Wetzlar. Als Ugur Toprak kurz vor der Pause mit einem schönen Dreier zur 43:40-Führung seiner Farben traf, antwortete Thomas Böhme quasi mit dem Halbzeitpfiff mit einem Wahnsinns-Dreier zum 43:43-Halbzeitstand. Als Chayse Wolf mit zwei Freiwürfen die letzten Punkte für die Gäste erzielte, gelang Matthias Güntner für die Hausherren ebenfalls noch eine Antwort.
RSV Lahn-Dill - Rhine River Rhinos 72:86
Doch die zählte nur für die Statistik. Wolf für die Rhine River Rhinos und Güntner für den RSV Lahn-Dill besiegelten die Partie des 15. Spieltags in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga mit einem 86:72 (43:43)-Erfolg des Außenseiters und Rangvierten aus Wiesbaden. Die gastgebenden Mittelhessen kassierten vor etwas über 1000 Zuschauern in der Buderus-Arena in Wetzlar ihre erste Saisonniederlage in heimischer Halle, verteidigten aber ihre Tabellenführung.
RSV-Cheftrainerin Janet Zeltinger, nach einem operativen Eingriff am linken Fuß im Rollstuhl am Spielfeldrand coachend, wollte den verdienten Erfolg des Hessenrivalen nicht in Zweifel ziehen. »Normalerweise gewinnen wir die Spiele über unsere Verteidigung. Aber schon in der ersten Halbzeit war unsere Verteidigung nicht richtig da«, sagte die Deutsch-Kanadierin nach dem Abpfiff. Im Blick auf die 86 Gegenpunkte meinte ein Beteiligter aus dem Umfeld gar: »Wir hatten heute keine Defensive. Wir haben nur Geleitschutz gegeben.«
So erfreuten sich die Lahn-Diller nach knapp sieben Minuten zwar einer 15:8-Führung durch Ghazian Choudry und lagen auch sieben Minuten später noch mit 28:22 in Front, als der Japaner Reo Fujimoto unter dem Jubel seiner über 150 Landsleute in die Reuse getroffen hatte.
Doch immer wieder kamen die Wiesbadener, angeführt vom türkischen Neuzugang Ugur Toprak, mit 34 Punkten Topscorer der Partie, heran und gingen hier schon vereinzelt in Führung.
Ab dem 43:45-Zwischenstand durch Wolf direkt nach dem Seitenwechsel rollte der Spitzenreiter um den im Angriff mit 32 Zählern überragenden Kapitän »Tommy« Böhme seinem Gast nur noch hinterher. In der 29. Minute leuchtete bereits ein 54:61-Rückstand von der Anzeigetafel, als ausgerechnet der ehemalige Lahn-Diller Christopher Huber getroffen hatte.
Da der britische Rhino-Trainer Lucas Warburton kaum wechselte und seine Anfangsformation quasi durchspielen ließ, hofften nicht wenige RSV-Anhänger auf einen Einbruch der Gäste. Doch die trafen sicher weiter und steuerten über den 81:66-Vorsprung durch Gijs Even anderthalb Minuten vor Schluss dem mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erwarteten Auswärtssieg entgegen. Im Hinspiel hatten sie in eigener Halle noch mit 49:71 verloren.
Japanischer Jubel
Auch Reo Fujimoto blieb trotz eifrigen Bemühens ein gutes Stück von seiner gewohnten Leistungsstärke entfernt. Das tat aber der Unterstützung durch seine Landsleute in der Arena an der Lahn keinen Abbruch. Zumal der Großteil der japanischen Gäste offensichtlich das erste Mal Kontakt mit der Sportart Rollstuhlbasketball zu haben schien. Für sie war der »Japan Day« des RSV Lahn-Dill ein gelungenes Spektakel der deutsch-japanischen Völkerverständigung, für die heimischen Rollis dagegen mit einer bitteren Heimniederlage versehen. Daran konnten auch die zahlreichen spektakulären Dreier gerade zu Beginn der Partie nichts ändern.
Lahn-Dill: Choudry (9/1 Dreier), Brown (4), Blair (2), Beissert (n.e.), Weiß, Güntner (14), Zantinge (2), Fujimoto (9), Böhme (32/4), Hollermann.
Wiesbaden: Safak (n.e.), Palmer (8), Wolf (11), Toprak (34/4), Kamali (3), Even (11), Damiano (n.e.), Young (17), Huber (2), Hardouin (n.e.).