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Rückkehr der besonderen Art

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Von: Rüdiger Dittrich

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Sascha Becker hat den Adler auf der Brust. Foto: Eintracht © Eintracht

Gießen . Wenn Sascha Becker heute im Waldstadion ankommt, dann ist das ein besonderes Spiel für ihn. Davon zeugt nicht nur, dass seinen Wagen das Nummernschild GI - FC 2018 ziert, aus jenen Gründungstagen des Fußball-Hessenligisten, dem der 51-Jährige aus heimatlicher Verbundenheit immer noch gewogen ist. Nicht zuletzt auch, weil er ab 2015, damals noch beim traditionsreichen Vorgänger VfB 1900, als Zeugwart arbeitete.

»Aber«, so sagt der gebürtige Frankenbacher, der in Rodheim-Bieber lebt, »natürlich ist es keine Frage, dass wir heute gewinnen wollen.«

Sascha Beckers neues »Wir« ist die Eintracht U21. Der Mittelhesse ist seit Beginn dieser Runde beim Frankfurter Hessenligisten. Im »Sportpark in Dreieich« ist er das, was mit Zeugwart ausreichend beschrieben scheint, was tatsächlich aber vielfältige Aufgaben mit sich bringt, die es den Spielern erleichtern, sich auf ihren Job auf dem Platz zu konzentrieren. Becker bereitet die Trainingsklamotten vor, richtet die Kabine zuhause wie auswärts her, sorgt für die Verpflegung, guckt, dass Bälle und Material in ordnungsgemäßem Zustand sind. Und dass alles im Bus ist, wenn es auf Auswärtsfahrten geht. Deshalb hat er heute auch einen Arbeitstag, der ihn sozusagen über Umwege wieder in die mittelhessische Heimat bringt. »Ja, natürlich fahre ich nach Dreieich, ich will da schon ein Auge drauf haben, dass alles mitkommt, was gebraucht wird«, startet der gute Mann, übrigens schon von Kindesbeinen an Eintracht-Fan, morgens in Biebertal, fährt ins Trainingszentrum in Hessens Süden und von da mit der Mannschaft nach Gießen. Dorthin, wo er, im doppelten Sinne, herkommt.

2015 kam Becker durch Said Rahmani zum damaligen Verbandsligisten VfB 1900 Gießen und avancierte im Handumdrehen zum Mädchen für Alles. »Eigentlich wollte ich doch nur eine Dauerkarte«, lacht Sascha Becker, der gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Anette Grebe dann das ganze Programm übernahm: Würstchen und Getränke, Ein- und Verkauf, Trikots waschen, Auf- und Abbau des Platzes. Ein Zeugwart, der, im wahrsten Sinne, für das ganze Zeug zuständig war. »Es war eine schöne Zeit«, sagt er in der Rückschau, »sportlich nicht immer gut, aber ein toller Zusammenhalt. Dann kam Günter Stiebig als Trainer, mit dem ich auch prima zusammengearbeitet habe.«

Becker ist ein ausgesprochen höflicher Mensch, er verweist auf die guten Seiten, freut sich über die vielen Kontakte, die damals entstanden sind und heute noch tragen. So lernte er auch Daniyel Cimen und Michael Fink kennen, als aus dem VfB langsam der FC wurde, »das sind gute Typen und wie das immer wieder funktioniert mit der Mannschaft, das ist bewundernswert.«

Aus Beckers Zeugwart-Dasein auf Verbandsliga-Ebene wurde ein Vollzeitjob, der ihn nach den Turbulenzen beim FC Gießen und der Übernahme des Vereins durch Notvorstand Turgay Schmidt zum TSV Steinbach-Haiger führte. Wobei er »über die Umstände nicht sprechen« mag, was die in viele Richtungen entstandenen Verwerfungen angeht, die mit dem Notvorstand im zwischenmenschlichen Bereich Einzug hielten.

Immerhin: Bei Steinbach hatte er es auch gut getroffen mit seiner Tätigkeit. »Das in Gießen war dann vorbei«, sagt Becker, der die Regionalliga aus Steinbacher Warte kennenlernte, ehe er von den Ambitionen seines Herzensvereins Eintracht Frankfurt erfuhr, die U21 wiederzubeleben. »Ich bin ja schon ewig Eintracht-Mitglied«, sagt Becker, der Patrick Ochs anschrieb, noch zu Hessen Dreieich-Zeiten, um vorzufühlen, ob ein Zeugwart gebraucht werde. Man telefonierte, traf sich, konferierte - und es passte. So landete Sascha Becker »in den tollen professionellen Strukturen« und man merkt ihm an, dass ihm der Job Freude bereitet. Auch zum Beispiel mit Alex Meier, Frankfurts Fußball-Gott, der im Trainerstab der U21 dabei ist. »Ein super Typ, überhaupt nicht abgehoben, absolut nett und bodenständig«, wie der Biebertaler sagt, der seinen Jahresvertrag (ganz wie die Profis) bereits für die nächste Saison verlängern konnte. Man ist zufrieden mit der Arbeit von Sascha Becker, der sich freuen würde, im nächsten Jahr auf Regionalliga-Reisen zu gehen. Auch wenn dann vermutlich das besondere Spiel in Gießen ebenso wegfällt wie eine weitere Partie, die für ihn besondere Relevanz besitzt: Denn wenn er mit der Eintracht gegen Waldgirmes spielt, trifft er auf eine ganz besondere »Gegenspielerin«. Lebensgefährtin Anette Grebe hat in der Lahnaue angeheuert - und sorgt für Trikots und Co. beim SC Waldgirmes.

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