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Ruhende Bälle bringen Eintracht aus der Ruhe

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Frankfurt (pep). Jedes Spiel für sich gesehen, sind die Unentschieden der Frankfurter Eintracht in München (1:1), in Freiburg (1:1) und nun in Wolfsburg (2:2) in Ordnung. Wie in der Vorrunde haben die Frankfurter aus den ersten sechs Begegnungen der Rückrunde acht Punkte geholt Auch das im Rahmen. Und die Lage in der Tabelle ist durchaus noch vielversprechend.

Drei Punkte Rückstand auf die Champions-League-Plätze, vier und fünf Punkte Vorsprung auf die nicht-europäischen Ränge. Also was nun anfangen mit dem Spiel in der Autostadt, das die Frankfurter leicht hätten gewinnen können, durchaus aber auch hätten verlieren können?

Die ganz große Zufriedenheit wollte sich nicht breitmachen, dazu wartet die Eintracht schon zu lange auf einen Auswärtssieg, zuletzt am 5. November in Augsburg. »Wir wollten unbedingt einen Dreier«, sprach Torwart Kevin Trapp aus, was alle dachten, »es wäre mehr drin gewesen.« Auch der Trainer sah das große Ganze mit gemischten Gefühlen. »Beide Mannschaften haben sich den einen Punkt verdient«, sagte Oliver Glasner.

Mangelhaft ist nach wie vor die Verteidigung von Standardsituationen. Das Kopfballtor von Yannick Gerhardt zum 2:2 der Wolfsburger war der 15. Gegentreffer, den die Eintracht nach Freistößen oder Eckbällen hinnehmen musste. Ein dramatisch schlechter Wert. Inzwischen raubt jeder »ruhende Ball« den Frankfurtern die Ruhe, es bricht fast schon Panik aus im eigenen Strafraum. Nachdem alle taktischen Veränderungen nichts geholfen haben, hat der Torwart nun eine ganz eigene Methode der Krisenbekämpfung vorgeschlagen. »Wir sollten weniger über die Standards reden, damit geht es vielleicht aus den Köpfen«, sagte Kevin Trapp.

Der Gegentreffer in Wolfsburg, das gehört zur Wahrheit dazu, war ja auch ein wenig unglücklich. Evan Ndicka, der den Freistoß zuvor völlig unnötig verursacht hatte, war nahe dran am Torschützen, berührte wie Gerhardt den Ball ebenfalls mit dem Kopf, ein halbes Eigentor also.

Ein paar Zentimeter haben den Frankfurtern in diesem Spiel in vielen Situationen gefehlt, um drei Punkte zu holen. Vor dem ersten Gegentor war der Wolfsburger Schütze Omar Marmoush, der übrigens eine erstaunlich gute Visitenkarte bei seinem wahrscheinlich neuen Klub abgab, hauchdünn nicht im Abseits. Beim vermeintlichen Siegtor der Eintracht durch Jesper Lindström hatte Vorbereiter Randal Kolo Muani dagegen hauchdünn im Abseits gestanden. Beide Entscheidungen des VAR waren richtig, wenn auch unglücklich für die Eintracht.

Mit Unglück nichts zu tun haben freilich die Formschwächen einiger Profis, die noch vor der Winterpause in Topform waren. Mario Götze kommt im neuen Jahr nicht so richtig in Fahrt, humpelte zwischenzeitlich auch über den Platz. Am Montag gabs Entwarnung: »Keine Verletzung«, hieß es vom Klub. Daichi Kamada ist längst zurückgefallen in alte Verhaltensmuster, zögerlich, ohne Dynamik, kaum Torgefahr. Jesper Lindström rennt noch immer wie ein Derwisch über den Platz, aber die Effektivität ist ihm abhandengekommen. Und Evan Ndicka schwankt extrem zwischen guten (tolles Tor zum 2:1, Pfostenschuss in letzter Minute) und weniger guten Szenen (direkt beteiligt bei beiden Gegentoren).

Dass der Wolfsburger Trainer Niko Kovac später von einem »sehr, sehr guten Bundesligaspiel« gegen einen »sehr guten Gegner« sprach, war aber auch richtig. Denn die Eintracht konnte durchaus ein paar Trümpfe ausspielen. Aurelio Buta ist ein brandgefährlicher Torvorbereiter geworden, seine Flanke vor dem 1:1-Ausgleich war perfekt geschlagen. Tuta, vor einer Woche in Leipzig noch ganz schwach, belohnte das Vertrauen, das der Trainer in ihn gesetzt hatte. Der Brasilianer verteidigte in Wolfsburg konzentriert, engagiert und mit viel Geschickt. Gleich dreimal war er Retter in der Not und damit bester Abwehrspieler.

Und da war ja noch Kolo Muani. Der Kopfballtreffer zum 1:1 war im Sinne des Wortes eine Wucht. Es war schon der elfte Saisontreffer des Franzosen, dazu hat er 13 Torvorlagen geliefert, einsame Spitze in der Bundesliga. »Ein überragender Fußballer, er macht in unserem Spiel den Unterschied aus. Man kann ihn in jeder Lage anspielen: Er kann Spieler ausdribbeln und ist in der Luft gut. Er ist wirklich eine der herausragenden Figuren in Europa«, lobte Kapitän Rode den Mitspieler. Das größte Kompliment aber kam vom Gegner. »Wenn Kolo Muani läuft, brauche ich mich nicht mit ihm zu messen. Ich bin halt ein Güterwagon - und er ist ein ICE«, sagte Wolfsburgs Kapitän Maximilian Arnold.

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