Träumen darf erlaubt sein

Wetzlar. »Wir müssen träumen dürfen. Denn wer nicht träumt, der kann direkt einpacken und nach Hause gehen.« Jasmin Camdzic ist am Donnerstagmorgen um kurz nach acht schon blitzwach und voll fokussiert auf die Aufgaben, die für ihn als Sportlichen Leiter und die HSG Wetzlar in den kommenden Wochen und Monaten anstehen. Ehe es ab 9.. Februar und dem Heimspiel gegen Hannover-Bundesliga in der Handball-Bundesliga um die Pflichterfüllung im Kampf um den Klassenerhalt geht, steht noch eine Runde Kür auf dem Programm.
SG Flensburg-H. - HSG Wetzlar (Samstag, 18 Uhr)
Am Samstag (18 Uhr/kostenpflichtig live bei Sportdeutschland.tv) sind die Mannen um Kapitän Adam Nyfjäll bei der SG Flensburg-Handewitt zu Gast. Wie, schon wieder Flens-Arena, schon wieder die weiteste Anreise für die Wetzlarer in der Saison? Ja, gerade mal 39 Tage nach dem Punktspiel an der Förde heißt es nahe der dänischen Grenze nun: DHB-Pokal-Viertelfinale.
Das Erstliga-Duell zum Jahresabschluss sah nach 60 Minuten den Favoriten deutlich mit 34:24 vorne. Die HSG hatte sich aber bis knapp eine Viertelstunde vor der Schlusssirene mehr als achtbar aus der Affäre gezogen und beim 20:23 sogar ganz kurz an einer Überraschung schnuppern dürfen. Einer Sensation gleich käme nun ein Erfolg im K.o.-Spiel in der wie immer stimmungsvollen Arena des dreifachen Deutschen Meisters. Obwohl beim Blick in die Kader der Schein durchaus trügen könnte. Zehn aktuelle Nationalspieler hat SG-Coach Maik Machulla in seinen Reihen, bedeutete für die WM im Januar aber auch zehn Abstellungen und bis diese Woche kein komplettes Teamtraining in der ohnehin kurzen Wintervorbereitung. Und dass sich nach Lasse Möller (Wadenverletzung) zu allem Überfluss Jim Gottfridsson in der Turnierendphase die linke Hand brach, macht die Verantwortlichen im hohen Norden sicher nicht glücklich.
Ausgerechnet Gottfridsson, der Denker und Lenker nicht nur in der schwedischen Nationalmannschaft, sondern seit Jahren auch für Machulla und Flensburg, fällt voraussichtlich zwei Monate aus. »Klar ist das eine Schwächung für den Gegner. Aber wir wissen genau, dass Flensburg viel mehr ist als Gottfridsson«, sagt HSG-Trainer Hrvoje Horvat. »Ob mit Jim oder nicht. Wir brauchen eine bessere Leistung als kurz nach Weihnachten, dürfen keine Geschenke verteilen und die SG nicht zu Gegenstößen einladen«, erinnert der 45-Jährige seine Jungs an die Basics. »Unsere Torhüter müssen top sein, unsere Abwehr muss top stehen und im Angriff müssen wir so wenig Fehler wie möglich machen und Benko nicht warmwerfen«, ergänzt »Jasko« Camdzic.
In der Tat wird vom Vergleich zwischen dem Duo Buric/Möller und Klimpke/Suljakovic einiges abhängen. Auf beiden Seiten war die jeweils etatmäßige Nummer eins, Benjamin Buric hier und Till Klimpke dort, nicht beim Saisonhöhepunkt in Polen und Schweden mit dabei. Anadin Suljakovic für Katar und vor allem Kevin Möller mit Weltmeister Dänemark kamen derweil mit breiter Brust von der WM zurück. Wie sicher auch alle anderen Flensburger Nationalspieler, speziell Möllers Landsleute Emil Jacobsen, Jacob Hansen, Simon Hald und Mads Mensah Larsen, die das Titel-Triple nach dem finalen Erfolg gegen Frankreich vor Ort und in Kopenhagen ausgiebig feierten.
Für Deutschlands Kapitän Johannes Golla sowie für die Norweger Magnus Röd und Göran Johannessen ging es ebenfalls erst Anfang der Woche wieder zurück in den Liga-Alltag. »Mal schauen, wie die so drauf sind«, hofft Hrvoje Horvat insgeheim natürlich auf müde SG-Stars.
Der neue Wetzlarer Coach selbst hat seit Mittwochabend Gewissheit, dass er sich nun komplett auf die Aufgaben an der Lahn konzentrieren kann. Denn der kroatische Verband erklärte die Zusammenarbeit mit seinem bisherigen Nationalcoach für beendet und Goran Perkovac zu Horvats Nachfolger. »Das bringt sicher mehr Ruhe bei uns rein. Und wenn Hrvoje sagt, dass er gut damit leben kann, dann umso besser«, sagt Jasmin Camdzic, der wie der Chefcoach mögliche Kaderveränderungen in den kommenden Tagen ankündigt, aber sich mit genauen Aussagen nicht in die Karten schauen lässt.
Die beiden sportlich Verantwortlichen sowie »Co« Filip Mirkulovski haben bis auf den nach wie vor im Aufbautraining befindlichen Spielmacher Magnus Fredriksen alle Mann fit an Bord und starten an diesem Freitag gegen 11 Uhr nach einer letzten morgendlichen Einheit in Richtung Flensburger Förde.
Mit dem neuen Innenblocker Hendrik Wagner und auch mit Rückraum-Ass Stefan Cavor, der infolge seines Kreuzbandrisses seit Anfang Mai außer Gefecht gesetzt war, am Samstag aber nun sein Pflichtspiel-Comeback für Wetzlar feiern wird. Bei der Pokal-Kür seiner HSG, für die Träumen absolut erlaubt sein darf. Träumen vom großen und sportlich wie finanziell überaus lukrativen Final Four in Köln.