Vom Druck bis Chilli Vanilli

Stuttgart/Wetzlar. Es ist kurz nach zehn Uhr an diesem Mittwochmorgen, als sich Silvio Heinevetter wenige Minuten nach dem Anrufversuch auf seinem Handy per Recall meldet. »Ich habe einen Kaffee in der Hand, alles ganz entspannt«, lauten die ersten Worte des früheren Nationaltorhüters. Der seit Sommer 2022 beim Bundesligisten TVB Stuttgart zwischen den Pfosten steht.
Jenem Club, mit dem es die HSG Wetzlar in ihrem nächsten richtungsweisenden Duell im Kampf um den Klassenerhalt am Sonntag (16.05 Uhr) in der Porsche-Arena zu tun bekommt.
Kaffee trinken, entspannt? Das passt auf den ersten Blick gar nicht so zu »Heine«. Der inzwischen 37-Jährige ist auch im Herbst seiner Karriere nach wie vor einer, der polarisiert, nicht zur Ruhe kommt, immer wie elektrisiert wirkt. Auf dem Handball-Feld. Abseits davon scheint der 204-fache Nationalspieler, der über den SC Magdeburg, die Füchse Berlin und die MT Melsungen nun bei den Schwaben gelandet ist, den Frieden mit sich und der Welt gefunden zu haben.
Und so gibt der Mann aus Bad Langensalza, der über seinen Sport hinaus durch seine langjährige Liaison mit Schauspielerin Simone Thomalla bekannt wurde, aber natürlich vor allem mit seiner sportlichen Leidenschaft zahlreiche Erfolge feierte und Schlagzeilen schrieb, im folgenden Interview ganz sonor Antwort auf die ihm gestellten Fragen.
Silvio Heinevetter, am Sonntag geht es gegen die HSG Wetzlar. Wie läuft die Vorbereitung?
Am Montag und Dienstag war knackiges Training, hohe Belastung, intensive Einheiten. Ab Donnerstag bereiten wir uns gezielt auf Wetzlar vor. Für uns als Torhüter heißt das natürlich: Wurfbilder des Gegners anschauen, die letzten Spiele der HSG analysieren und das, was ich über die Jahre gesammelt habe, als Paket zusammenschnüren. Dann müssen wir das Ganze als Mannschaft lösen.
Das Hinspiel ging für Sie und den TVB mit 24:32 verloren. Bedeutet Revanchegelüste?
Eines ist klar: Wir wollen gegen einen Mitbewerber im unteren Tabellendrittel gewinnen. Die Wetzlarer werden im Moment nicht dem gerecht, was sie können. Da müssen sie sich rauskämpfen, aber am besten fangen sie damit erst im übernächsten Spiel an.
Auf dem Konto Ihres Teams schlugen zuletzt 5:1-Punkte zu Buche. Dabei war der Last-Minute-Sieg beim BHC wohl der Knotenlöser, oder?
Für uns ist die aktuelle Phase extrem wichtig. Und wir haben nicht vor, gegen Wetzlar mit dem Punkten aufzuhören. Dass jeder seinen Input mitgibt, um erfolgreich zu sein, steht außer Frage. Und wenn einer mit dem Trainer zusammen eine pfiffige Idee entwickelt wie ich in den letzten Sekunden beim BHC und dem langen Pass nach vorne, dann kommt das dem Team zugute. Am Ende steht der Mannschaftserfolg über allem.
Stichwort Druck: Wie gehen Sie selbst mit so etwas um?
Wenn er nicht gerade von außen reingetragen wird, hast du in jedem Spiel Druck. Das ist völlig normal und nichts Negatives. Es kommt immer drauf an, wie man damit umgeht. Der eine braucht ein bisschen mehr davon, um Höchstleistung zu bringen. Der andere vielleicht ein bisschen mehr Chilli Vanilli und das Wohlfühl-Erlebnis drumherum. Das Wichtigste ist, sich professionell auf jedes Spiel vorzubereiten. Dann kannst du dir erstmal nichts vorwerfen. Der Rest hat viel mit Tagesform zu tun.
Der TVB und auch Sie haben sich von der laufenden Saison sicher mehr versprochen, stimmt’s?
Wir sind katastrophal in die Runde gestartet, dann kam der Trainerwechsel, und es lief danach eigentlich erstmal ganz gut. Es gab viele äußere Bedingungen, die uns nicht in die Karten gespielt haben. Ich muss aber ganz ehrlich sagen, dass ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind. Es stimmt innerhalb der Mannschaft. Das ist das wichtigste.
Zwischendurch mal zwei kurze Stichworte: Erstens Nationalmannschaft.
Was gibt es dazu zu sagen? So, wie es jetzt ist mit den Torhütern, passt das schon.
Zweitens, nach der Begegnung gegen Wetzlar folgt nur vier Tage später das Gastspiel der wieder kriselnden MT Melsungen in Stuttgart.
Sagen wir mal so. Natürlich verfolge ich die Spiele der MT etwas intensiver, ist ja auch normal bei einem ehemaligen Verein. Es steht mir nicht zu, als Außenstehender dazu jetzt was zu sagen. Letztes Jahr, als ich noch Teil der Melsunger Mannschaft war, habe ich alles gesagt, was zu sagen war.
Nochmal zurück zur HSG. Finden Sie es als erfahrener Keeper mutig, dass Wetzlar mit zwei jüngeren Torhütern im Kader arbeitet?
Mutig hin oder her: Erstmal muss man als Verein wirtschaften und schauen, was man zur Verfügung hat. Ich finde, mit Till Klimpke und Anadin Suljakovic hat Wetzlar zwei Super-Torhüter, auch wenn sich das in dieser Saison nicht unbedingt widerspiegelt. Viel wichtiger als das Alter ist die Frage: Wie kommen die beiden Torhüter miteinander aus? Nicht jeder funktioniert sofort. Aber es muss immer einer da sein, der der Mannschaft in diesem oder jenem Spiel Stabilität gibt. Das ist das A und O. Das hat sich auch bei Miljan Vujovic und mir erst mit der Zeit so gut entwickelt.
mit Silvio Heinevetter