Was ist nur mit Oliver Glasner los?
Frankfurt (pep). Oliver Glasner, Trainer der Frankfurter Eintracht, gibt zunehmend Rätsel auf. Der »Wiesbadener Kurier« titelte: »Der Erklärer erklärt nichts mehr«. Laut FR ist er »erstaunlich dünnhäutig«. Der Kicker schreibt von einem »skurrilen Bild«, das er abgebe. Die Krise der Frankfurter Eintracht ist auch die Krise des 48 Jahre alten Trainers.
Also: Was ist los mit Oliver Glasner?
In Frankfurt ist er ein »Held«. Der österreichische Fußball-Lehrer hat die Eintracht im letzten Jahr zum ersten internationalen Titel nach 42 Jahren geführt, hat mit einer nur mittelmäßig begabten Mannschaft die Europa-League gewonnen. Glasner hat viele Spieler besser gemacht. Unter ihm haben sich Jesper Lindström und Daichi Kamada zu international begehrten Profis entwickelt. Unter ihm hat Filip Kostic die beste Saison seiner Karriere gespielt. Unter ihm wurde Ansgar Knauff zum besten Jungprofi der Europa-League gewählt. Die Beispiele wären fortzusetzen.
Wenn Glasner durch die Straßen von Frankfurt geht, stehen die Menschen Schlange, um ein Selfie mit ihm zu machen oder einfach nur mit ihm zu reden, zu plaudern. Er ist beliebt, er ist nahbar, nicht abgehoben. Der Klub weiß, was er an seinem Trainer hat und will den bis 2024 laufenden Vertrag um zwei Jahre verlängern.
Trotz des sportlichen Sturzflugs der letzten Wochen wird Glasner auch in der veröffentlichten Meinung nicht in Frage gestellt. Zu groß sind seine Verdienste, zu oft hat er seine Klasse unter Beweis gestellt, nicht nur in Frankfurt, zuvor auch schon in Wolfsburg und in Ried. So weit, so gut. Doch seit einigen Wochen ist eine Veränderung im Verhalten des Eintracht-Trainers festzustellen. Er wirkt zunehmend genervt von seiner erfolglosen Mannschaft, von Spielern, die sich ganz offensichtlich maßlos überschätzen, von den Kritiken in den Medien.
Das führt zu Reaktionen, die nicht wirklich nachvollziehbar sind. Nach dem 0:2 bei Union Berlin hat er mit Blick auf seine Abwehrspieler die Qualitätsfrage gestellt. Da liegt er in der Sache sicher nicht falsch, ob es klug war, steht auf einem anderen Blatt. Noch vor einem Jahr und auch noch vor einem halben Jahr war die Eintracht noch im Sinne ihres Vereinsnamens mit Eintracht unterwegs und konnte so viele Mängel wettmachen. Das gelingt ihr in diesen Wochen nicht mehr. Darüber ist Glasner sauer. Auf die Spieler. Und wohl auch auf sich selbst.
Anders sind seine pampigen Antworten auf berechtigte Reporterfragen nach dem Spiel in Leverkusen nicht zu interpretieren. Nachfragen nach der »fehlenden Handlungsschnelligkeit« der Abwehrspieler, und Mario Götzes »Gelborgien«, die nun zu einer Sperre fürs Spiel gegen Mönchengladbach geführt haben, sind nun wirklich kein Grund, sich in ein Schneckenhaus zurückzuziehen. Schon gar nicht für einen Mann wie Glasner, der auch bei den Medienvertretern hohes Ansehen genießt. Gerade weil er erklärt und Stellung bezieht und manchmal auch deutliche Worte findet. Zuletzt freilich immer weniger. Was ist also los mit Glasner? Nicht wenige glauben, er wolle seinen Abgang aus Frankfurt vorbereiten. Der Vertrag läuft noch bis 2024, darauf weist er selbst immer wieder hin, aber es gibt eine Ausstiegsklausel, die er nach dem letzten Spieltag ziehen kann.
Das ist für ihn komfortabel, für den Klub brandgefährlich. Der Zusammenhang zwischen Dünnhäutigkeit und Ausstieg am Ende der Saison ist freilich nicht wirklich zu erkennen. Die wahrscheinlichste Erklärung für Glasners medialen Rückzüge ist wohl eher in seinem unbändigen Ehrgeiz zu suchen. Er weiß, dass es die Mannschaft besser kann, dass er es besser kann. Dass der Weg aus der Krise zuletzt einfach nicht gefunden wurde, nagt an ihm. Gerade darum gibt es auch einen zweiten Interpretationsansatz: Glasner will bleiben. Er will die Chance nutzen, mit neuen Spielern etwas Neues aufzubauen.