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»110 anrufen! »Wir kümmern uns«

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Claudia Zanke © Rüdiger Schäfer

Fast täglich erfährt man von neuen Opfern, meist ältere Menschen, die auf den sogenannten Enkeltrick hereingefallen sind. Kommissarin Zanke klärte im Seniorenbeirat Gießen über die Maschen auf.

Gießen. »Hallo Oma!« - »Hallo Felix«, erwidert die ältere Frau am Telefon. Diese Enkeltrickmasche ist bekannt, allerdings wohl noch immer nicht bei allen. Denn fast täglich erfährt man von neuen Opfern. Dass diese Betrugsmasche und ähnliches Agieren bei den potenziellen Opfern - meist Opas und Omas in höherem Alter - noch stärker ankommt als bisher ist das Anliegen des beim Polizeipräsidium Mittelhessen angesiedelten Bereiches »E4 Prävention«. Der Seniorenbeirat hatte Kriminalhauptkommissarin Claudia Zanke zu seiner Sitzung eingeladen, um über die polizeiliche Präventionsarbeit zu berichten.

»Wir rennen nicht nur den Straftätern hinterher, sondern versuchen durch Vorbeugung zu verhindern, dass Bürger Opfer werden.« Neben dem polizeilichen Opferschutz gebe es »Kompass«. Dabei handele es sich um das bundesweit erste Programm des Hessischen Innenministeriums für alle Städte und Gemeinden. Dessen Ziel sei es, dass die teilnehmenden Kommunen Sicherheitsthemen selbstständiger angehen und individuelle Lösungen für Probleme vor Ort entwickeln können.

Bei der städtebaulichen Kriminalprävention handle es sich um Stellen im Ort, an dem sich die Bürger unwohl fühlten. Bei der zentralen Jugendprävention sei zu bemerken, dass erfahrungsgemäß jeder Jugendliche einmal im Jahr eine Straftat begehe. Hier träten immer einmal Phänomene auf wie zuletzt die TikTok-Challenge (ein Wettbewerb), in Schultoiletten Papier anzustecken und dies in soziale Medien zu stellen. Internetprävention betreffe beispielsweise angebliche Microsoftmitarbeiter oder Internetseiten, auf denen man Produkte bestellen könne, aber nach Bezahlung keine Ware erhalte.

Politisch motivierte Kriminalität beträfe hauptsächlich Extremismus. Im Bereich Migrationsbeauftragte wendete man sich Problemen bedingt durch andere Kulturbereiche zu. Kriminalpolizeiliche Beratungsstellen würden beispielsweise durch den »Schutzmann vor Ort« in der Nordstadt betrieben. Bei der Verkehrsprävention gebe es die Aktion »Max« - »maximal mobil bleiben«. Als zehntes und letztes erwähnte Zanke das Netzwerk gegen Gewalt, dessen regionale Geschäftsstelle in Marburg angesiedelt sei. »Den Bürger zu schützen, das gelingt uns in vielen Fällen; leider nicht immer.«

Was früher der Teppichbetrug an der Haustür war, ist heute der Enkeltrick. Eine Masche sei: »Ich habe ein neues Handy und eine neue Nummer.« Am nächsten Tag dann der Anruf: »Ich kann noch kein Banking damit machen. Oma, mach mal bitte für mich!« Sodann stellte die Polizeihauptkommissarin das Projekt »Sicherheitsberater für Senioren SfS« vor. Die Idee ist ein »Peer-to-peer-Ansatz«, was eine Kommunikation unter Gleichen bedeutet. In einer ehrenamtlichen Tätigkeit sollen ältere Mitbürger zum Multiplikator ausgebildet werden. Ziel ist es, Senioren vor Kriminalität zu schützen, deren Lebensqualität zu steigern und Hilfe zur Selbsthilfe sowie Hilfe gegenüber Mitbürgern zu aktivieren. Ab 55 plus könne man da mitmachen. Unter der Rufnummer 0641/ 7006-2050 könne man Kontakt aufnehmen. Viele Ältere hätten kein Internet, keine Zeitung und nicht wenige auch keinen Kontakt zu Mitmenschen. Deshalb sei es so wichtig, potenzielle Opfer aufzuklären. Sie sollten wissen, dass sie bei einem Zweifel jemanden anrufen könnten. Zur Aufklärungsarbeit haben beispielsweise ambulante Pflegedienste einen Infoflyer erhalten.

»Die Chance, dass wir die Täter ermitteln, ist so gut wie Null. Also einfach auflegen und die 110 wählen!« Hinter dem Enkeltrick steckten zumeist Türken, bei Microsoftmitarbeitern oft Inder. Ob die Namen der Angerufenen nach bestimmten Kriterien ausgewählt würden, wurde gefragt. »Die rufen am Tag 500 Leute an, haben zwei bis drei dann an der Angel.« Männer und Frauen fielen etwa gleich stark auf diese Maschen herein. Bei Alleinstehenden sei die Rate höher. Zanke zeigte auch ein Video, das in Kooperation mit der THM produziert wurde.

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Mit der perfiden Masche Enkeltrick werden Senioren um ihr Erspartes gebracht. © Schäfer

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