Alternative zum Parkgroschen

Gießen führt das digitale Ticket ein und schafft kostenloses Parken am Sonntag ab.
Gießen . Für einen Groschen kann man sein Auto in Gießen schon lange nicht mehr parken. Jetzt läutet die Stadt das analoge Ende des »Groschengrabes« ein. Ab 1. März kann man seine Parkgebühren nämlich auch mit dem Smartphone begleichen. Das neue Konzept stellte Bürgermeister und Verkehrsdezernent Alexander Wright nun mit dem Geschäftsführer des Servicepartners »Smart Parking«, Philipp Zimmermann, Nadine Pfeiffer von der Verkehrsbehörde und Carsten Trittin von der Ordnungspolizei in der Johannesstraße vor.
Der Wildwuchs an bereits bestehenden Park-Apps ist damit eingehegt. Da »Smart Parking« mit den sechs Anbietern »EasyPark«, »moBiLET«, »Yellowbrick/flowbird«, »paybyphone«, »Parkster« und »Parco« kooperiert, kann man bislang in knapp 300 Städten seine Parkgebühren mit dem Smartphone begleichen. Darunter sind Marburg, Wetzlar oder Frankfurt und ab März dann auch Gießen.
Bislang sind erst 27 von 137 Parkautomaten in der Stadt umgestellt worden, erkennbar an einem langen Aufkleber an der Seite des Gehäuses, auf dem das genaue Prozedere des digitalen Bezahlens erklärt wird. Der Rest soll bis Mitte Februar folgen, bevor das neue System »scharf geschaltet« wird.
Chip-Verspätung
Eigentlich sollte diese Umstellung schon früher abgeschlossen sein, allerdings wurden die dafür nötigen neuen Speicherchips aufgrund der weltweiten Lieferengpässe in Fernost verspätet ausgeliefert.
Für die Kunden wird das Parken komfortabler, verspricht Carsten Trittin, Abteilungsleiter der Ordnungspolizei. Parkgebühren könnten jetzt minutengenau abgerechnet werden, und man müsse sich auch keine Gedanken mehr machen, ob man das nötige Kleingeld dabei habe. In einer Stadt mit einer jungen Bevölkerung rechnet Trittin mit einer hohen Akzeptanz digitaler Bezahlmodelle. Aber auch der Ordnungspolizei macht das digitale Parkticket das Leben leichter. Da reiche ein Scan des Nummernschildes, um sofort im Display zu sehen, ob die Parkgebühr überwiesen wurde.
Auch für Firmen biete das Vorteile. Die könnten die Parkgebühren für ihren Fuhrpark künftig zentral erfassen und auswerten. Das erspare jede Menge Zettelwirtschaft. Last but not least spare das neue Verfahren auch der Stadt einiges an Kosten und sei für diese »ziemlich risikofrei«, freut sich Wright.
Einen weiteren Pluspunkt der Verfahrens nennt Zimmermann: Viele Apps verhinderten auch eine Fehlbedienung. Wenn jemand zum Beispiel in einer Parkzone, in der die Höchstparkdauer zwei Stunden betrage, für vier Stunden parken wolle, verweigere die App den Bezahlvorgang.
Und damit sind die Möglichkeiten des digitalen Parkens noch nicht erschöpft, betont Zimmermann, der schon weiter in die Zukunft blickt. Park-Apps würden künftig direkt in Autos integriert sein, sodass man nicht mal mehr das Handy brauche, sondern direkt vom Fahrersitz bezahlen könne. Dafür sei man bereits in einer Kooperation mit den Autoherstellern.
Nur nachts frei
Einen Haken hat die schöne neue Parkwelt dann aber doch. Durch die mit ihrer Einführung zeitgleich von der Stadt angestrebte Vereinheitlichung der Parkraumbewirtschaftung entfalle das bislang freie Parken in der Innenstadt an Sonntagen, sagt Trittin. Künftig müssen in der Innenstadt von Montag bis Sonntag zwischen 7 und 22 Uhr Parkgebühren entrichtet werden. Die Umstellung der Parkscheinautomaten auf diese Neuregelung erfolge sukzessive bis Mitte Februar.
Und wie ist es eigentlich um den Datenschutz bestellt? Die Anbieter der Park-Apps könnten mit denen von ihnen gewonnenen Daten zum Beispiel Bewegungsprofile erstellen. Zimmermann nickt und hat mit dieser Frage schon gerechnet. Datenschutz sei »Smart Parking« sehr wichtig. So würden personenbezogene Daten der Kunden gemäß den Vorgaben des Datenschutzgesetzes lediglich zu Abrechnungszwecken zwischen 60 und 90 Tagen gespeichert. Die App sei zudem von zwei Landesdatenschützern geprüft und für gut befunden worden. Darüber hinaus müsse sie alle zwei Jahre neu überprüft und zertifiziert werden.
Und auch der Kunde könne selbst festlegen, wie genau die Bewegungsspuren sind, die er durch die Benutzung der App hinterlässt. So könne er zum Beispiel das GPS seines Smartphones ausschalten. Dann würde nur noch registriert, in welcher Parkzone er parkt, aber nicht sein genauer Standort.
Für Zeitgenossen, die ganz anonym bleiben wollen, hat Carsten Trittin ebenfalls noch einen Tipp parat. »Man kann an allen Parkscheinautomaten immer noch mit Münzen bezahlen.« Manchmal hat eben auch die alte analoge Welt noch ihre Vorteile.