Angehende Tischler zeigen ihr Können

Marie Wagner aus Dorlar überzeugt bei Wettbewerb »Die Gute Form«. 22 Gesellenstücke sind im Rathaus in Gießen zu sehen
Gießen (wf). Den Stand des ausgelernten Gesellen haben die jungen Damen und Herren des Gesellenprüfungsjahrganges 2022 im Tischlerhandwerk auf der Ebene der Innung Gießen noch nicht ganz erreicht. Hier muss in etlichen Fällen noch eine mündliche Prüfung »überwunden« werden. Was allerdings schon fertig ist, das sind die Gesellenstücke als sichtbare Krönung der praktischen Prüfung.
Sozusagen dazwischengeschaltet ist der Wettbewerb »Die Gute Form«, an dem allerdings nur die Gesellinnen und Gesellen aus Ausbildungsbetrieben teilnehmen dürfen, die in der Innung organisiert sind. In diesem Jahr hat die Tischlerinnung Gießen die Gelegenheit, mit dem Atrium im Gießener Rathaus einen Platz nutzen zu dürfen, der einen steten Publikumsverkehr erlebt. Für Rathausbesucher heißt es also derzeit: vorbei an den ausgestellten 22 Gesellenstücken, allesamt Unikate.
Drei Preise werden im Wettbewerb »Die Gute Form« vergeben, Platz 1 qualifiziert sich für die nächste Stufe des Wettbewerbs im Herbst auf Landesebene. In diesem Jahr ist die Siegerin Marie Wagner aus Dorlar, die ihre dreijährige Ausbildung zur Tischlerin bei der Firma Adam Innenausbau in Rodheim-Bieber absolviert hat. Ihr Gesellenstück, ein Bar-Schrank, folgt strengen geometrischen Formen im rechten Winkel. Ins Auge fällt die Front des trotz seiner Größe filigran wirkenden Möbelstücks: Die Tür ist von oben bis unten mit 350 handgefertigten Schindeln ausgelegt.
Auf die »Schindel-Idee« kam die künftige Junggesellin im Anschluss an einen Kurs zur Schindelherstellung, den die 23-Jährige im Rahmen ihrer Ausbildung absolviert hat. Ihr Gesellenstück, zu 100 Prozent aus massiver Fichte und Tanne, überzeugte die Jury des Wettbewerbs.
Der zweite Platz wurde Felix Stuckert aus Gießen, ausgebildet in der Jugendwerkstatt Gießen, für sein niedriges Sideboard aus Nussbaumholz zuerkannt. Der dritte Preisträger, Jonathan Hoffmann aus Allendorf/Lumda wurde ebenso wie die Siegerin bei Adam Innenausbau ausgebildet. Sein Gesellenstück ist ein Flurschränkchen aus Esche.
Und schließlich sprach die Jury noch eine Belobigung für Benedikt Hotte (Gießen) und seine zwei Holz-Schatullen aus, der sein Handwerk bei der Firma Haas in Wißmar erlernt hat.
Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher lobte Können und Geschick, das aus den Gesellenstücken sprechen. Die Preisvergabe gewähre überzeugende Einblicke in die Kreativität des Tischlerhandwerks und sei gute Werbung für das Gewerk - und das Rathaus dafür der richtige Ort.
Kreishandwerkerschafts-Geschäftsführer Sascha Prochazka bezeichnete jedes einzelne Gesellenstück als »Kunstwerk für sich«. Er ermunterte die künftigen Gesellinnen und Gesellen zu steter Weiterbildungsbereitschaft, die zusammen mit einem immerwährenden Interesse am Handwerk Basis für eine »Karriere mit Lehre« sei. Investitionen in Weiterbildung sind laut Prochazka die besten Investitionen in die Zukunft.