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»Angsträume« in der Nordstadt

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Von: Rüdiger Schäfer

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Am Sportplatz Eder hat sich ein Wohnsitzloser diesen Unterstand zu »seiner« Unterkunft gemacht. Foto: Schäfer © Schäfer

Um subjektive Gefühle und reale Gründe für Angst im öffentlichen Raum ging es beim »Runden Tisch Flussstraßenviertel« in Gießen. Mit dabei war auch der neue Schutzmann vor Ort.

Gießen . Um subjektive Wahrnehmung und objektive Tatsachen ging es beim »Runden Tisch Flussstraßenviertel«. Das Thema: »Angsträume in der Nordstadt«. Als profilierter Gesprächspartner war der Schutzmann vor Ort in Person von Dennis Mauer gekommen.

»Wenn ich östlich am Nordstadtzentrum in der Dunkelheit vorbeigehe, bekomme ich es jedes Mal mit der Angst zu tun, weil sich in dem Bereich bei schummrigem Licht viele Jugendliche aufhalten«, berichtete eine Bewohnerin. Mauer weiß aus Erfahrung, dass viele Menschen ein Bedrohungsgefühl beschleicht, wenn sie sich im öffentlichen Raum aus verschiedenen Gründen nicht wohl fühlten. Angst vor tätlichen Übergriffen kämen in bestimmten Situationen oder an bestimmten Orten auf. Dies seien jedoch zumeist subjektive, also empfundene Ängste. »Polizeilich gesehen gibt es objektiv gesehen keine Angstorte, solange keine statistisch erfassten Straftaten passieren.«

Nordstadtmanager Lutz Perkitny ging auf den für viele Jugendliche beliebten abendlichen Treffpunkt rund um das Nordstadtzentrum ein. »Das sind alles Jugendliche hier aus der Nordstadt, die sich in einer ihnen vertrauten Umgebung aufhalten. Da braucht niemand Angst zu haben«, brach er eine Lanze für die Kids.

Überschritten wird die Grenze von subjektiver zu objektiv begründeter Angst wohl in der Umgebung des Jugendtreffs Holzwurm, zwischen den Märkten Herkules und Action gelegen. Berichtet wurde von Drogenkonsum, -handel und -verkauf sowie Spritzen und Glasscherben im hinteren Bereich bei den Büschen hinter der Bude.

Als einen objektiven Angstraum bezeichnete der Schutzmann Mauer den Sportplatz Eder. Hier hat ein wohnsitzloser Mann in einem zum Spielfeld hin offenen Unterstand bereits seit einiger Zeit seine Wohnstätte aufgeschlagen. »Aktenkundig ist, dass dieser Mann bereits mehrere Straftaten begangen hat.« Anwohner berichten von einem oft Meter hoch loderndem Lagerfeuer, angesteckten Bänken und aggressivem Verhalten sowohl Erwachsenen als auch Kindern gegenüber.

Auf der anderen Seite sei er sehr reinlich, was seine Behausung betrifft. So sehe man ihn oft beim Kehren. Wenn er schlafe, stünden seine Badeschlappen fein säuberlich vor seiner Liegestatt. Ein ausgesprochener Platzverweis bedeute keine Lösung des Problems. Denn dieser könne von der Polizei nur für maximal 24 Stunden ausgesprochen werden. »Vermutlich leidet der Mann aufgrund von Drogenkonsum an einer Psychose«, so die Beurteilung des Schutzmanns. Ob man »so eine Person nicht wegsperren könnte«, wurde gefragt. Mauer: »Wir haben Leute in Deutschland, die haben 130 Straftaten begangen und waren noch keinen Tag in Haft.« Auf der Wache schrieben sie stundenlang Protokolle. Die gingen an die Staatsanwaltschaft, die dann entscheide, was weiter geschehe. Darauf hätten sie keinen Einfluss.

Mauer kündigte eine Räumungsaktion der »illegalen Unterkunft« am Eder-Sportplatz an. Dem Mann könne ein Platz im Obdachlosenheim im Falkweg offeriert werden. Ob er dieses Angebot allerdings annimmt, müsse ihm überlassen bleiben.

Großes Unbehagen gab und gibt es noch, jedoch nun im geringeren Ausmaß auf dem Kinderspielplatz neben dem Eder-Sportfeld. Hier ist die Verbesserung der Situation den sogenannten »Eder-Mamis« zu verdanken. Dies ist eine engagierte Müttergruppe unter der Leitung von Jasmin Al Hindawi und Esma Ar, die dort präsent ist, »um den Platz als Spielplatz zurückzuerobern«, erzählte Al Hindawi. Mithilfe des Gartenamtes soll ein Zaun errichtet werden, damit es »kein offener Park mehr mit Drogenkonsum« bleibt. Auch neue Sitzbänke und Tische sollen dabei helfen.

Jeden zweiten Dienstagnachmittag hält Dennis Mauer, der Schutzmann vor Ort, eine Bürgersprechstunde von 15.30 bis 17.30 Uhr ab - »Wenn’s sein muss, auch länger, so Mauer. Wer von den Nordstadtbewohnern ein Anliegen hat, kann sich jederzeit im Nordstadtzentrum einen Termin für ein Gespräch ausmachen.

Mauer kündigte für den 19. April einen Rundgang zu den Angsträumen des Nordstadtviertels an.

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