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Auch ein Buch über ein Lebensgefühl

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Von: Heinz-Gerhard Schütte

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Markus Brauckmann las aus seinem Buch. Foto: Schuette © Schuette

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Leseland Gießen« fand zum Auftakt eine Lesung im »Haus der Kultur« statt, in der der Autor Markus Brauckmann aus seinem Buch »München 72« las.

Hungen (hgt). Im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Leseland Gießen«, die von der OVAG und dem literarischen Zentrum Gießen unterstützt wird, fand zum Auftakt eine Lesung im »Haus der Kultur« statt, in der der Autor Markus Brauckmann aus seinem Buch »München 72« las.

Brauckmann, Jahrgang 1968, ist Autor und Regisseur und lebt in Köln. Nach Studien in Berlin und den USA arbeitete der Politologe für RTL und ProSieben sowie in mehreren Bundestagswahlkämpfen. Im In- und Ausland wurden seine TV-Dokumentationen mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Zuletzt gewann er die »Romy« für einen Film über Niki Lauda.

Mit den Eltern fuhr er einen Tag zur Olympiade, da war er erst vier Jahre alt. Der Autor betonte zu Beginn, dass es ihm in seinem Buch nicht um die Aufzählung von Erfolgen deutscher Athletinnen und Athleten gehe, sondern um die Faszination von München, mit der ein anderes Bild von Deutschland gezeigt werden sollte als bei der Olympiade 1936.

Die Idee zu diesem Buch kam ihm durch ein Buch über die erste Olympiade auf deutschem Boden. Die zweiten olympischen Spiele auf deutschem Boden vor 50 Jahren sollten fröhlich und unbeschwert sein, losgelöst von ideologischen Zwängen.

Alles, was man sich denken konnte, war für die Mannschaften im olympischen Dorf bei lockerer Atmosphäre vorhanden. Dazu gehörte auch ein Kino mit 209 Plätzen. Bei der Aufführung des Films »Die rechte und die linke Hand des Teufels« drängten so viele Besucher hinein, dass das Kino eingedrückt wurde. Es standen bekannte Sangesgrößen für die Unterhaltung zur Verfügung, Lieblingstreffpunkt war die Disco »Bavarian Nightclub« und der Rennwagensimulator war ein Highlight im Raum mit Spielautomaten.

Bei den Ein- und Ausgängen zum olympischen Dorf wurde getrickst und eher lax kontrolliert, was der Autor an einigen Beispielen schilderte. So half man Attentätern, ungestört über den Zaun ins olympische Dorf zu klettern und es kam zum Anschlag auf die israelische Olympiamannschaft am 5. September 1972. Die deutschen Behörden waren darauf nicht ausreichend vorbereitet und es folgte der gescheiterte Befreiungsversuch von Fürstenfeldbruck mit elf toten Israelis und einem deutschen Polizisten.

Von Ost und West ist in seinem Buch die Rede, von »Willy wählen« und alltäglichem Rassismus, als Homosexueller durfte man sich damals schon gar nicht outen, von Mode und Musik, von Aufklärung und Sex. IOC-Präsident Avery Brundage war nach dem Anschlag für die Fortsetzung der Spiele, um den Attentätern nicht das Gefühl der Macht zu geben.

Brauckmann schilderte auch die Begegnung mit einigen deutschen Teilnehmern bei der Olympiade, die er interviewt hat. Alles in allem ein breitgefächertes Buch mit einem breiten Spektrum, das es wert ist, die damaligen Ereignisse noch einmal in Erinnerung zu rufen.

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