Basketballer müssen weiter warten

Wo spielen die Gießen 46ers künftig Basketbàll? Die Entscheidung darüber soll in diesem Jahr fallen
Gießen . Für gewöhnlich herrscht während der Ausschusssitzungen auf den Zuschauerreihen im Parlamentssaal des Rathauses weitgehende Leere. Nicht so am Mittwochabend, als die Machbarkeitsstudien zum Neubau einer Ballsporthalle und zum Ausbau der Sporthalle Gießen-Ost auf der Tagesordnung standen. Doch wenn die Basketball-Enthusiasten gehofft hatten, dass sich in der Sitzung bereits herauskristallisieren könnte, wie die Spielstätte der Gießen 46ers künftig aussieht, wurden sie enttäuscht.
Klar ist: Der Um- und Ausbau der Osthalle sowie der Neubau einer Schulsporthalle, den die 46ers im Herbst 2021 selbst präsentiert hatten, ist grundsätzlich möglich. Andreas Schmitt, Geschäftsführer des beauftragten Planungsbüros blfp architekten (Friedberg), stellte die Pläne vor, die unter anderem Stahlträger als äußeren »Kokon« vorsehen. Denn derzeit sei die Statik »ausgereizt«. Das Konzept sieht den Abbruch der bestehenden Kleinfeldhalle samt Nebenräumen vor sowie den Neubau zweier gestapelter Sporthallen (Dreifach- oder Zweifachhallen) mit bis zu sechs Trainingsfeldern.
Dach und Nebenträger der Bestandshalle würden zurückgebaut. An Nord-, Ost- und Westseite sollen die Tribünen erweitert werden. Im Westen soll zudem eine neue VIP-Lounge entstehen, im Norden Zuschauerflächen und im Süden könnte das Foyer erweitert werden. Für das Dach sehen die Planer eine leichte Stahlkonstruktion vor.
Platz für rund 5000 Zuschauer
Durch Umbau und Erweiterung könnte die Osthalle künftig 4914 Sitzplätze bieten. Die Kosten dafür: rund 26,8 Millionen Euro netto. Da noch gut 17,7 Millionen Euro für den Neubau der Schulsporthallen hinzukämen, lägen die Gesamtkosten bei rund 44,5 Millionen Euro (netto). 2020 war man noch von etwa 25 Millionen Euro ausgegangen. Neben den Baukostensteigerungen sind im neuen Betrag auch erhöhte Sicherheiten und Nebenkosten enthalten. Planung und Neubau der Schulsporthallen würde rund dreieinhalb Jahre dauern, Umbau und Erweiterung der Osthalle weitere 15 Monate.
Das Konzept für einen Neubau an anderer Stelle präsentierte Horst-Friedhelm Skib, Leiter des städtischen Vermessungsamtes, für die S.E.M. Sport- und Eventmarketing GmbH, die kurzfristig verhindert war. Hier liegen die Kosten mit 51 Millionen Euro (netto) noch deutlich höher, die Preise für das Grundstück und die Außenflächen sind zudem noch nicht enthalten. Wie das finanziert werden soll - ob aus Steuergeldern und Fördermitteln oder durch private Investoren - steht nicht fest.
Die Planung sieht vor, dass in der neuen Halle jährlich mindestens 18 Spiele der 46ers stattfinden. Auch Shows oder Tanzturniere wären möglich. Unbestuhlt könnte die Halle rund 6000 Zuschauer fassen. Sogenannte MICE-Veranstaltungen wie Konferenzen und Ausstellungen würden dagegen angesichts der Sanierung der Kongresshalle keine Rolle spielen. Mindestens 27 Monate müssten für Planung und Fertigstellung eingeplant werden, realistischer seien 38 Monate. Während derzeit für die Spiele der 46ers noch der Universitätsparkplatz genutzt werden kann, müssen bei einem Neubau andernorts auch ausreichend Stellplätze realisiert werden beziehungsweise bereits vorhanden sein. Denn laut einer Umfrage von 2020 reisen fast 55 Prozent der Zuschauer mit dem Pkw an.
Ein Grundstück für den möglichen Neubau gibt es noch nicht. Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher (SPD) brachte im Ausschuss das Messegelände an den Hessenhallen wieder ins Spiel. Hierzu sollten noch einmal Gespräche geführt werden.
Eine neue Halle könne neue Veranstaltungsformate ermöglichen, »die Menschen nach Gießen locken«, sagte Becher. Gleichzeitig ließen sich Nutzungskonflikte zwischen Profi- und Schulsport auflösen und Raum für den Vereinssport würde frei. Dem gegenüber stünden als Risiko die hohen Kosten und die daraus resultierenden Konsequenzen für den städtischen Haushalt. Dabei müsse man auch die Möglichkeit im Blick behalten, dass der Aufstieg der Basketballer länger auf sich warten lassen könnte oder es später zu einem erneuten Abstieg kommt.
Aus der Opposition gab es Kritik: Er sei »relativ enttäuscht«, sagte Dr. Klaus Dieter Greilich (FDP) und drängte auf einen zeitnahen Beschluss. Abgesehen von den Preisen habe sich seit 2020 kaum etwas Neues ergeben, »es ist schon viel Zeit verloren gegangen«. Das sah auch Frederik Bouffier (CDU) so: »Wir wissen alle, dass wir nicht ewig warten können.« Sowohl die Gießener als auch der Verein würden eine Entscheidung erwarten.
46ers wollen Tempo erhöhen
SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Nübel dagegen warnte davor, es zu überstürzen: »Es braucht intensive Beratungen in den Fraktionen.« Der Oberbürgermeister mahnte, man dürfe »nicht schnell entscheiden, nur damit es entschieden ist«.
46ers-Geschäftsführer Jonathan Kollmar verfolgte die Präsentation der beiden Machbarkeitsstudien im Rathaus und zeigte sich auf Anfrage zufrieden. Wichtig sei, dass das Tempo in den nächsten Wochen erhöht werde, »damit wir zeitnah eine Entscheidung bekommen«. Eine Variante präferieren wollte Kollmar nicht, beides habe sein Für und sein Wider, die Basketballer könnten daher mit beiden Lösungen »gut leben«.
Wie geht es jetzt weiter? In der kommenden Woche stehen zwischen Stadt und 46ers weitere Gespräche an. Dabei soll es auch darum gehen, welche Möglichkeiten es für eine Betreibergesellschaft der möglichen Ballsporthalle gibt. Daran könnte letztlich die Entscheidung hängen: »Das Projekt steht und fällt mit der Frage, ob es gelingt, einen Betreiber zu finden«, betonte Becher. Einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung soll es laut dem Rathauschef frühestens nach der Sommerpause, zumindest aber noch in diesem Jahr, geben.