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»Beeinträchtigungen vermeidbar«

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Bei einem Neubau des Damms müssten die Bäume am Uferweg (links) weichen. Foto: Scholz © Scholz

Der BUND Gießen kritisiert die Pläne der Stadt, den Damm am Schwanenteich komplett neu aufzubauen.

Gießen. Ist das »Pilotprojekt Bitterling« die Lösung für den Schwanenteich? Aus Sicht des Kreisverbandes des »Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)« nicht. »Der geplante Abtrag und Neuaufbau des Dammes verletzt die Verpflichtung, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen, in eklatanter Weise. Mit den geplanten Arbeiten soll vielmehr der maximale Eingriff durchgeführt werden. Diese Beeinträchtigungen sind vermeidbar, da es zumutbare Alternativen ohne wesentliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft gibt, um den Zweck der Abdichtung zwischen Schwanenteich und Wieseck zu erreichen«, verweist die Gruppe auf Paragraf 15 des Bundesnaturschutzgesetzes. »Wenn sich eine Mehrheit der Stadtverordneten nicht noch besinnt, dann sind die Tage der Bäume am Schwanenteich gezählt. Das bedeutet die Zerstörung von wichtigem Lebensraum für Tiere und Pflanzen, einhergehend mit einer erheblichen Verschlechterung des Kleinklimas«, fürchtet die Bürgerinitiative »Rettet die Bäume am Schwanenteich«. Heute Abend steht das Thema auf der Tagesordnung des Ausschusses für Klima-, Umwelt- und Naturschutz, Stadtentwicklung, Energie und Verkehr. Die BI hat Proteste vor und während der Sitzung angekündigt.

»Das wichtigste Brutgewässer«

Zu den Argumenten des BUND gegen den Plan der Stadt zählt unter anderem Paragraf zwei der Verordnung des Landschaftsschutzgebietes »Auenverbund Lahn-Dill«. Demnach seien dort »unter anderem die gewässerbegleitenden standorttypischen heimischen Gehölze besonders erhaltenswürdig«. Zudem sei der Schwanenteich das wichtigste Brutgewässer für Wasservögel im gesamten Stadtgebiet. Er beherberge die größte Graureiher-Kolonie im Landkreis Gießen und die fünftgrößte in Hessen. Er »ist darüber hinaus Brutgewässer für andere Wasservogelarten wie Eisvogel, Haubentaucher, Stock- und Reiherente, Teich- und Blässhuhn, Höckerschwan sowie Grau-, Kanada- und Nilgans. Es handelt sich um teils streng geschützte Arten. Insbesondere das Teichhuhn hat bisher hier einen hessenweit bedeutsamen Bestand.«, so der BUND. Das wichtigste Lebensraum-Element dabei sei der fast geschlossene Baum- und Strauchgürtel an den Längsufern. Dieser biete Schutz vor Störungen und sei Brutplatz und Nahrungsquelle für die Wasservögel. Darüber hinaus lieferten die Sträucher das Baumaterial für die Graureiher-Horste.

»Missachtung des geltenden Rechts«

Als Alternativen zu den städtischen Plänen schlagen die Naturschützer eine Abdichtung mit einem Boden-Ton-Gemisch, den Einsatz einer Spundwand mit einigem Abstand zum Ufer oder die Anlage sogenannter Faschinen vor. Zusammenfassend sieht der BUND keinen »zwingenden Grund, unter Missachtung des geltenden Rechtes, die Abdichtung des Schwanenteiches zur Wieseck hin mit einem Totalverlust des Gehölzwuchses durchzuführen, da preiswertere und fachlich günstigere Alternativen zur Verfügung stehen, die den Naherholungswert sowie den ökologischen Wert des Uferweges und des Teiches aufrechterhalten. Vielmehr ist durch die geplante Abholzung eine Erwärmung des Gewässers und somit eine dauerhafte Verschlechterung der Gewässerökologie (Sauerstoffarmut) zu erwarten.« Die Planung sei unter Berücksichtigung aktueller Gegebenheiten zu überarbeiten und erneut genehmigen zu lassen.

Die BI stellt dagegen in Frage, ob die Standsicherheit des Uferwegs tatsächlich gefährdet ist. Denn sie »wird anhand weniger Probebohrungen in Frage gestellt. Diese Argumente des Magistrats stehen auf sehr dünnem Eis. Die BI fordert die Stadtverordneten daher zum Nachdenken und zu einer Neubewertung auf sowie weitere Alternativen zu einer Dammreparatur zu prüfen. Es gibt keinen Grund alte Pläne jetzt durchzudrücken.«

Auch Peter Eschke, ehemaliger Sachgebietsleiter Wasserbau bei den MWB, spricht sich gegen die städtische Lösung aus. Er hält den Einbau einer Schlitzwand in der Dammmitte für »eine angemessene und wirtschaftliche Sanierungsmaßnahme«. Nicht zuletzt vermeide dieses Verfahren den »massiven Eingriff in Umwelt und Natur«, so Eschke, bekannt auch als Vorsitzender der BI »Historische Mitte«.

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Auf Nachfrage des Anzeigers berichtet Claudia Boje, dass das Gartenamt die Absperrung des Dammweges verstärkt habe. »Hintergrund ist, dass die bisherige Absperrung immer wieder zur Seite geräumt und nicht respektiert wurde. Dies geschah aus Sicherheitsgründen. Die Lage hat sich auch verschärft durch den höheren Wasserstand im Teich«, erklärt die Magistratssprecherin. Im Zuge dieser Arbeiten hätten Mitarbeiter auch die Markierungen der BI abgenommen. Der Grund habe offenbar darin bestanden, dass sie bei jedem Fremdkörper gehalten seien, diesen zu entfernen. In diesem Fall treffe dies jedoch nicht auf Zustimmung der Dezernentin, Gerda Weigel-Greilich, die dies weder gewusst noch angeordnet habe oder hätte. Sollten nochmals Zeichen des politischen Protests dort aufgehängt werden, würden diese nicht entfernt, erklärt Weigel-Greilich klarstellend. Protest sei legitim und für eine Demokratie auch wichtig. (olz/rsa)

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