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Begegnungen mit dem Leben

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Fiona Schwarz mit ihrem »Fotomodell«, der 103-jährigen Marianne Häuser bei der Vernissage. Foto: Dietrich © Dietrich

Belebender Austausch der Generationen: Der Abschluss zweier gemeinsamen Projekte zwischen Gesamtschule Gießen-Ost und dem Johannesstift wurde jetzt mit einer Vernissage gefeiert.

Gießen (red). Als sich Fiona Schwarz und Marianne Häuser das erste Mal begegnen, ahnen beide noch nicht, zu welchem einzigartigen und besonderen Foto ihr Treffen führen wird: Die Begegnung zwischen der 19-jährigen Fiona, Schülerin im Kunstkurs LK der Klasse 12 der Gesamtschule Gießen-Ost (GGO), und der 103-jährigen Bewohnerin des Johannesstifts hätte unterschiedlicher nicht sein können und ist eine spannende Begegnung mit dem Leben.

Ohne zu zögern, fingen beide eine Unterhaltung an. Fiona erklärte der Seniorin, dass sie im Rahmen eines gemeinsamen Projektes zwischen ihrer Schule und dem Johannesstift zum Thema »Was haben deine Hände gearbeitet?« da ist. Uneingeschränkt berichtete Marianne Häuser der Schülerin davon, was ihre inzwischen vom Alter gezeichneten Hände schon alles gearbeitet haben. Viel mehr aber noch lenkte sie den Fokus auf einen besonderen und ihr wichtigen Ring, den sie vor langer Zeit, als junges Mädchen, von ihrer Mutter geschenkt bekommen hatte - ein Erbstück, an dem viele Erinnerungen hängen.

Als die 103-Jährige voller Stolz ihre Hand hob, um den Ring in vollem Licht und auf Augenhöhe eindrucksvoll zu präsentieren, drückte Fiona den Auslöser ihrer Kamera.

Dieses Foto ist nun eins von vielen großartigen Bildern einer ganz besonderen Ausstellung im Gießener Johannesstift, welche die Begegnungen mit dem Leben zeigen.

Insgesamt wirkten 17 Schüler der Klasse 12 Kunst LK der GGO unter der Leitung von Kunstlehrerin Dr. Stephanie Hahn mit. Gestartet ist das Projekt Ende 2022 und belebt und begleitet nun den Weg zum Abschiedsraum im Gießener Johannesstift.

Ursprünglich jedoch kam Anfang 2022 im Team des Johannesstifts der Wunsch auf, den vorhandenen Abschiedsraum neu zu gestalten. Als generationenübergreifendes Projekt, welches die Perspektive junger Menschen einbezieht, kam die Idee einer Kooperation mit der Gesamtschule Gießen-Ost auf. Schulleiter Dr. Frank Reuber und Religionslehrer/Schulseelsorger Dr. Volkmar Ortmann waren sehr angetan von dieser Idee und organisierten kurzerhand das Projekt »Mitgestaltung des Abschiedsraums im Johannesstift« im evangelischen Religionsunterricht der Klasse 10 a/b. Es folgten einige Unterrichtsbesuche in der Ostschule und umgekehrt Begegnungen zwischen den Schülern und den Bewohnern im Johannesstift. Die Begegnungen zwischen Jung und Alt hat beide Seiten spürbar berührt und führten zu einem tollen Ergebnis.

»Als christliche Einrichtung ist es uns ein wichtiges Anliegen, in unserem Haus des Lebens und des Abschiednehmens, Sterbende liebevoll zu begleiten und eine eigene Kultur des Abschiednehmens zu entwickeln«, betont Christa Hofmann-Bremer, Einrichtungsleiterin und Geschäftsführerin des Johannesstifts. Im neu gestalteten Abschiedsraum wurde Wert daraufgelegt, dass der Mensch im Mittelpunkt steht, was durch eine helle, naturnahe Umgebung geschaffen worden ist. Die christliche Symbolik in Form eines Holzkreuzes an der Wand ist vorhanden, dominiert jedoch nicht den Raum. Pflanzen, Kerzen, eine Wanddekoration mit Waldmotiv und neue spirituelle Bilder, bieten eine warme und naturnahe Atmosphäre, die beim Abschiednehmen helfen und trösten können. Auch interkulturelle Gegenstände bieten religionsübergreifend eine würdevolle Abschiednahme.

Abschied nehmen

Beide Projekte wurden im Rahmen einer großen Vernissage mit allen Beteiligten im Johannesstift gefeiert. Vorgestellt wurden zum einen die Mitgestaltung des Abschiedsraums durch die Klasse 10a/b im Religionsunterrichts unter der Leitung von Volkmar Ortmann und darüber hinaus das Projekt »Begegnung mit dem Leben«, zu welchem die Schüler Klasse 12 im Kunstunterricht unter Leitung von Stephanie Hahn zum Thema »Was haben deine Hände gearbeitet?« eine Fotodokumentation mit den Händen von Bewohner/innen des Johannesstifts angefertigt haben. Diese sind auf dem Weg zum Abschiedsraum zu sehen.

Juliane Lang, Projektkoordinatorin und Leiterin der Stabstelle Palliative Geriatrie im Johannesstift bedankte sich in ihrer Rede stellvertretend für alle ihre Kolleginnen und Kollegen und auch im Namen aller Bewohnerinnen und Bewohner: »Wir möchten uns auf dieser Vernissage noch einmal ganz herzlich für diese großartigen Gemeinschaftsprojekte bei allen Schülerinnen und Schülern der GGO bedanken. Das gegenseitige Verständnis, der respektvolle Umgang miteinander und das uneingeschränkte gegenseitige Vertrauen waren äußerst bewundernswert.«

Auch Einrichtungsleiterin Christa Hofmann-Bremer betonte in ihrer Ansprache, dass »das einfühlsame und verständnisvolle Miteinander sehr bezeichnend war. Die Einbeziehung der Perspektive junger Menschen war eine tolle Erfahrung und eine große Bereicherung für alle Beteiligten. An dieser Stelle möchten wir uns auch noch einmal besonders bei Dr. Reuber, Dr. Ortmann und Frau Dr. Hahn für ihr Engagement und die Möglichkeit der Umsetzung beider Projekte bedanken.«

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Den Abschiedsraum im Johannesstift haben Schüler der Klasse 10a/b im Religionsunterricht mitgestaltet. Foto: Dietrich © Dietrich

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