Beste Variante wäre auch die billigste

Bürgerinitiative Schwanenteich sieht gute Alternativen zum Komplettabriss des undichten Dammes an der Wieseck in Gießen.
Gießen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Beim jüngsten Treffen der Bürgerinitiative »Rettet die Bäume am Schwanenteich!« einigten sich die rund 20 Teilnehmer darauf, das ins Auge gefasste Bürgerbegehren gegen eine vom Gartenamt favorisierte Komplettsanierung des undichten Dammwegs zwischen Wieseck und Schwanenteich noch nicht einzuleiten, solange sich das Stadtparlament nicht auf eine Beschlussvorlage für den Komplettabriss und Neubau des Dammes geeinigt hat.
Dass es zu dieser millionenschweren Maßnahme durchaus günstigere und den wertvollen Baumbestand sowie die dort lebende Vogelwelt schonende Alternativen gibt, machte BI-Mitglied Michael Janitzki in einem Vortrag deutlich. Janitzki hatte von der Stadt den Geotechnischen Kurzbericht 02 der Firma ETN vom 11. Februar 2022 angefordert, indem unter Bezugnahme auf das bereits vor elf Jahren diskutierte »Pilotprojekt Bitterling« sechs Varianten für eine Sanierung en détail untersucht worden sind.
Diese Varianten reichen von einer Abdichtung durch die Aufschüttung von Tonerde am Fuß des Dammes bis zum Einziehen einer acht Meter tiefen Spundwand in die Dammkrone.
Während letztere Lösung in dem Gutachten mit 10 von 10 Punkten die beste Abdichtung verspricht, wäre sie mit Abstand die teuerste. 185 000 Euro werden für die Sanierung von 60 Metern Damm veranschlagt, was bei einer Dammlänge von rund 620 Metern und aufgrund der in der aktuellen Weltlage drohenden deutlichen Preissteigerungen sicherlich mehr als zwei Millionen Euro kosten dürfte.
Gut und günstig
Mir Abstand am besten bewertet wird in dem Gutachten, das laut Janitzki vom Gartenamt in Auftrag gegeben, aber nie vollständig veröffentlicht worden war, die Sanierungsvariante 1a »Dichtungs-Vorschüttung«.
In puncto Dichtigkeit des Dammes und damit dem Erfolg der Sanierungsmaßnahme spricht das Gutachten diesem Verfahren 8 von 10 Punkten zu. Weil in dem Gutachten aber der Gewässer- und Naturschutz, das Risiko späterer Schäden und last but not least die Kosten anteilig gewichtet werden, erreicht dieses Verfahren dort mit 81,5 von 100 möglichen Punkten den Bestwert. Zudem wär es mit projektierten Kosten von 42 600 Euro je 60 Meter das mit Abstand günstigste Verfahren.
Zum Vergleich: Das Einziehen einer Spundwand als zweitteuerste Option - nach dem im Gutachten nicht besprochenen, aber vom Gartenamt favorisierten Abriss und Neubau des Damms - kommt nur auf einen Gesamtwert von 66,5 Punkten.
Seitens der Unteren Wasserschutzbehörde (UWB) wurde die Sanierungsvarianten 1 »Dammschüttung« und 1a »Dichtungs-Vorschüttung« unter wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten und im Hinblick auf die Beeinträchtigung der gewässerbegleitenden Gehölze als günstigste Variante bewertet, da hier nur ein Teileingriff in den Damm und damit in die Gehölze beziehungsweise deren Wurzelbereich erfolge.
Als noch günstiger beurteilte die UWB eine eigenständige Dichtungs-Vorschüttung (Variante 1a), da diese ohne weitergreifende Eingriffe in den bestehenden Damm auskomme. »Bei dieser Variante wird der vorhandene Damm nur geringfügig angegriffen (Entfernung Bewuchs und Herstellung einer ›Verzahnung‹) und ein Dichtungskörper vor dem vorhandenen Damm errichtet«, heißt es im Gutachten.
Auch bei der Variante 1a würden zwar die Undichtigkeiten beseitigt, gegebenenfalls mögliche Umläufigkeiten, wenn sich das Wasser neue Wege an anderen Abschnitten sucht, aber nicht behoben. Vorhandene Hohlräume im bestehenden Damm und die daraus folgenden Nachteile (Setzungen und Bildung von Hohlräumen) blieben bestehen.
Teich wird kleiner
Die Entleerung des Schwanenteichs und das Bergen der Fische und Muscheln sowie deren Zwischenhaltung bis zum Ende der Sanierung seien ebenfalls erforderlich. Auch werde das Volumen des Schwanenteichs etwas reduziert, weil der Dammweg um circa ein bis zwei Meter verbreitert würde.
»Wir wollen keine Komplettblockade« betonte BI-Mitglied Dietmar Jürgens, allerdings müsse man sich angesichts des Klimawandels, der anhaltenden - und auch immer häufiger auftretenden - Dürre, die in jüngster Zeit auch in der Wieseckaue am Neuen Teich ein Fischsterben begünstigt habe, und nicht zuletzt einer in den letzten Jahren am Damm heimisch gewordenen Vogelfauna von Fischreihern bis zu Blässhühnern auf eine umweltschonendere Variante einigen.
Für die wollen die BI-Mitglieder in den kommenden Wochen bei Parlamentariern aller Fraktionen werben. Wichtige Etappe für das weitere Vorgehen sei, so Janitzki, eine von der Stadt anberaumte Informationsveranstaltung zum Schwanenteich am 12. September um 19 Uhr im Stadtverordnetensitzungssaal, acht Tage vor der nächsten Sitzung des Ausschusses für Klima-, Umwelt- und Naturschutz, Stadtentwicklung, Energie und Verkehr, in der wohl eine Beschlussvorlage zur Sanierung des Dammes für das Stadtparlament eingebracht wird.
Zumindest im Magistrat ist die Entscheidung bereits gefallen. »Der Magistrat hat die erklärte Absicht, den kompletten (...) Damm zwischen dem Schwanenteich und der Wieseck abzutragen und neu aufzubauen«, teilte Stadträtin Gerda Weigel-Greilich Michael Janitzki am 18. Juli auf dessen Anfrage schriftlich mit.
