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Bewegliche Klassenräume

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Viel Flexibilität ist von den Lehrkräften gefordert, die mit dem Lernmobil unterwegs sind. © Red

Elke Kürth-Landwehr empfängt ihre Schülerinnen und Schüler in einem kleinen gemütlichen Lernmobil auf dem Messeplatz. Sie ist nämlich Lehrerin an der Schule für Kinder beruflich Reisender.

Gießen . Elke Kürth-Landwehr empfängt ihre Schülerinnen und Schüler in einem kleinen gemütlichen Lernmobil auf dem Messeplatz. Sie ist nämlich Lehrerin an der Schule für Kinder beruflich Reisender (SfKbR) - und aktuell während der Gießener Frühjahrsmesse im Einsatz. Ihre Aufgabe ist es, Kinder und Jugendliche zu unterrichten, deren Eltern aus beruflichen Gründen häufig ihren Aufenthaltsort wechseln müssen. Mal arbeiten sie in einem Zirkus, mal auf einer Messe. Die Lehrerinnen und Lehrer, die in ganz Hessen verteilt sind, kommen dann eben mit den mobilen Lernbussen zu den Kindern, damit die nicht andauernd eine andere Schule besuchen müssen. In die beweglichen Klassenräume passen bis zu sieben Tische.

»Mein Job ist sehr flexibel, jeder Tag ist anders«, erzählt Elke Kürth-Landwehr, die ursprünglich als Berufsschullehrerin tätig war, im Gespräch mit dem Anzeiger. Und es könne durchaus passieren, dass man für einen kranken Kollegen einspringen muss oder dass der Unterricht verschoben wird. Auch wenn dabei vieles sehr spontan sei, versuche sie, ihr Privatleben mit dem Job in Einklang zu bringen. Die SfKbR bedient Haupt- und Realschulzweig ab der ersten bis zur zehnten Klasse. Das Abitur kann dort allerdings nicht absolviert werden. In Gießen werden momentan zwei Schüler betreut. Beide erledigen digital übermittelte Aufgaben, die ihnen ihre Klassenlehrer zur Verfügung gestellt haben. Wenn das mal nicht der Fall sein sollte, entscheiden die mobilen Lehrer selbst, was gemacht wird.

Die SfKbR unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen Schulen. So kommen die Lehrer nicht an allen fünf Werktagen und bleiben auch nicht sechs bis acht Stunden pro Tag, sondern jeweils nur drei bis vier Stunden. Auch die Gruppen sind natürlich deutlich kleiner, bestehen selten aus mehr als sechs Schülern. Wird diese Zahl doch überschritten, können auch zwei Lernmobile genutzt werden. Damit die Kinder bei Tageslicht lernen können, sind die kleinen Busse mit zwei Fenstern auf jeder Seite ausgestattet.

Üblicherweise unterrichtet ein Lehrer alle Fächer. Die Stammschüler der SfKbR haben oft aber auch unterschiedliche Lehrer für verschiedene Fächer. »Einen herkömmlichen Stundenplan gibt es nicht. Alle Fächer werden nach Stimmung und Gefühl unterrichtet, je nach dem, was für die Schüler gerade Priorität hat«, erklärt Elke Kürth-Landwehr. Wichtig sei, auch ausreichend Pausen einzulegen, um die Konzentration aufrechtzuerhalten. Dafür bittet sie beispielsweise zu Spaziergängen, um frische Luft zu schnappen, bevorzugt am Schwanenteich entlang. »Manchmal tut auch ein kurzer Sprint gut, dann können sich die Kinder ordentlich auspowern.« Die Arbeit sei sehr intensiv und persönlich, perfekt für Elke Kürth-Landwehr. Angefangen hat sie an der Willy-Brandt-Schule in Gießen, hat dort ihr Referendariat absolviert. »Bei 30 Schülern in einer Klasse hat man aber leider nicht so viel Zeit, um auf die individuellen Bedürfnisse jedes Kindes einzugehen.« Als sie schließlich vom Angebot als mobile Lehrerin erfuhr, sei sie direkt sehr interessiert gewesen. »Ich habe in diesem Job mehr Möglichkeiten. Er macht mir einfach Spaß.« Entscheidend ist für die Pädagogin, den Kindern etwas beizubringen und sich auch genug Zeit für sie zu nehmen. Gleichzeitig hätten die Mädchen und Jungs die Chance, in der ruhigen Atmosphäre der SfKbR konzentriert gute Leistungen abzuliefern. In einer so kleinen Gruppe herrsche eine harmonische und angenehme Stimmung - und die Lehrkraft verliert nicht den Überblick.

Weitere Infos gibt es unter www.schule-fuer-kinder-beruflich-reisender.de/.

Agata Szycko besucht die 8. Klasse der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Lich, Lina Karger die 11. Klasse der Liebigschule in Gießen. Beide haben beim Anzeiger ein zweiwöchiges Praktikum absolviert.

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Das Innenleben eines Lernmobils. Fotos: Szycko/Karger © Szycko/Karger

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