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Bewegungen, Musik und abgeschnittene Zöpfe

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Performance im »Dazwischen«: Karla Katja Leisen (hinten) und Anne-Marie Möhring. © Schultz

Lich (hsch). »Dazwischen« ist der Name einer neuen Kulturadresse in Lich (Gießener Straße 5), in dessen Schaufenster Karla Katja Leisen und Anne-Marie Möhring jetzt eine Tanzperformance mit Musik präsentierten. Titel des kleinen Spektakels: »Impulse zu neu und alt und dem, was sich dazwischen bewegt«.

Es begann auf dem Gehweg, wo zwei weiß gekleidete Frauen Textfragmente mit Kreide auf den Boden schrieben, dann ging es weiter im erleuchteten Verkaufsraum des ehemaligen Blumenladens, leer bis auf einen Stuhl und mit einigen Wandelementen abgegrenzt, zum Rest des geräumigen Inneren. Hinzu kamen einige Scheinwerfer, alles aufgezeichnet von zwei Videokameras. Draußen rundete begleitende Musik, die wie ein Ausschnitt aus einem Gongkonzert klang, die Szenerie ab. Karla Katja Leisen, Performerin und Vorsitzende von KünstLich, und Singer-Songwriterin Anne-Marie Möhring machten den Raum zu einer Bühne, in deren Hintergrund eine rätselhafte Schaufensterpuppe zu erkennen war, die mit ihrer bloßen Anwesenheit einen paradoxen Effekt erzeugte. Auf einigen der Wände waren Videoprojektionen zu sehen, die Zeitrafferaufnahmen von wachsenden oder erblühenden Pflanzen sorgten für sanfte Bewegung.

Allmählich bewegten sich erst Leisen dann Möhring mit ruhigen Tanzfiguren im Raum, zunächst ohne Kontakt zur anderen aufzunehmen. Ab und zu redeten sie kurz miteinander, das wurde jedoch nicht übertragen. Langsam fanden Musik, Bühne und Performance zueinander und formten einen leicht magischen Eindruck. Auf der Straße floss der übliche Verkehr, doch in diesem Schaufenster zeigte sich eine andere Welt. Nur ein Mann blieb und sah bis zum Ende zu, der Auftritt war auch nicht weiter angekündigt worden.

Inzwischen tanzten die beiden Frauen direkt miteinander, ein Hula-Hoop-Reifen kam ins Spiel, und die Musik nahm Fahrt auf. Dann nahm Möhring - alles in zeitlupenartiger Langsamkeit - auf dem Stuhl Platz, zog zwei lange Zöpfe auseinander, und Leisen hatte plötzlich ein Lineal und eine Schere in der Hand. Ganz langsam und vorsichtig schnibbelte sie erst den einen, dann den anderen Zopf ab, zeigte sie demonstrativ dem Publikum und ließ sie sanft auf den Boden gleiten, was für Verblüffung bei den Zuschauern sorgte. Wie sich anschließend herausstellte, wird das Haar einer Institution gespendet, die Echthaarperücken für Menschen mit wenig Geld herstellt. Die müssen aber mindestens 27 Zentimeter lang sein. Daher legte Leisen das Lineal an, bevor sie die Schere ansetzte.

Nach 30 Minuten war alles vorbei. Nur eins war klar geworden, dass Lich ein Ort ist, an dem zuweilen ungewöhnliche, interessante Dinge vor sich gehen.

Das Video des Auftritts, in einer Zusammenarbeit von KünstlLich und »Mehr Impulse« erarbeitet, wird zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht, kündigte Leisen an.

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