CDU will aufklären

Nach den Krawallen an den Hessenhallen Gießen am Stadtfestsamstag legt die CDU einen umfangreichen Fragenkatalog vor.
Gießen. Vorverurteilen wolle die Union nicht. Vorbeugen allerdings schon: Um gewalttätige Ausschreitungen wie am Stadtfestsamstag an den Hessenhallen künftig zu vermeiden, will die CDU »den Gesamtkomplex parlamentarisch aufarbeiten. Uns geht es darum, die Gesamtumstände dieser Eskalation aufzuklären«, sagt Frederik Bouffier. Einen entsprechenden Fragenkatalog möchte die Fraktion deshalb als Antrag auf die nächste Tagesordnung des Hauptausschusses setzen. Mehr noch: »Wir hätten uns gewünscht, dass sich Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher zu dem Thema äußert«, erläutert Fraktionsvorsitzender Klaus Peter Möller. Aus diesem Grund habe man die Fragen auch direkt dem OB zugesandt. Die Ermittlungen zu den Ausschreitungen am 20. August laufen. »Die Kollegen werten die Videos aus und ordnen Täter bestimmten Taten zu«, berichtet Polizeisprecher Guido Rehr.
Friedvolles Miteinander
33 Verletzte und ein hoher Sachschaden. Das ist ein Teil der Bilanz des gewalttätigen Angriffs am 20. August an den Hessenhallen. Wie konnte es dazu kommen? Was lässt sich in Zukunft verbessern? Das sind Kernfragen des Katalogs der CDU-Fraktion, der 22 Punkte umfasst. »Gießen ist eine weltoffene Stadt und wir sind stolz und froh, dass in unserer Stadt Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Regionen eine Heimat gefunden haben. Als politische Verantwortungsträger ist es Aufgabe von uns allen, dafür Sorge zu tragen, dass in unserer Stadt ein friedvolles Miteinander herrscht und gelebt wird. Hierzu gehört auch, dass das Recht auf Meinungsfreiheit friedlich gelebt werden kann. Eine seriöse und sachliche Aufklärung aller Umstände liegt im Interesse aller und muss entsprechend zeitnah erfolgen«, begründet die Fraktion, warum sie das Thema in die Stadtverordnetenversammlung bringt. Ausgangspunkt des Katalogs sind Fragen nach der Kulturveranstaltung des eritreischen Konsulates. So will die CDU unter anderem wissen, auf »welcher Rechtsgrundlage die Veranstaltung in den Hessenhallen genehmigt beziehungsweise nicht verboten wurde«. Bereits in der Vergangenheit habe es Proteste um eritreische Veranstaltungen gegeben. Zudem habe der Stadtverordnete Klaus-Dieter Grothe von den Grünen im Vorfeld der Veranstaltung im August vor einem Gewalt- und Aggressionspotenzial gewarnt. Vor diesem Hintergrund möchte die Fraktion unter anderem Wissen, ob auf Basis des Gesprächs mit Grothe weitere Informationen eingeholt worden seien. »In den Niederlanden wurde auf Grund identischer bestehender Sicherheitsbedenken die dort vorgesehene Veranstaltung abgesagt. Vor diesem Hintergrund und der expliziten Warnungen des Stadtverordneten Grothe: Wurde mit der Polizei ebenfalls über das Gefahren- und Eskalationspotenzial der Veranstaltung gesprochen?«, fragen die Christdemokraten.
Veranstaltungen in den Hessenhallen
Zu weiteren Aspekten gehört vor allem auch die Nachfrage nach der Tatsachenbasis der Gefahrenprognose des Ordnungsamtes als Versammlungsbehörde. So will die CDU unter anderem Antwort auf die Frage, welchen Auswirkung der angekündigte Auftritt von Awel Said auf die Prognose hatte. Klären lassen möchte man auch, welchen Einfluss die Stadt auf die Auswahl von Veranstaltungen und die Belegung der Hessenhallen hat. Letzte Frage: »Das Verwaltungsgericht Gießen hat einen Eilantrag der Gegendemonstration als unzulässig abgelehnt, in der Sache nicht über ein materielles Verbot entschieden. Wann stellt der Magistrat diese Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung zur Verfügung?«
Nach Auskunft des Gerichts vom 19. August hatten sieben exileritreische Vereine diesen Eilantrag gestellt. »Zur Begründung ihres Antrages gaben die Antragsteller an, dass bei dieser Veranstaltung zwar auch eritreische Künstler aufträten. Die Großveranstaltung werde aber vom eritreischen Regime insbesondere genutzt, um volksverhetzende und gewaltverherrlichende Inhalte zu propagieren. Unter dem Deckmantel einer angeblichen und vermeintlich harmlosen Kulturveranstaltung versuche die eritreische Regierung, monetäre Einnahmen von der eritreischen Diaspora zu erhalten und umgehe so internationale Sanktionen. Diese Gelder würden dann unter anderem dazu genutzt, die kriegerische Auseinandersetzung am Horn von Afrika zu subventionieren. Dies sei zu unterbinden«, teilt das Gericht schriftlich mit. Das Verwaltungsgericht habe den Antrag als bereits unzulässig abgelehnt. Denn die seinerzeit geplante Veranstaltung habe die Antragsteller als Vereine nicht in ihrem durch das Grundgesetz geschützten Kernbereich ihrer Vereinstätigkeit oder gar ihres Bestandes berührt. Auch den Aspekt der Volksverhetzung ließ das Gericht nicht gelten. Der Tatbestand betreffe neben dem öffentlichen Raum zwar auch sogenannte Individualrechte. Rechtmäßige Vereine seien aber juristische Personen.