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Cool gehen, wie einst John Wayne

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Von: Helfried Schmidt

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Werner Fleischer (v. l.), Cony Theis,und Jürgen Heiter bei der Eröffnung von Heiters Ausstellung für den neuen Kunstverein. Foto: Schultz © Schultz

Jürgen Heiter nimmt die Besucher seiner Ausstellung im Kunstkiosk in Gießen mit in den Kopf eines Filmemachers.

Gießen. Die aktuelle Ausstellung des Neuen Kunstvereins zeigt Arbeiten des Kölner Filmemachers Jürgen Heiter, etwas kryptisch betitelt »Vor dem Archiv«. Dazu gehören natürlich bewegte Bilder, aber auch Texte und nicht zuletzt eine große Wand mit Bildern der Malerin Cony Theis. An der Wand hängt noch ein Register von Autor Werner Fleischer. Das Ganze ist nicht nur hochkomplex, sondern auch ebenso vielseitig und anregend. Am Samstag war die viel besuchte Eröffnung.

Man sieht eine bunte Sammlung attraktiver Aquarelle, Titelblätter von Büchern aus Jürgen Heiters Bibliothek, die sich natürlich alle mit Film befassen. An der Wand links hängt ein Zeitungshalter mit Schreibmaschinentexten, Werner Fleischers »Das Register« mit Namen und Stichworten zu den Filmen von Jürgen Heiter.

Hinten in der Ecke laufen kurze Filmausschnitte auf zwei Bildschirmen, der eine mit bewegten Bildern, der andere mit Textzitaten. Im Flur läuft auch noch ein Filmbeitrag, und in der Mitte des Kiosks steht das zentrale Element, das Archiv. Es ist eine Festplatte, auf der sämtliche Filme Heiters gespeichert sind, 60 Stunden Material aus 40 Filmen.

Heiters Werk umfasst Spiel-, Dokumentar- und essayistische Filme. Er hat zudem filmische Installationen für Ausstellungskontexte konzipiert, mit verschiedensten Künstlern kooperiert und Filmprogramme kuratiert.

Die Malerin Cony Theis zeigte 2016 schon einmal Bilder im Kunstverein, sie und Fleischer sind mit dem Filmemacher befreundet. Der kam wiederum durch eine Kooperation mit dem Gießener Foto- und Videokünstler Andreas Walther nach Gießen.

Die Ausstellung in Gießen ist eine aparte Angelegenheit, sie begreift sich als Zustand vor der Erstellung eines imaginierten Buchs, vermutlich über Film und Filmtheorie, und wird gleichsam begleitet von diversen Materialien; Erscheinungsdatum offen. So ist das Register fürs Buch bereits von Werner Fleischer verfasst worden, und Cony Theisens Bilder kann man gut als vielleicht vorläufige Stoffsammlung für das Projekt begreifen. Zugleich ist die umfangreiche Sammlung auch eine Art Rundgang durch Heiters kontrastreiches Bewusstsein.

Heiter hat zudem ein paar Schmankerl mitgebracht. So sieht man auf einem Monitor einen Filmausschnitt mit John Wayne aus »El Dorado«, in dem der Star ein paar Meter in seinem typischen Gang zurücklegt. Danach sieht man Filmstudenten aus einem Seminar Heiters, die mit einem Stock als Requisit für ein Gewehr denselben Gang abliefern sollten, mit unterschiedlichem, teils jedoch beachtlichem Erfolg.

Zum Ende der Ausstellung am 1. Oktober wird dort ein Film uraufgeführt, das Archiv öffnet sich also. Zu alledem kommt noch ein Kurzfilm, der in einer kleinen Extrakabine links vom Eingang läuft, einer Art Einpersonenkino. Da spricht Udo Kier 45 Sekunden lang Nachdenkliches direkt in die Kamera, nur für diesen einen Zuschauer. Das ist bei allem Minimalismus dann doch großes Kino, wunderbar.

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