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Dammpläne weiter heftig umstritten

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Durch die schon lange andauernde Sperrung des Dammweges kann sich dort die Natur frei entfalten. Foto: Docter © Docter

Bei einem Treffen von Gegnern der aktuellen Sanierungsvariante für den löchrigen Erdwall am Schwanenteich in Gießen ging es sehr emotional zu. Das zuständige Fachamt nimmt dazu Stellung.

Gießen . Für viele ist es eine wahre Horrorvorstellung: Ein sanierter Dammweg zwischen Schwanenteich und Wieseck, auf dem künftig auf circa 620 Metern Länge kein einziger Baum mehr wächst. Um das zu verhindern, hatten verschiedene Naturschutzverbände und interessierte Bürger am Mittwochabend zu einer »Diskussions- und Protestversammlung« in den Vortragsraum der Kongresshalle eingeladen. Von Anfang an war die Atmosphäre unter den etwa 40 Teilnehmern sehr emotional geprägt. Was auch daran lag, dass sich viele bislang nicht ausreichend von der Stadt informiert fühlen. Und Angst haben, »einen der schönsten Spazierwege in Gießen«, wie ein Mann meinte, schon bald für immer zu verlieren. Nur eines ist allen klar: Für den löchrigen Damm muss rasch eine Lösung her. Aus Sicht der Protestler sollte das allerdings umweltverträglicher und für deutlich weniger Geld als die derzeit im Raum stehende Summe von 1,3 Millionen Euro machbar sein. Statt eines kompletten Neuaufbaus, wie von der Stadt angestrebt, sprach man sich mehrheitlich für eine sogenannte Dichtungs-Vorschüttung aus, deren Kosten bei etwa 430 000 Euro lägen.

Gravierende Folgen

Welch gravierende Folgen die »radikale« Neugestaltung des Dammes - auf dem derzeit 180 Bäume stehen, wie Eckart Schneider gezählt haben wollte - auf die Tier- und Pflanzenwelt haben würde, zeigte Diplom-Biologe Dietmar Jürgens auf. Laut seinen regelmäßigen Beobachtungen leben rund um den Teich 117 Vogelarten, davon 55, die hier auch brüten. Darunter das scheue Teichhuhn, dessen wichtigstes Gießener Brutgebiet der Schwanenteich sei. Mit Hinweis auf die bereits »massiven Eingriffe« im Vorfeld der Landesgartenschau 2014 warnte Jürgens davor, erneut stark in ein funktionierendes Ökosystem einzugreifen. »Wir machen hier etwas Artenreiches kaputt, um etwas Artenreiches zu schaffen«, sieht er keinen Sinn in diesem Vorgehen. Darüber hinaus verliere man einen »Cool Place«, also einen dank Bäumen schattigen Ort, dem gerade in der Sommerhitze eine wichtige Bedeutung zukomme.

Verwirrung herrschte darüber, ob die Stadt bereits konkrete Maßnahmen in die Wege geleitet hat. »Da ist Druck auf dem Kessel«, vermutete Michael Janitzki. Tatsächlich hält das zuständige Fachamt die Sanierungsvariante mit einem Neuaufbau des Damms für »die notwendige, um den Dammweg wieder verkehrssicher und damit begehbar zu machen«, teilte man am Donnerstag auf Nachfrage des Anzeigers mit. Es sei ein Planungsauftrag erteilt worden, diese Lösung zusammen mit der ökologischen Aufwertung des Schwanenteichs und der Anlage eines Nebengerinnes zur Wieseck mit Hochwasserschutz gegenüber dem Schwimmbad weiter zu verfolgen und als Grundlage für eine Bauvergabe zu erstellen, heißt es. Die geschätzten Kosten von 1,3 Millionen Euro beträfen zudem ausschließlich die Dammsanierung, wie am Mittwoch schon Janitzki vorausgesagt hatte.

Für die ökologische Aufwertung mithilfe des »Bitterling-Projekts« - was Jürgens für »eine Mogelverpackung« hält, zumal die aktuell angestrebte Sanierungsvariante den Lebensraum dieses Fisches eher zerstöre als ihm helfe - und die weiteren Baumaßnahmen kämen laut Fachamt noch einmal 2,45 Millionen Euro hinzu, wodurch es insgesamt 3,75 Millionen wären, rechnete man vor. Exakt benannt werden könnten die Gesamtkosten allerdings erst nach Vorlage der beauftragten Planung. Für Stadträtin Gerda Weigel-Greilich gibt es ohnehin keine Alternative zu der grundhaften Sanierung des Erdwalls: »Wenn man einen Dammweg haben will, muss man das so machen«, bekräftigte die Grünen-Politikerin im Gespräch mit dieser Zeitung.

In der Sitzungsrunde im September soll eine Projektgenehmigung in Form einer Vorlage an die Stadtverordnetenversammlung beantragt werden. Hierbei sei vorgesehen, »noch einmal über die untersuchten Varianten zu informieren und die fachlich und sachlich begründete Vorzugsvariante vorzustellen«, lässt das Fachamt wissen. Am 20. September wird sich zunächst der Bauausschuss damit befassen, bevor das Stadtparlament am 6. Oktober darüber entscheidet.

Auch eine Bürgerinformationsveranstaltung soll noch stattfinden - was am Mittwoch einer der am häufigsten geäußerten Wünsche der Protestler war. Der Termin für Letztere steht bislang noch nicht fest. Dafür aber, dass dies »erst nach dem Bauausschuss« sein wird, womit man laut Amt dem »Wunsch aller Stadtverordneten« entspreche.

Die Versammlung endete mit der Formulierung eines Antrags, in dem unter anderem gefordert wird, dass vor einer Entscheidung zunächst alle Varianten bekannt und diskutiert sein müssten.

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