Der Himmel redet mit

»Lichtblicke«: Fotokunst des Gießeners Holger Fischer ist in Kleinlinden zu entdecken.
Gießen. Kunstausstellungen in der Kleinlindener Praxis Greilich sind immer für eine Überraschung gut. Diesmal sind exzellente Arbeiten des Gießener Fotografen Holger Fischer unter dem Motto »Lichtblicke - Magische Momente aus Hessen« zu sehen. Mit ausdrucksstarken Lichteffekten zeigt er überwiegend Dämmerungsstimmungen: Immer wenn das Licht kommt oder geht, kommt Fischers Zeit. Die Eröffnung war sehr gut besucht.
Laudator Hans-Michael Kirstein, Grafikdesigner, Hochschuldozent und nicht zuletzt Filmkenner, fühlt sich durch Fischers Lichtgestaltung an alte Meister aus Hollywood erinnert. In Fischers Bildern entdeckt er einen »sanften, smarten Flow«. Originell ist für ihn etwa Fischers Verfremdung einer Löwenzahnblüte im Gegenlicht, die ein abstraktes Flugobjekt in der Sonne entstehen lässt. Für Kirstein »ein brillanter Einsatz von Licht, dabei wächst Vertrautes ins Originale«. Fischer gelängen »Überwirklichkeiten, die entstehen aus dem Normativen dessen, was uns umgibt«.
Ein bisschen Hollywood
Kirstein sah auch erzählerische und poetische Anteile in Fischers Lichteinsatz. So stecke diese »spannende Schau voller Ambiguität«. Löblich sei auch die gestalterische Vielfalt etwa durch Perspektivwechsel. Die Bilder »haben in ihrer dramaturgischen Anlage auch etwas Bühnenhaftes, Schaubildhaftes,« sagte Kirstein, »ein weiterer Aspekt seiner hohen Kunst.«
Allerdings schränkt die Verglasung ein wenig die Wirkung ein. Die vielen Leuchten in den Räumen drängeln sich oft in die Lichtkompositionen hinein und unterdrücken manche zarten Stimmungsnuancen. Gleichwohl wird deutlich, dass Fischer seine Bilder mit kundiger Hand gestaltet.
Holger Fischer, Jahrgang 1968, stammt aus Gießen und studierte nach dem Abitur am Landgraf-Ludwig-Gymnasium Sozialwissenschaften. Im Alter von 26 Jahren machte er sich als Unternehmensberater in Gießen selbstständig. »Fotografie hat mich schon immer fasziniert,« sagt er, »darin habe ich mich autodidaktisch weiterentwickelt.« Vor drei Jahren hatte er seine erste Ausstellung, in der es um Licht und Farbe ging. Warum findet er die Dämmerung so faszinierend? »Für mich liegt ein besonderer Reiz in der Übergangsstimmung«, sagt der Gießener, der auch schon mal auf die Jagd nach schnell vergehenden Lichtstimmungen geht, die nur Minuten anhalten. Ansonsten findet er seine Motive in Gießen und der Region, hält aber auch schon mal in Frankfurt die Augen offen.
Manche seiner Fotos haben etwas dezidiert Malerisches, wenn etwa ein Blatt vor einem in die Unschärfe aufgelösten Hintergrund von der Sonne durchleuchtet wird und die Adern blutrot strahlen. Beeindruckend ist auch seine Darstellung eines hochdramatischen Himmels über Gießen, geradezu apokalyptisch. Überhaupt redet der Himmel in Holger Fischers Fotos immer ein gewichtiges Wörtchen mit, wenn er nicht gleich die Hauptrolle übernimmt; eine sehenswerte Schau.
Die Fotografien sind bis auf weiteres in der Praxis Greilich (Waldweide 5) in Kleinlinden zu sehen.