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Der Polizist und die Pilze

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Auch wenn Andy Summers hier eine Les Paul spielt, den Löwenanteil seines Konzerts bestritt der bekennende Leica-Fan auf einer Fender-Spezialanfertigung in Leica-Optik. Foto: Berghöfer © Berghöfer

Andy Summers, Gitarrist der legendären »Police« glänzte auch als Solo-Act beim Konzert im Wetzlarer Leitz-Park

Wetzlar. Ganz am Ende bekommen die 320 Besucher eines ziemlich exklusiven Privatkonzert im Wetzlarer Leitz-Park dann doch noch auf was sie alle insgeheim gehofft, aber als höfliche Zeitgenossen nicht lautstark von dem fast 80 Jahre alten Gitarristen auf der kleinen Bühne eingefordert haben: einen Welthit. Egal wie virtuos verjazzt, und laid back er es auch spielt. Schon nach den ersten Takten von »Message in a bottle« erreicht die Stimmung pünktlich zum Ende des einstündigen Konzerts ihren Höhepunkt. So ganz los wird Andy Summers sie halt nicht, diese kleine Band die zu einer der größten Live-Acts der Achtziger wurde und ohne deren unverwüstlichen Pop-Juwelen wie »Every breathe you take« oder »Roxanne« bis heute kein Formatradio der Welt auskommt.

»The Police« waren verdammt groß, aber am Ende dann doch zu klein für die Egos und Ambitionen der drei Bandmitglieder. Weltstar blieb nur einer. Sänger Sting füllt bis heute große Hallen. Auch Schlagzeuger Stewart Copeland und Gitarrist Andy Summers machten weiter Musik, anspruchsvolle zwischen Wordmusic, Jazz und Avantgarde changierende Alben im Dutzend, aber halt keine Musik für die Massen.

Star ohne Allüren

In Wetzlar präsentierte sich Andy Summers jedenfalls sichtlich aufgeräumt als ein Mann, der mit sich im Reinen war und deshalb vor allem Stücke seiner zahlreichen instrumentalen Soloalben zum besten gab. Das klingt mal freejazzig (das einzige Coverstück ist bezeichnenderweise ein Standard von Thelonious Monk), mal nach den Ambient-Klangflächen eines Brian Eno, manchmal wähnt man sich auch in den Kifferträumen der mittleren Pink Floyd.

Und weil Andy Summers ja schon zu »Police«-Zeiten seine Liebe zur Fotografie entdeckt hat, diese in langen Jahren zur Meisterschaft entwickelte, und deshalb auch zur Recht gerade mit einer Sonderausstellung in der Leica-Welt geehrt wird (der Anzeiger berichtete), war es auch nur folgerichtig, dass sein Solokonzert auch ein eindrucksvolles audiovisuelles Erlebnis war.

Auf einer bühnenfüllenden elektronischen Leinwand waren nicht nur unzählige Bilder des weit gereisten Musikers zu sehen, sondern Summers improvisierte mitunter zu dem Strom an Eindrücken, die er zwischen Jazz-Kaschemmen in New York und Gamelan-Orchestern auf Bali auf Film oder Festplatte fixiert hatte.

Zwischen den langen Instrumentalstücken glänzte er aber auch als launiger Erzähler, der sich seinen britischen Humor bewahrt hat, auch wenn er schon seit vielen Jahren Los Angeles zu seiner Wahlheimat erkoren hat.

Mal bedauerte er, keine Erläuterungen zu seinen eindrucksvollen Aufnahmen von Bali geben zu können, weil er sich an nichts mehr erinnern könne. Beim damaligen Insel-Trip hätten er und sein Reisegefährte John Belushi (ja, der Blues Brother!) gar zu oft an seltsamen Pilzen genascht. Mal verkündete er dem Publikum, das Konzert, dessen Tíckets vor allem via Social Media verlost worden waren, sei keineswegs ein Free-Concert. Jeder müsse nämlich am Ausgang eine Leica M11 kaufen, was das Gesamtpublikum dann mindestens 30 Millionen »Deutschmarks« kosten würde.

Für seine fast 80 Jahre hat sich Andy Summers gut gehalten und gottlob noch keine Gicht in den ungebrochen flinken Fingern. Aber jedes dritte Lied spielte er lieber im Sitzen. Ein blondierter Gummiball, wie er überlebensgroß in Archivaufnahmen von einer »Police-Welttournee über den Screen flimmerte, ist der Altersgenosse von Bob Dylan oder Paul McCartney denn doch nicht mehr.

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